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Low Vision gewinnt an Bedeutung

26. Fielmann Akademie Kolloquium
Low Vision gewinnt an Bedeutung

Low Vision gewinnt an Bedeutung
Die Referenten des 26. Fielmann Akademie Kolloquiums (von links): Dr. Peter Flesch, Manja Peschel, Christian Birkenstock, Ivonne Krawczyk, Prof. Dr. Sven Degenhardt, Prof. Dr. Michael Bach, Prof. Dr. Hans-Jürgen Grein und Prof. Dr. Wolfgang Schrader.
Dutzende Fragen rund um das Thema „Low Vision“ wurden im 26. Fielmann Akademie Kolloquium in gewohnt verständlicher Weise diskutiert. Über 140 Teilnehmer, darunter Augenoptiker Norddeutschlands, Vertreter der augenoptischen Industrie, Studierende und Meisterschüler, folgten der Einladung der Fielmann Akademie Schloss Plön. Eröffnet wurde die Veranstaltung durch Prof. Dr. Hans-Jürgen Grein, Leiter des Bereichs Wissenschaft und Lehre der Fielmann Akademie Schloss Plön sowie Professor für Optometrie an der Fachhochschule Lübeck. Prof. Grein wies anhand kurzer Beispiele auf die vielfältigen Fragestellungen im Bereich Low Vision hin.

Mit steigender Lebenserwartung nimmt auch die Zahl der Menschen mit Sehbeeinträchtigung zu. Lässt die Lesefähigkeit nach, stehen für Betroffene Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit auf dem Spiel. Begleitende Alterserkrankungen erschweren den Alltag zusätzlich. Augenärzte und Augenoptiker tragen Verantwortung bei Beratung und Versorgung von Low Vision Patienten mit geeigneten Sehhilfen.

Optisch vergrößernde Sehhilfen wie Lupen und Fernrohrsysteme sind seit langem bewährt. Elektronische Systeme wurden in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt. Moderne Kommunikationstechnik wie Smartphones und Tablets eröffnen ganz neue Versorgungmöglichkeiten. Implantierbare Sehprothesen weisen auf Therapieoptionen, die vor kurzem noch unvorstellbar erschienen.
Fragen stellen sich: Welche Möglichkeiten bieten optisch vergrößernde Sehhilfen? Sind elektronische Systeme die besseren Sehhilfen bei Low Vision? Welche Rolle spielt Licht für die Sehleistung sehbehinderter Menschen? Welche Sehleistung können Menschen mit Retinaimplantat erreichen?
Die augenoptischen Vorträge des 26. Fielmann Akademie Kolloquiums eröffneten M.Sc., Dipl. AO Ivonne Krawczyk, und M.Sc., Dipl.-Ing. (FH) Manja Peschel, mit ihrem Grundlagenvortrag „Lupenbrille und Co. – antiquiert oder hilfreich?“. Die beiden Dozentinnen der Fielmann Akademie Schloss Plön beschrieben zunächst Anforderungen an eine ideale vergrößernde Sehhilfe. Anschließend gaben sie einen Überblick über die zugrunde liegenden optischen Zusammenhänge und die Vor- und Nachteile gängiger Typen von vergrößernden Sehhilfen.
Weiterhin betonten sie, dass außer der Vergrößerung auch das Sehfeld eine entscheidende Rolle bei der Benutzung einer vergrößernden Sehhilfe spiele. Abschließend stellten Krawczyk und Peschel heraus, dass es keine vergrößernde Sehhilfe gebe, die alle gewünschten Anforderungen erfüllen könne, dass aber optisch vergrößernde Sehhilfen nach wie vor ein wichtiger Teil der Low Vision Versorgung seien.
Im Anschluss präsentierte Prof. Dr. Michael Bach, Leiter der Sektion Funktionelle Sehforschung und Elektrophysiologie der Universitäts-Augenklinik Freiburg seinen Vortrag „Quantitative Niedrigstvisusbestimmung – Sehen mit Retinaimplantat“. Prof Bach erläuterte, wie so genanntes „Prosthetisches Sehen“ für Blinde technisch möglich sei. Dabei handle es sich um elektrische Reizung der Netzhaut mit einer Elektrodenmatrix, mit dem einfache Punktmuster wahrgenommen werden könnten. Allerdings gebe es noch eine Reihe von Herausforderungen auf diesem Forschungsgebiet, da viele Formen nicht in zufriedenstellender Weise erkannt werden könnten.
Anschließend berichtete Prof. Bach von der Visusmessung im Bereich Ultra Low Vision, also bei extrem geringen Sehschärfen. Untersuchungen auf diesem Gebiet hätten gezeigt, dass der Freiburg Vision Test (FrACT) auch in diesem Bereich gut an der gängigen ETDRS-Tafel validiert werden konnte und so Zahlenwerte für die zuvor nicht quantitativ erfassbaren Beschreibungen „Fingerzählen“ und „Handbewegung“ ermittelt werden konnten. Dies könne genutzt werden, um Sehprothesen verschiedener Hersteller systematisch zu vergleichen.
Den Abschluss des ersten Teils bildete der Vortrag „Wenn es nur das Sehen wäre – Häufige geriatrische Erkrankungen und Syndrome“ von Dr. Peter Flesch, Chefarzt der Geriatrischen Abteilung der Asklepios Klinik Nord in Hamburg. Zunächst berichtete Dr. Flesch über den engen Zusammenhang von Augenerkrankungen bzw. Sehbeeinträchtigungen und Alter. Daraus ergäben sich mannigfaltige Konsequenzen für die Versorgung alter Menschen. Zu den häufigsten Erkrankungen im Alter gehörten Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems ebenso wie Depressionen, Demenz und Suchterkrankungen.
Aus all diesen Erkrankungen resultieren Funktionsstörungen, die sich insbesondere in den vier geriatrischen I‘s manifestieren: Immobilität, Instabilität, Inkontinenz und intellektueller Abbau. Dies limitiere die sozialen Kontakte des alten Patienten und daher auch den Kontakt mit dem Optiker. Es sei von hoher Wichtigkeit, so Dr. Flesch, dass das altengerechte Optikergeschäft barrierefrei und behindertengerecht eingerichtet sei und eine behindertengerechte Toilette habe. Abschließend betonte Dr. Flesch, dass bei optimaler optischer Hilfsmittelversorgung die Teilhabe des hochbetagten Patienten wesentlich verbessert sei. Zusätzlich würden Sicherheitsaspekte bzgl. Sturzprophylaxe oder in der Medikamenteneinnahme und in Aktivitäten des täglichen Lebens deutlich besser erfüllt.
Nach einer kurzen Pause präsentierte Prof. Dr. Sven Degenhardt von der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg seinen Vortrag „Licht und Low Vision – Ein Blick hinter die Kulissen“. Zunächst betonte Prof. Degenhardt, dass die Raumbeleuchtung in Schulen zwar häufig die Vorgabe der DIN-Norm erfülle, aber meist unzureichend für den Bedarf von Low Vision Patienten sei. Dann zeigte Prof. Degenhardt die spektrale Verteilung verschiedener Leuchtmittel bzw. von Kombinationen von Leuchtmitteln, die der spektralen Verteilung des Sonnenlichts mehr oder weniger nahe kämen. Die Kenntnis davon sei wichtig im Kontext von circadianem Rhythmus und kurzwelligem Licht. So sei es erwiesener Weise nicht ratsam, sich kurz vor dem Schlafengehen kurzwelligem Licht auszusetzen, da dies die Aktivität des Körpers erhöhe. Abschließend zeigte Prof. Degenhardt Ergebnisse einer Studie der FH Jena, die keinen statistischen Unterschied zwischen konventioneller Beleuchtung und LED-Beleuchtung in Hinblick auf Lesefehler und Lesegeschwindigkeit feststellen konnte. Allerdings sei der subjektive Eindruck bei vielen Low Vision Patienten mit LED-Beleuchtung besser gewesen. Auf dem Gebiet der LED seien durch weitere technische Fortschritte zukünftiger Nutzen für Low Vision Patienten zu erwarten, so Prof. Degenhardt.
Prof. Dr. Wolfgang Schrader, Retinologe aus Würzburg, stellte in seinem Vortrag „Fortschritte der Augenheilkunde – Neue Therapien bei degenerativen Augenerkrankungen“ moderne Behandlungsmöglichkeiten für häufige degenerative Augenerkrankungen vor. Während es für die trockene Form der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) weiterhin nur Therapieansätze gebe, seien bei der feuchten Form der Einsatz so genannter VEGF-Inhibitoren, also von Stoffen, die die Neubildung von Gefäßen auf der Netzhaut hemmen, die Methode erster Wahl. Allerdings sei eine regelmäßige Gabe entscheidend für die Entwicklung der zentralen Sehschärfe.
Bei der diabetischen Retinopathie, ebenso einer recht häufig auftretenden Augenerkrankung, werde per Laserkoagulation ein Teil der Rezeptoren zerstört, so dass der Gesamtbedarf an Sauerstoff in der Netzhaut sinkt. Zusätzlich könnten eine Entfernung entstandener Membrane oder eine Entfernung des Glaskörpers (Vitrektomie) nötig werden. Auch bei Vorliegen eines Makulaödems zeige die Gabe von VEGF-Inhibitoren eine positive Wirkung.
Den Abschluss des Nachmittags bildete der Vortrag „Tablet und Smartphone – neue Technologien für Sehbeeinträchtigte“ von B.Sc. Christian Birkenstock, Optometrist an der Fachstelle Sehbehinderung Zentralschweiz fsz in Luzern. Zunächst erinnerte Birkenstock daran, dass auch bei Smartphones und Tablets mit einfachen Mitteln eine bessere Lesbarkeit der Inhalte zu erreichen sei, nämlich durch eine Anpassung von Schriftgröße, Schriftart und Kontrast, sowie einer geeigneten Beleuchtung. Weiterhin wies er auf die Nachteile von Touchpads gegenüber physischen Tasten für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen hin. Allerdings böten die heute gängigen Betriebssysteme iOS und Android eine Vielzahl von Einstellmöglichkeiten, die bei leichten Sehbeeinträchtigungen hilfreich sein können. Zusätzlich könnten Sprachsteuerung und die Funktion „Voice Over“, bei der das Gerät vorliest, wo im Menü es sich befindet, genutzt werden. Schließlich zeigte Birkenstock, wie die Kamera des Tablets oder Smartphones als mobiles Lesegerät dienen könne.
In der anschließenden Podiumsdiskussion entwickelte sich ein interessantes Gespräch zwischen dem Auditorium und den Vortragenden. Hierbei ging es neben Fragen zum Thema Blaulichtschutz insbesondere um therapeutische Ansätze zur altersbedingten Makuladegeneration. Bei einem Imbiss wurde dann noch eine Weile gefachsimpelt.
Das 27. Fielmann Akademie Kolloquium „Im Dialog vor Ort“ findet am 18. Oktober 2014 in Kooperation mit dem Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam statt.
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