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Vielversprechender Auftaktmit wenigen Schwächen

Spectaris Trendforum Augenoptik
Vielversprechender Auftaktmit wenigen Schwächen

Warum eigentlich reden alle immer von Perspektiven, Visionen, Chancen für die Branche – und keiner tut was? So, oder so ähnlich haben wohl auch die Macher des 1. Trendforums Augenoptik, veranstaltet vom Industrieverband Spectaris, gedacht. Am 3. Dezember fand das Forum auf der Pratersinsel in München statt. Hochkarätige Referenten versprachen ein hohes Maß an Informationen und darüberhinaus auch gute Unterhaltung.

Dass prominente Referenten nicht zwingend Nützliches zu verkünden haben, zeigte sich im Laufe der Veranstaltung, die eindeutig mehr Höhen als Tiefen für sich verbuchen konnte. Moderiert vom charmanten, aber durchaus kritischen Wolfram Kons (RTL) startete nach der Begrüßung durch Randolf Rodenstock das Programm mit Deutschlands prominentestem Zukunftsforscher Matthias Horx. Er legte die Basis für die weiteren Referenten, indem er die Bevölkerungsentwicklung und das Konsumverhalten der Menschen für die nächsten Jahre fundiert, überzeugend und unterhaltsam zugleich analysierte. Zugleich hatte er als einer der – wie sich später herausstellen sollte – wenigen Vortragenden auch handfeste Tipps für Augenoptiker und Hersteller zugleich parat. Einige wenige seiner Kernsätze: Die Deutschen leiden unter einer „Wahrnehmungsverzerrung, was ihren Wohlstand betrifft“. Wirtschaftliche Flauten sind normal und kommen alle sechs bis zehn Jahre vor. Das System Mode hat sich durch Trends, die in immer kürzeren Abständen wechseln, „selbst in die Luft gesprengt“. Der Einfluss und die Kaufkraft der Frauen und der sogenannten „Alten“ wird erheblich steigen. Alles zusammen bedeutet für den Konsum: Es wird entweder billig oder hochwertig und teuer gekauft. Horx’ schlichter Rat an Alle: Verlassen Sie die tote Mitte! Sicherlich hätte man dem Forscher noch eine Weile zuhören können.

Dass es Bedrohungen für die Branche gibt, die heute noch keiner so recht wahrhaben will oder die man mit einer gewissen Überheblichkeit als Randerscheinungen abtut, zeigte Dr. Walter G. Wrobel, Vorstandsmitglied der Carl Zeiss Meditec AG, in seinem Vortrag: Beschert uns die refraktive Chirurgie das Ende von Brille und Kontaktlinse? Die Antwort lieferte Wrobel gleich mit – na klar könnte das so kommen. Es sei sogar wahrscheinlich, dass die refraktive Chirurgie in erheblichem Maße Marktanteile gewinne. Interessant: Von einigen Ausnahmen abgesehen blieben Wrobels Thesen unwidersprochen.
Auch Wrobel hatte einen Rat mitgebracht: Augenoptiker und Ärzte sollten die Kooperation noch intensiver suchen als sie das bisher mancherorts schon tun. Für Hersteller von Brillen und Kontaktlinsen hatte er nur düstere Perspektiven dabei. Wie gesagt, seine Thesen blieben weitgehend unwidersprochen….
Bernhard Kleikamp, Vizepräsident des ZVA, und Dr. Maike Bestehorn, die Auszüge einer aktuellen Emnid-Studie präsentierte, beschränkten sich in ihren Beiträgen auf Bestandsanalysen, die für die meisten nicht wirklich überraschend waren und leider boten Sie auch wenig Ansätze für die Zukunft. Vielleicht war die Zeit auch einfach schon zu weit fortgeschritten und der Duft des Mittagsbuffets zu sehr in den Raum gedrungen…
Dass man von Holger Jung von der bekannten Werbeagentur „Jung von Matt“ etwas über die Zukunft der Marke erfahren durfte, war nett, der Vortrag blieb jedoch ein wenig abstrakt. Der Agenturchef, der unter anderem auch „Apollo“ berät, riet allen Zuhörern, sich in ihrem Geschäft zu profilieren. Verkaufstrainer nennen das „einen Expertenstatus schaffen“. Auch für Jung ist klar: Nur ein einzigartiges Knowhow des Herstellers oder Anbieters kann die Basis für ein starkes Produkt sein. Was für die Industrievertreter noch halbwegs nachvollziehbar ist. Was und vor allen Dingen wie der einfache Augenoptiker die große Theorie umsetzen könnte, ließ Jung unbeantwortet.
Wirtschaftsjournalist Ralf Jaeckel gab anschließend in einem arg gestrafften Beitrag ein paar Tipps zur besseren Öffentlichkeitsarbeit – nützliche Dinge sowohl für Industrie als auch für Handwerker und Händler. Leider, leider – gerade auch aus Sicht eines Berufskollegen – zu kurz und dadurch hektisch.
Viel mehr Zeit ließ sich dafür der als Internet-Guru angekündigte Ossi Urchs aus Frankfurt. In den ersten zehn Minuten seines Vortrags gaben sich alle im Saal noch Mühe. Danach schwanden einem Zuhörer nach dem anderen die Kräfte. Urchs war einfach zu abstrakt, der Vortrag war übersät mit Anglizismen und wäre wohl eher bei einer Verkaufsschulung im Hause Hewlett Packard oder bei Informatikstudenten angekommen. Die augenoptischen Zuhörer ermatteten, doch Urchs kannte kein Erbarmen und zog seinen Vortrag – mit übrigens einigen interessanten Thesen – gnadenlos durch. Monoton, zu lang, unverständlich – da braucht sich in der IT-Branche niemand zu wundern, dass die Geschäfte nicht so recht ins laufen kommen. Die von Urchs erwähnten Zuwachsraten sind in der Tat beträchtlich, doch auf welchem Level bewegt sich denn das alles?
Dass Urchs in der anschließenden Podiumsdiskussion – Was wurde eigentlich diskutiert? – im Augenoptiker Bennewitz auch noch einen kongenialen Partner zum Thema E-Commerce fand und selbst Moderator Kons nur mit Mühe andere ans Wort bringen konnte, schmälerte den Gesamteindruck der Veranstaltung. Eine Diskussion war’s eigentlich nicht, Lösungsansätze brachte sie auch nicht – lediglich Henrik Bense-Petersen vom Filialisten Synoptik ließ allein schon durch seinen Auftritt keinen Zweifel daran, dass er ein paar Erfolgsrezepte kennt und auch in Deutschland umzusetzen gedenkt. Der angesichts des schleppenden Gesprächs (zu Recht) ziemlich ungehaltene Randolf Rodenstock forderte zum Abschluss die Augenoptiker zu mehr Aktivität auf. Er sei vom Erfolg der Brille auch in der Zukunft überzeugt. Es müssten nur alle etwas zur Imageverbesserung beitragen. Beim nächsten Spectaris-Trendforum, das wohl unmittelbar vor der Opti München 2004 stattfinden wird, gibt’s dazu dann vielleicht auch ein paar konkrete Ansätze.
Wie gut, dass zum Abschluss der Kabarettist Gerhard Polt in der ihm eigenen Art die Besucher nochmals aufmunterte. Insbesondere bei seiner Suche nach „dem Gedanken“ dürfte der eine oder andere im Saal ins Grübeln gekommen sein…
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