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Ein unmoralisches Angebot

Wie man Kunden zum Kaufen verführt
Ein unmoralisches Angebot

Augenoptiker verkaufen Produkte und Dienstleistungen. Ganz gleich auf welchen Bereich sich das Geschäft spezialisiert hat, dem Kunden muss ein Angebot unterbreitet werden. Nicht ganz auf die Art und Weise wie in dem Filmklassiker „Der Pate“ mit einem „Angebot, welches er nicht ablehnen kann“, vielmehr muss das Angebot so gestaltet sein, dass er ihm nicht widerstehen kann.

Vor zwei Wochen bin ich über einen Gemüsemarkt spaziert und wollte Karotten kaufen. Ich begutachtete die Ware des Gemüsehändlers meines Vertrauens und bestellte einen Bund. Beim Einpacken fragte der freundliche Verkäufer, was ich mit den Möhren vorhabe. (Bedarfsanalyse). „Ich möchte eine Suppe kochen.“, war meine Antwort. Wie gut, dass er gerade erntefrische Kürbisse und Kartoffeln hatte. Die ergänzen sich hervorragend in einer Suppe. Er erzählte mir außerdem, wie wichtig es ist, täglich Obst und Gemüse zu sich zu nehmen. Zum Beispiel Bananen. Die seien die ideale Sportlernahrung, weil sie viele Vitamine und Mineralien enthalten. Eine Banane mit einem halben Liter Milch püriert, ist der perfekte Start in den Tag: „Probieren Sie es aus. Ich wiege 4 Stück ab und lege noch eine oben drauf. Übrigens sind die Mangos heute im Angebot, 4 Stück für 3 Euro. (Zusatzverkäufe) Wenn Sie Ihnen nicht schmecken, bekommen Sie das nächste Mal Ihre Möhren kostenfrei.“

Als ich zu Hause angekommen war, hatte ich außer den Möhren, 500 g Weintrauben, vier Mangos, einen Kürbis und fünf Bananen in meiner Tüte.
Moment, ich wollte doch nur einen Bund Karotten. Wie hat es der Verkäufer geschafft, mir das andere Obst und Gemüse zu verkaufen? Indem er mich mit einem unwiderstehlichen Angebot verführt hat. Warum ich die Weintrauben gekauft habe, weiß ich nicht mehr genau. Wahrscheinlich sahen die wirklich sehr lecker aus und ich war eh gerade in Kauflaune.
Was können wir von unserem Gemüsehändler lernen? Erstens, eine Bedarfsanalyse ist die Grundlage, um ein passendes Angebot zu erstellen. Und zweitens, das Angebot muss unwiderstehlich sein. Der Gemüseverkäufer hat alles richtig gemacht. Habe ich mich übers Ohr gehauen gefühlt? Nein, er hat mich beraten und mir Anregungen mit auf den Weg gegeben. Entschieden habe ich allein.
Wie wichtig eine Bedarfsanalyse ist, weiß mittlerweile jeder gute Verkäufer. Heute möchte ich etwas näher auf Angebote eingehen. Angebote, die für Kunden unwiderstehlich sind.
Schauen wir uns die Offerte eines Optikers an. Sagen wir, eine Gleitsichtbrille inklusive Fassung soll für 500 Euro verkauft werden. Das normale Angebot könnte so aussehen: „Gleitsichtbrille komplett für 500 Euro.“
Ähm, langweilig! Meine Augen sinken auf Halbmast und die rechte Hand versteckt den gähnenden Mund. Dieses Angebot hat nicht unbedingt eine magische Anziehungskraft auf Kunden. Aber wie öffne ich die Augen des Kunden wieder und lasse den nicht zum Gähnen öffnen sonder vor Neugierde? Schauen wir uns zunächst die Möglichkeiten an. Was kann ein Angebot alles beinhalten?
  • Menge (Ein Exemplar, Zwei Exemplare, Ein Set aus verschiedenen Produkten)
  • Zahlungsbedingungen (Überweisung, Kreditkarte, PayPal, Bar, Ratenzahlung, verspäteter Zahlungszeitpunkt)
  • spezielle Merkmale des Produkts (Standard- oder Premium- ausgabe)
  • Zugaben (Geschenke, Gutscheine, Vergünstigungen)
  • Garantien ( 14 Tage, 30 Tage, 60 Tage, 90 Tage)
  • Vorhandene Menge (unbegrenzte Anzahl, auf 300 Stück limitiert)
  • Präsentation des Preises (50 Euro oder 49,99 Euro, 24 Euro pro Monat oder 80 Cent pro Tag)
  • Zukünftige Angebote („Wenn Sie in den nächsten zwei Monaten noch einmal kaufen, dann…!“, kein Vorschlag)
Menge
Die Mengenangabe in unserem Beispiel ist ganz klar: Eine Gleitsichtbrille. Man kann die Anzahl der Brillen verändern und ein Paket schnüren:
  • Gleitsichtbrille + Lesebrille
  • Gleitsichtbrille + Sonnenbrille
  • Gleitsichtbrille + Arbeitsplatzbrille
Zahlungsbedingungen
In unserem Fall bietet sich Barzahlung an. Für den Internetvertrieb ist es hochinteressant neben der klassischen Überweisung, auch Zahlungsmethoden wie PayPal und Kreditkarte anzubieten. Des Weiteren wird die Ratenzahlung wieder populär. Sie ist ein geeignetes Mittel, um Kunden zum Kaufen zu verführen. Machen wir es ihm einfach!
Spezielle Merkmale
Selten gibt es nur eine Variante von Produkten. Bücher gibt es als Hardcover oder Taschenbuch, Autos haben eine Standard- und Sonderausstattung und in der Bahn kann der Passagier zwischen erster und zweiter Klasse wählen. Ein Blick in die Glasübersicht zeigt, wie vielseitig das Angebotspotential ist. Das ist gut! Es gibt dem Augenoptiker viele Möglichkeiten, zu kombinieren. Der Kunde fühlt sich jedoch, ohne individuelle Beratung, schnell erschlagen. Nur eine gezielte Bedarfsanalyse hilft. Diese muss konsequenterweise in einem konkreten Vorschlag enden. Zwei, maximal drei Angebote müssen genügen. Es ist die Aufgabe des qualifizierten Fachmanns, den Bedarf zu ermitteln und eine Vorauswahl zu treffen. Helfen Sie dem Kunden und geben Sie ihm eine Empfehlung für das optimale Glas. Alternativ bekommt er eine weitere Variante angeboten. Wer kann da widerstehen?
Zugaben und Geschenke
Jeder liebt Geschenke. Wichtig ist nur, dass die Zugabe etwas mit dem Hauptprodukt zu tun hat und nicht wertvoller als dieses erscheint. Sonst würde das Geschenk den Bezug verlieren oder das Fabrikat abwerten. Beliebte Zugaben in der Augenoptik sind Microfasertücher und Etuis. Bei den großen Filialisten gehören diese zu jeder Brillenabgabe mit dazu.
Aber lassen wir die klassischen Zugaben mal bei Seite. Wir wollen den Kunden verführen. Er soll sich wohl fühlen, eine gute Zeit haben. Bieten Sie einen Kaffee, Wasser oder Saft an. Das sind preiswerte und effektive Aufmerksamkeiten. Hier ist die Fragetechnik wichtig. Wer geschlossen fragt: „Möchten Sie einen Kaffee?“, macht es dem Kunden schwer, ‚Ja’ zu sagen. Besser ist eine offene Frage, die schon voraussetzt, dass der Kunde ein Getränk bekommt: „Was möchten Sie trinken? Kaffee, Saft oder beides?“ Wer so fragt, gibt gerne.
Garantien
Garantien nehmen die letzte Kaufhürde. Wer hinter seinem Produkt steht, wird auch kein Problem haben, Garantien zu geben. Die beliebteste Garantie bei Kunden ist die Zufriedenheitsgarantie. Sie besagt, dass der Kunde sein Geld innerhalb eines bestimmten Zeitraums zurückbekommt, sollte er nicht zufrieden sein. Kein ‚Wenn’ und ‚Aber’. Wer kann dazu ‚Nein’ sagen? Ich empfehle eine lange Garantiezeit von 90 Tagen.
„Moment mal!“, höre ich es schon entgegenrufen. „90 Tage? Da bin ich schneller pleite als ich ‚Garantie’ sagen kann.“ Falsch! Je länger ein Kunde Zeit hat, ein Produkt umzutauschen, desto weniger wird er es tun. Wer nur 14 Tage Zeit hat, ein Produkt zu testen, wird sich beeilen, damit er nicht über den Zeitraum kommt. Bei einer längeren Frist von z.B. 90 Tagen vergisst er meistens das Problem und den Umtausch. Bei der Entscheidung zum Kauf ist eine Zufriedenheitsgarantie unwiderstehlich!
Vorhandene Menge
Was knapp ist, ist kostbar. So einfach ist das. Kein Wunder, warum Künstler ihre Werke limitieren. Egal, ob Waren nicht mehr lieferbar sind oder nur eine bestimme Anzahl hergestellt wurde. Verknappung erhöht den Wert. Was bedeutet das für die Augenoptik? Exklusive Marken, welche der Mitbewerber nicht bieten kann, und zeitlich begrenzte Angebote.
Präsentation des Preises
Warum benutzen Supermärkte unrunde Preise wie 1,99 Euro? Weil sie funktionieren! Es suggeriert einen Preis von ‚einem Euro und irgendwas’ und macht das Produkt psychologisch günstiger. Macht es für den Optiker wirklich einen Unterschied, ob die Brille 300 oder 298 Euro kostet?
Zukünftige Angebote
Es ist fünfmal aufwendiger, einen neuen Kunden zu gewinnen, als bestehende zu halten. Deswegen wird in gesättigten Märkten die Kundenbindung zum entscheidenden Faktor. So besteht die Möglichkeit, dem Kunden eine zweite Brille zu verkaufen. Sofort oder in naher Zukunft. Unterbreiten Sie ein verführerisches Angebot für eine Zweitbrille, die günstiger ist, wenn er sie innerhalb der nächsten zwei (drei, vier) Wochen kauft. Wer einen Kunden zum Kauf verführt hat, wird dies wahrscheinlich auch ein zweites Mal schaffen.
Stefan Wabner
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