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Die Markt und Imagestudie

Der praktische Fall
Die Markt und Imagestudie

Befindet sich ein Unternehmen in der Situation, dass der bestehende Markt vom Kaufkraftvolumen her „ausgereizt“ ist, so tauchen regelmäßig Überlegungen auf, welche Möglichkeiten der weiteren Expansion man noch nutzen kann. Im vorliegenden praktischen, aktuellen Fall hatte sich Augenoptik Z entschlossen, den möglichen Kauf eines Unternehmens vorzunehmen. Es waren ihm einige interessante Informationen zugeflossen, mit denen er sich hinsichtlich eines in einer ostdeutschen Großstadt befindlichen Augenoptikgeschäftes näher beschäftigte.

Wie die bisherige Berichtserstattung vermittelt hat, befindet sich dieses Geschäft „nicht in allerbestem Zustand“. Insbesondere die letzten Jahre der Existenz des Betriebes haben kräftig an der Umsatz-„Substanz“ gezehrt. Nach einem kurzen Aufleben im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform folgte dann ganz folgerichtig der jähe „Absturz“ im darauf folgenden Jahr, so dass im Vergleich zu früheren Jahren der Umsatz sich beinahe halbierte. So dokumentiert die Tatsache, dass mehr als 80 Prozent der Kaufkraft für Brillen vom Standort im Voraus abwanderte, dass hier zum Schluss effektiv die Kraft fehlte, „nach vorne zu stürmen“.

Für den potenziellen Käufer war es besonders interessant zu wissen, warum denn nun die Brillenkäufer ihre Fassungen sowohl an Standort 1 (Lage des Hauptgeschäftes des zu übernehmenden Betriebes) als auch am Standort 2 (Filiale im Nachbarstadtteil) gekauft hatten. Gerade diese Motivation vermittelt wichtige Eindrücke darüber, wo die Stärken und Schwächen der jeweiligen Augenoptikgeschäfte liegen. Einen Überblick über die Ergebnisse hierzu zeigt die Tabelle 1.
Persönliche Ansprache als Hauptentscheidungsgrund für den Brillenkäufer
Die Ergebnisse der Tabelle 1 offenbaren ganz eindeutig, dass die Brillenkäufer am untersuchten Standort besonderen Wert auf die persönliche Ansprache in Form von guter Bedienung und Beratung liegen. Mit 37,1 Prozent ist dieses Argument ganz eindeutig an erster Stelle platziert und signalisiert, wie wichtig den Brillenkäufern gerade die individuelle Betreuung ist. In welchem Ausmaß diese Priorität von den allgemeinen BGW-Durchschnittswerten aus vielen Markt- und Imagestudien abweicht, vermittelt die Chart 1. Denn hier ist es nach wie vor das Argument „Nähe Wohnort“, welches die Rangfolge der Entscheidungsmotive eindeutig dominiert. Aber dies ist nicht die einzige gravierende Abweichung von den BGW-Durchschnittswerten. Sehr viele Verschiebungen zeigen sich am untersuchten Standort, wobei insbesondere neben dem Faktor „gute Bedienung und Beratung“ das Argument „Nähe Wohnort“ besonderes Augenmerk verlangt. Denn hier zeigt sich eine besonders gravierende Differenz zum BGW-Durchschnitt. Ganz offensichtlich ist den befragten Brillenkäufern im Stadtteil der Großstadt die Bequemlichkeit nicht so wichtig wie andere Faktoren. Dies bedeutet wiederum, dass Augenoptik Z in der Überlegung, das ortsansässige Geschäft zu übernehmen, hier in der Zukunft mit individuellen Leistungen besonders stark hervortreten muss.
Entscheidungsmotive
1. Nähe Wohnort
An vielen Standorten in Deutschland ist das Argument „Nähe Wohnort“ nach wie vor dominierend. Mit knapp 30 Prozent liegt dieses Argument an der Spitze der Entscheidungsgründe und signalisiert, dass es dem Brillenkäufer vorrangig um den bequemen Zugang zu seinem Augenoptiker geht, wenn der Kauf einer Brille ansteht.
In der vorliegenden Untersuchung ist dies – wie bereits dargestellt – jedoch deutlich anders. Die Tabelle 1 vermittelt hier in allen ausgewählten Teilgruppen deutlich geringere Werte als beim Hauptargument „gute Bedienung und Beratung“. Dies trifft auch auf ältere Brillenkäufer zu, die dieses Argument auch nur zu 21,3 Prozent genannt haben, also auch auf die Bequemlichkeit nicht entsprechenden Wert legen.
Eine etwas höhere Ausprägung ist am Standort 2 festzustellen; denn hier kommen immerhin Nennungswerte von 25 Prozent zum Tragen. Wahrscheinlich spielt hier auch die etwas weitere Entfernung zur City der Großstadt eine Rolle.
2. Stammkundenbindungen
Die Bindung des Kunden an seinen „Haus-Optiker“ ist ebenfalls noch gut ausgeprägt, obwohl hier in der jüngsten Vergangenheit „Aufweichungstendenzen“ erkennbar sind. Mit 23,9 Prozent kommt dieses Argument noch gut zum Tragen, dürfte jedoch im Stellenwert weiter verlieren, wie die aktuelle Untersuchung gezeigt hat. Entgegen der Gesamtauswertung in der Bundesrepublik Deutschland liegt dieses Argument im Stadtteil der untersuchten Großstadt lediglich an der 5. Position. Mit 14,4 Prozent liegt dieses Argument hinter den übrigen Motiven zurück. Interessant in der vorliegenden Untersuchung war die Tatsache, dass sich gerade 41–60-jährige stärker noch als Stammkunden bezeichnen als die übrigen Altersgruppen. Hier wäre eher zu vermuten gewesen, dass ältere Brillenkäufer (über 60-jährige) den höchsten Wert aufwiesen. Also bleibt für Augenoptik Z hieraus auch festzuhalten, dass insbesondere im Hinblick auf „Kundenbindung“ sehr viel mehr Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Kunden „bei der Stange zu halten“. So zeigt auch die individuelle Besprechung vor Ort, dass der jetzige Inhaber der abzugebenden Geschäfte das Instrument der Kundenmailings nur sehr zögerlich und sporadisch eingesetzt hat. Dies bedeutet andererseits, dass einiges an Potenzial schlummert und durch intensive Betreuung zu „neuem Leben erweckt“ werden kann.
3. Gute Bedienung und Beratung
In allen ausgewerteten Teilgruppen brachte die Untersuchung hier sehr positive Ergebnisse. Unabhängig von Alter und Geschlecht war gerade die intensive persönliche Betreuung in Form von guter Bedienung und Beratung besonders wichtig. Somit zeigt sich, dass die individuellen Ansprüche an eine intensive Betreuung durchaus geboten werden. Besonders hervor tut sich hier der Standort 2, an dem mit 45,8 Prozent jeweils die meisten Nennungen festgehalten wurden.
4. Preisgünstigkeit
Auf die aktuelle Entwicklung des Faktors „Preisgünstigkeit“ wurde bereits mehrfach im Rahmen dieser Artikelserie hingewiesen. Während dieses Argument vor noch nicht allzu langer Zeit an Position sechs rangierte, ist die Bedeutung mittlerweile stark gestiegen und das Argument hat sich auf Platz vier der Rangskala vorgearbeitet. In unserem aktuellen Fall dominiert die Preisgünstigkeit sogar noch stärker und hat hier bereits den zweiten Rang erreicht. Dies kann auch durchaus mit der noch stärkeren Preissensibilität der Verbraucher allgemein in den neuen Bundesländern zusammenhängen. Fakt ist jedenfalls, dass mit einer Ausprägung von 18,3 Prozent für den Bereich Preisgünstigkeit ganz erhebliche Anforderungen an den niedrigen Brillenpreis gestellt werden.
5. Zufall und persönliche Empfehlung
Mit einer Ausprägung von jeweils 11,9 Prozent für beide Argumente kann bundesweit festgestellt werden, dass auch das eher zufällige Antreffen eines attraktiven Brillenangebotes dazu führte, dass ein Augenoptikgeschäft zum Kauf der Brille ausgewählt wurde. Dies zeigt, dass auch so genannte Spontankäufer in der Augenoptik stattfinden. Gerade attraktive Schaufenster- und Außendekorationen liefern oft den Anlass, das Geschäft zu betreten um dann für den Kauf einer Brille gewonnen zu werden.
Während in der vorliegenden Untersuchung die „persönliche Empfehlung“ durchaus diesem allgemeinen Trend entspricht, ist der Faktor „Zufall“ im Untersuchungszeitraum allerdings deutlich unterrepräsentiert. Die aktuelle Ausstrahlung des Geschäftes ist ganz offensichtlich nicht so ausgeprägt, dass hier über die äußere Ansprache entsprechend die Impulse ausgesendet werden. Wie die Auswertung in der Tabelle 1 zeigt, werden eher zufällig jüngere Personen und auch solche angesprochen, die sich vorrangig nicht als Brillenträger bezeichnen. Hier ist sicherlich die Tatsache, dass andere Argumente eine Rolle spielen, von größerer Bedeutung.
6. Große Auswahl
Die „große Auswahl“ wird von 8,5 Prozent der Gesamtbevölkerung ins Feld geführt, wenn es darum geht, die Wahl des Augenoptikgeschäftes zu begründen. Die Vielfältigkeit der angebotenen Fassungen und auch die differenzierten Leistungsangebote mit Augenprüfung, Sehtest, Kontaktlinsen und Sonnenbrillen etc. ist für viele Verbraucher offensichtlich das entscheidende Argument, sich für ein bestimmtes Augenoptikgeschäft zu entscheiden.
Dies trifft jedoch auf die vorliegende Untersuchung nur in eingeschränktem Maße zu, denn mit 9,0 Prozent rangiert dieses Argument auf Platz acht der Entscheidungsskala und liegt damit sogar noch hinter der „ärztlichen Empfehlung“.
7. Nähe Arzt / Geschäft gefällt mir
Hier zeigen sich in der vorliegenden Untersuchung ganz gravierende Unterschiede zu den bundesweiten Ergebnissen. Während nämlich bundesweit die Nähe zum Arzt mit 4,2 Prozent auf dem siebten Platz rangiert, zeigt die vorliegende Untersuchung mit einer sehr geringen Ausprägung von 1,2 Prozent nur einen der hinteren Rangplätze auf. Offensichtlich ist die Nähe zum Arzt beim untersuchten Standort bei weitem nicht so wichtig, wie die „ärztliche Empfehlung“, die bundesweit auf einem der hinteren Plätze rangiert. Ganz offensichtlich ist das Verhältnis zu den ortsansässigen Ärzten durchaus deutlich besser, wie auch aus der individuellen Zuordnung (vgl. Tabelle 2) der einzelnen Motive zu den jeweiligen Augenoptikgeschäften signalisiert.
Die Tatsache, dass das zu übernehmende Augenoptikgeschäft von der äußeren Ausstrahlung her nicht sehr viel zu bieten hat, wurde bereits dargestellt. Dies zeigt sich auch in der Argumentation von Entscheidungsfindungen, während nämlich bundesweit das Argument „Geschäft gefällt mir“ auf Platz sieben rangiert, liegt es hier im Untersuchungszeitraum lediglich auf Rang 13.
8. Guter Kundendienst und Service
Nach wie vor einen guten Stellenwert hat der Servicebereich für die Kunden. Dies trifft aber insbesondere auf die vorliegende Untersuchung zu, denn mit 15.3 Prozent kommt hier dieses Argument auf Platz vier der „Beliebtheitsskala“. So zeigt die Detailauswertung in der Tabelle 1, dass hierauf – mit Ausnahme einzelner Käuferkreise – alle Zielgruppen großen Wert legen.
Alle übrigen Entscheidungsgründe sind eher von untergeordneter Bedeutung, aber auch hier gibt es in der vorliegenden Untersuchung – im Verhältnis zu den Bundeswerten – gravierende Abweichungen, die für Augenoptik Z in der Entscheidungsfindung von guter Aussagekraft waren.
Maßgebliche Entscheidungskriterien dokumentieren besondere Stärken einzelner Unternehmen.
Immer wieder ist es verblüffend festzustellen, wie wenig Unternehmen darüber informiert sind, welche Entscheidungsgründe für den Käufer des jeweiligen Betriebes von ausschlaggebender Bedeutung gewesen sind. So zeigen sich in der Tabelle 2 am untersuchten Standort für das zu übernehmende Geschäft ganz deutliche Stärken insbesondere im Bereich von „guter Bedienung und Beratung“ und auch im Bereich „Kundendienst und Service“ sowie in der Stammkundenbindung. Diese drei Hauptargumente werden am Standort 2 (Filiale) noch ergänzt durch das Argument „Nähe Wohnort“. Wenn es auch hier die Bequemlichkeit der Brillenkäufer ist, die für die Wahl des Geschäftes von vorrangiger Bedeutung war, so kann hier doch immerhin ein Vorteil gegenüber anderen Wettbewerbern ins Feld geführt werden.
Andererseits ist aber auch festzustellen, dass ein wesentliches Argument, nämlich die „Preisgünstigkeit“ im untersuchten Unternehmen nahezu überhaupt keine Rolle gespielt hat. Wenn man selbstverständlich auch als mittelständischer Betrieb nicht unbedingt der „Preisbrecher“ ist und als solcher gesehen werden sollte, so wäre es jedoch wünschenswert, dass eine etwas größere Zahl von Verbrauchern dieses Argument häufiger für das untersuchte Unternehmen benennen würde.
Auch das individuelle Argument „große Auswahl“ kommt zu wenig zum Tragen, so dass hier bei Übernahme des Betriebes in Zukunft sehr viel mehr unternommen werden muss, um ein entsprechendes Profil zu gewinnen.
Auch die Bereiche „Mode und Aktualität“ sowie „Geschäft gefällt mir“ müssen für die Zukunft sehr viel größere Beachtung finden, so dass auch hier noch einiges an Chancenpotenzial zu nutzen ist.
Als Fazit aus diesen Ergebnissen lässt sich festhalten, dass die sehr auf die Personen bezogenen Faktoren des zu übernehmenden Geschäfts Wert gelegt wird. Dies bedeutet natürlich auch, dass bei Ausscheiden des alten Inhabers hier ganz wesentliche Argumente der Kaufpreisfindung zu einer geringeren Bewertung des Kaufpreises führen. Denn sicherlich werden einige „Altkunden“ den Inhaberwechsel zum Anlass nehmen, ebenfalls die Einkaufsstätte für die Brille zu wechseln.
Somit ergibt sich in der Unternehmensbewertung, die auf den ersten Augenschein vermeintlich kuriose Situation, dass eine starke Inhaberbezogenheit, die eigentlich positiv ist, zu einer Abwertung des Kaufpreises führt.
Begeisterung mit engen Grenzen
In der Feldforschung hat sich bei den BGW-Markt- und Imagestudien im Hinblick auf den „Zufriedenheitsgrad“ der Kunden mit den Leistungen des Augenoptikers in jüngster Zeit eine Änderung ergeben. Wurde nämlich vor einigen Jahren noch gefragt: „Wie zufrieden waren Sie mit dem Einkaufserlebnis Brillenkauf?“, so wird in jüngerer Zeit ganz konkret danach gefragt: „Wie begeistert waren Sie von dem Einkaufserlebnis insgesamt?“ Es geht hier nämlich darum, „auf den Punkt zu setzen“, ob lediglich eine „allgemeine Zufriedenheit“ vorlag oder ob wirklich im wahrsten Sinne des Wortes „alles super“ war.
Auch in diesem Zusammenhang gibt es selbstverständlich Mindest- und Schwellenwerte, die erreicht werden müssen, um eine solche Tatsache der völligen Begeisterung zu dokumentieren. So muss nach BGW-eigenen Erfahrungswerten die Auswertung in der Rubrik „total begeistert“ mindestens 30 Prozent betragen.
Wie die Auswertung in der Tabelle 3 zeigt, wird es in der vorliegenden Untersuchung jedoch bei weitem nicht erreicht. Lediglich 19,1 Prozent aller befragten Personen, die bereits einmal eine Brille gekauft hatten, äußerten sich „total begeistert“. Dabei zeigten sich auch in den ausgewerteten Teilgruppen keine Anzeichen dafür, dass der Schwellenwert von 30 Prozent erreicht wird. Lediglich am Standort 2 wird der Schwellenwert überschritten. Hier sind es erfreulicherweise 41,9 Prozent, die mit dem jeweiligen Kauferlebnis der Brille begeistert gewesen sind.
Betrachtet man bei Nachfrage die Antworten in der Rubrik „zufrieden“, so zeigen sich hier insbesondere folgende Verbesserungswünsche:
– größere Auswahl
– besseres Preis-/Leistungs- verhältnis
– größere Preisgünstigkeit
– intensivere Kundenbetreuung
Hartmut Melzer
BGW Marketing und Management-Service GmbH, Essen
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