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Zehn Jahre Ortho-K in Deutschland

Orthokerathologie
Zehn Jahre Ortho-K in Deutschland

Auch zur opti ´13 zeigte es sich: Orthokeratologie ist wieder im Trend. Allerdings nur auf Nachfrage bei den Herstellern Hecht, MPG&E und Techno-Lens bekam der interessierte Augenoptiker bestätigt, dass Ortho-K inzwischen ein stabiles und etabliertes Segment der Kontaktlinsenanpassung ist. Kein Renner für das Massengeschäft, aber eine gute Nische für Spezialisten, sich einen zufriedenen und treuen Kundenstamm aufzubauen. Und es hat ja jeder qualifizierte Anpasser die Chance, ein Spezialist zu werden.

Nach internationalen Studien und zehnjährigen Beobachtungen unserer Kollegen aus der Praxis und an Hoch- und Fachschulen, besonders der Beuth-Hochschule Berlin und der HFA Köln, gilt heute Ortho-K als sichere und effiziente Methode, um sich tagsüber von Brille oder Kontaktlinse zu befreien und auch das Risiko eines refraktiv chirurgischen Eingriffs zu vermeiden.

Ortho-K ist eine ideale Lösung für alle Aktivitäten, bei denen Brillen oder Linsen stören, insbesondere bei Trockenheitsproblemen mit herkömmlichen Linsen. Offenbar tun 8 Stunden Übernachttragen von richtig angepassten Ortho-K-Linsen den Augen besser als 16 Stunden Tagestragen anderer Linsen, die nicht immer optimal angepasst sind. Die auffallend wenigen Reizzustände bei Ortho-K-Trägern bestätigen dies.
Ortho-K kann das Fortschreiten der Myopie bei Kindern und Jugendlichen bremsen. Ortho-K ist eine sanfte voll reversible Umformung der Hornhaut und kann jederzeit hinsichtlich maximaler bzw. optimaler Sehschärfe aktualisiert werden.
Ortho-K wäre noch erfolgreicher geworden, wenn die Anpasser mehr Mut und Aktivität gezeigt hätten, mit ihren Ergebnissen besser die Öffentlichkeit zu informieren.
Faszination Nachtlinsen
Aus Anlass einer von Techno-Lens organisierten Jubiläumstagung Ende Oktober 2012 in der BMW-Welt München, an der mehr als 110 Ortho-K-Spezialisten und Spezialistinnen und solche die es werden wollen teilnahmen, gab Wolfgang Laubenbacher einen Rückblick auf die Entwicklung der Orthokeratologie. Diese hat vor 50 Jahren begonnen, als George Jesson 1962 vor der International Society of Contact Lens Specialists in Chicago die „Orthofocus Techniques“ mit flach angepassten PMMA-Linsen vorstellte. Vor ca. 30 Jahren wurden die ersten einfach reversen Ortho-K- Linsen hergestellt, die nicht nur ausschließlich mechanischen Druck auf das Hornhautzentrum ausübten, sondern auch den Tränenfilm einbezogen.
Vor 20 Jahren erschienen die ersten Berichte über die „beschleunigte Orthokeratologie“ mit Doppel-Revers-Zone, die ein konstantes Tränen-Reservoire ermöglicht und dadurch im Hornhautzentrum einen Flüssigkeits-Überdruck sowie einen saugenden Unterdruck in der Peripherie entstehen lässt. Dennoch war bis etwa zum Jahr 2000 Orthokeratologie in Deutschland weitgehend unbekannt äußerst selten praktiziert. Es herrschte allgemein die Annahme, dass flache Hartlinsen die Hornhäute plattdrücken und dass dies schädlich sei.
So schrieb Baron 1981 im seinem Klassiker-Lehrbuch über Kontaktlinsen: „Beim heutigen Kenntnisstand kann das Verfahren auch nicht zur Nachahmung empfohlen werden“. Hingegen ist in der dreibändigen Neuauflage dieses Lehrbuchs von Baron und Ebel 1997 bereits ein umfangreicher Abschnitt über Ortho-K enthalten, verfasst von Achatz, und enthält ausführliche wissenschaftliche Informationen von amerikanischen und australischen Kontaktlinsenforschern. Einen Startschuss für den deutschsprachigen Raum gab es zur Techno-Lens/Contopharma Tagung 2000 in Lausanne, wo Patrick Caroline, Philadelphia, über den aktuellen Stand, Erfolge und Grenzen der neuen Anpassmethode referierte und vielen Anpassern Mut machte, Ortho-K-Linsen bei den Herstellern verstärkt nachzufragen. 2001 wurden erste Ortho-K-Linsen „Dreimlens“ nach Reim und Lund bei Techno-Lens gefertigt. Danach wurde bei Techno-Lens ein eigenes Designs „sleep & see“ entwickelt.
Im Jahr 2002 erfolgte die Markteinführung von Ortho-K in Deutschland, kurz nacheinander durch Techno-Lens und durch MPG&E (Procornea). Weitere Speziallinsenhersteller wie Hecht und Falco folgten.
2003 setzte ein Ortho-K Boom ein, es war ein beliebtes Thema an Fach- und Hochschulen für Studien- und Diplomarbeiten sowie für die Fachvereinigungen VDCO, WVAO und BVA.
Die Anzahl der Seminarteilnehmer erreichte Rekordhöhen. Dann aber trat 2004 bis 2007 eine Stagnation ein, die Anzahl der jährlichen Anpassfälle sank auf ein Niveau von weniger als im Jahr der Markteinführung 2002 ab. Was waren die Gründe? Mit Sicherheit waren es die Vorbehalte aus der Ophthalmologie, die eine negative Presse und Zweifel an der Sicherheit sowie Bedenken hinsichtlich der Langzeitverträglichkeit zur Folge hatten. Seit 2007 zeichnet sich ein neuer Boom ab, weil zunehmend positive Nachrichten über Ortho-K in die Öffentlichkeit gelangen, woran die PR-Aktivitäten von Techno-Lens einen wesentlichen Anteil haben, so die TV-Berichte mit Wolfgang Laubenbacher (Techno-Lens München) und jüngst mit Uwe Bischoff (Müller-Welt Stuttgart).
Verbreitung von Ortho-K
Ron Beerten, B.Optom, FAAO, FBCLA, Procornea Eerbeek, Niederlande, stellte heraus, dass in Holland 10mal mehr Verkäufe an Ortho-K Linsen pro Kopf der Bevölkerung stattfinden als in Deutschland.
Die von Polymer Technology geschätzten Zahlen von 2011 waren folgende:
  • Niederlande 40.000 Ortho-K-Träger bei 16,6 Mio Einwohner.
  • Deutschland 9.000 Ortho-K-Träger bei 81,8 Mio. Einwohner.
  • Spanien 9.000 Ortho-K-Träger bei 47,1 Mio. Einwohner.
  • Schweiz 3.000 Ortho-K-Träger bei 7,9 Mio. Einwohner und
  • Italien 8.000 Ortho-K-Träger bei 60,6 Mio. Einwohner.
(Im Vergleich dazu gibt es mehr als 100.000 Augenlaseroperationen pro Jahr in Deutschland.)
Die Zahlen sind verwunderlich, denn Auswahlkriterien, Vorgehensweise und Produkte sind in beiden Ländern ähnlich. Vermutlich ist die Motivation zur Ortho-K Anpassung bei den holländischen Optometristen wesentlich besser und auch die Akzeptanz der Beratung ist beim Kunden höher. Zeigt sich hier vielleicht schon das Ergebnis einer bereits höher positionierten holländischen Optometrie?
Langzeiterfahrungen
An der Beuth Hochschule für Technik Berlin werden im Rahmen einer seit 2003 fortlaufenden Langzeitstudie Augenveränderungen durch Ortho-K untersucht, wie Linsenabdrücke, Stippungen, Sauerstoffmangelerscheinungen und Eisenablagerungen.
Prof. Dr. Moest konnte berichten, dass es in den zurückliegenden zehn Jahren keine nennenswerten Komplikationen gab und seltene Fälle von Unverträglichkeiten geklärt werden konnten. Insgesamt erscheine die neue Methode verträglicher und sicherer als andere bewährte Anpassarten. Die physiologische Verträglichkeit und Sicherheit hinsichtlich einer vollen Sehschärfe über einen langen Arbeitstag wurden nachgewiesen, ebenso die volle Reversibilität wenige Tage nach Absetzen der Korrektion. Obwohl es noch unterschiedliche Meinungen zu den Mechanisemn der Hornhaut-Geometrieänderung gibt, ist die Effektivität der Orthokeratologie inzwischen unbestritten.
Zur Bestätigung der Sicherheit und Langzeit-Effektivität trug auch die Studie über die Sehleistung von Ortho-K Linsenträgern bei Autofahrern bei, die von Silvana Dätwiler und Sabrina Oberhänsli, beide B.Sc. Optometrie, Olten, erarbeitet und vorgetragen wurde. Dabei zeigte es sich, dass 99,4 Prozent der Ortho-K Linsenträger die Sehanforderungen der DOG für den Straßenverkehr erfüllen bzw. übererfüllen. Die Sehleistungen waren teils wesentlich besser als nach nach refraktiv-chirugischen Eingriffen.
Verlangsamung des Wachstums der Myopie
Eine weitere sehr wesentliche Langzeiterfahrung der beschleunigten Orthokeratologie ist die Verlangsamung des Wachstums der Myopie bei Kindern und Jugendlichen durch den Effekt der veränderten peripheren Refraktion. Weltweite Studien bestätigen dies. Darüber referierte, wie auch schon zur VDCO-Tagung Optometrie 2012 in Jena, Bastian Cagnolati, B.Sc, MC.Optom., Duisburg, der zum Thema Myopieentwicklung promoviert.
Sehr positive und ganz persönliche Langzeiterfahrungen mit Ortho-K hat die Spitzensportlerin Steffi Nerius, Speerwurf-Weltmeisterin 2009, Sportlerin des Jahres 2009, Europameisterin 2006, Gewinnerin von Olympiasilber 2004. Sie trägt seit 2004 Ortho-K und erreichte damit ihre größten sportlichen Erfolge, weil sie zum Sport keine Brille tragen konnte und mit Kontaktlinsen auf der Höhe ihres körperlichen Einsatzes immer Dehydratations- und Benetzungsprobleme hatte. Aus dem Gespräch konnte man gute Ideen zur Kommunikation mit den eigenen Kunden ableiten.
Ortho-K hat etwas Magisches, Verwunderliches an sich und löst nicht selten die Frage aus „geht denn das überhaupt? “ Wenn der Anpasser diesen Zweifel ausräumen und positiv beantworten kann, ist er in den Augen des Kunden schon ein herausragender Experte.
Fazit
  • Ortho-K ist sicher bei sachgerechter Vermessung und Auswertung der Hornhauttopographie, Selektion nach Eignung sowie unter Einhaltung der Hygienestandards.
  • Die Anpassempfehlungen aus den Seminaren und Anleitungen der Hersteller haben sich bewährt.
  • Die „Übergangszeiten“ sind problemlos zu managen.
  • Bei richtiger Anwendung ist Ortho-K sicherer als andere Arten des Linsengtragens, weil keine andere Methode so sorgfältig und kritisch hinsichtlich ihres Verlaufes beobachtet wird.
  • Anfängliche Vorbehalte seitens der Ophthalmologie und Verbotsempfehlungen seitens der Verkehrsophthalmologie sind offiziell noch nicht widerrufen worden.
  • Ortho-K hat ein großes Anwendungspotenzial, es bedarf allerdings wesentlich intensiverer Öffentlichkeitsarbeit als bisher, um das Nischendasein zu überwinden.
Ulrich Maxam
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