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Bedarfsanalyse

Serie: Anpassung von Kontaktlinsen, Teil 4
Bedarfsanalyse

Diese Artikelserie soll Lust auf Kontaktlinsen machen. Sie soll Einsteigern alles Wissenswerte zum Thema Anpassung weicher Kontaktlinsen und Auge vermitteln. In mehreren Teilen werden den Interessierten alle Aspekte einer Anpassung von weichen Kontaktlinsen und deren Pflege näher gebracht. Natürlich werden auch die relevanten Teile des Auges besprochen.

4.1 Vorgespräch
Jede Kontaktlinsenanpassung oder auch nur Kontaktlinsenberatung beginnt mit einem Vorgespräch zwischen Kunden und Anpasser.

Ein solches Gespräch soll vor allem eine Vertrauensbasis schaffen und in einem ungestörten und ausreichenden zeitlichen Rahmen stattfinden. Dieses Vertrauen ist wichtig, da uns der Kunde die Gesundheit seiner Augen anvertraut, unseres wichtigsten Sinnesorgans. Außerdem soll er teilweise sensible Informationen zu seinem Gesundheitszustand, Medikamenteneinnahme, Beruf und Hobby geben.
In einem solchen Informationsgespräch werden Fragen und Vorurteile des Kunden geklärt. Oft werden bestimmte Vorstellungen bezüglich des Kontaktlinsentyps, der Tragezeit und des Einsatzes genannt, die aber nach der Untersuchung und Vermessung der Augen ungeeignet erscheinen. Manche Kunden haben sich bei Kontaktlinsenträgern aus ihrem näheren Umfeld erkundigt und kommen mit teilweise falschen Vorstellungen zu Ihnen. Hier bedarf es der Aufklärung und Information. Wir können erst am Ende einer Anpassung eine Empfehlung geben. Auch auf die beliebte Frage: Was kostet das alles? kann nur ein preislicher Rahmen (von – bis?) genannt werden, da die endgültige Kontaktlinse noch nicht bestimmt werden kann.
Bevor die eigentliche Anpassung beginnt, sollte der Kunde auch über den Ablauf einer solchen Untersuchung aufgeklärt werden und falls möglich sollten ihm dabei die Geräte Augenmikroskop (Spaltlampe) und Ophthalmometer oder Keratograph vorgestellt werden.
Nur mit der Mitarbeit des Kunden ist eine optimale Kontaktlinsenversorgung möglich.
4.1.1 Motivation
Die Motive, sich für Kontaktlinsen zu entscheiden sind vielfältig. Es gilt diese Motivation zu unterstützen und die Vorteile darzustellen. Aber auch die Nachteile von Kontaktlinsen sollten genannt werden.
Optische Vorteile:
  • Das scharf gesehene Blick- und Gesichtsfeld wird größer.
  • Der Visus steigt in vielen Fällen, da die durch das Brillenglas verursachten Abbildungsfehler wegfallen.
  • Die Netzhautbildgröße ist bei myopen Kontaktlinsenträgern größer als mit Brille, bei Hyperopen allerdings verkleinert.
  • Eine Aniseikonie wird mit Kontaktlinsen verringert.
  • Natürlichere Raumwahrnehmung durch den Wegfall der Distorsion (Verzeichnung)
  • Besondere Refraktionsanomalien können durch Kontaktlinsen besser korrigiert werden, wie z. B. irregulärer Astigmatismus oder Keratokonus (beide allerdings nur mit stabilen Kontaktlinsen).
Ästhetische Vorteile:
  • Natürliches und in vielen Fällen ästhetischeres Aussehen. 😉 Oder sind Sie mit einer Brille auf die Welt gekommen?
  • Fehlsichtigkeiten und Anisometropien sind unauffällig.
  • Kosmetische Kontaktlinsen bei Defekten von Hornhaut (z. B. Narben) oder Iris (Kolobom) sind möglich.
Medizinische Gründe:
  • Brillenunverträglichkeit bei Druckekzemen oder Allergien auf die Materialien.
  • Verbandslinsen bei Verletzungen der Cornea.
  • Kontaktlinsen können als Medikamententräger im Auge dienen.
Berufliche und
sonstige Motive:
  • Verringerte Verletzungsgefahr bei sportlichen Betätigungen.
  • Sicherheitsaspekt bei bestimmten Berufsgruppen, wie Kindergärtnerinnen, Erzieher usw.
  • Für manche Berufe sind Kontaktlinsen einfach praktischer, wie z. B. bei Köchen oder Schauspielern. (Der Gladiator mit Brille wirkt etwas unrealistisch).
  • Kein Rutschen oder Beschlagen des Korrektionsmittels.
Es sprechen also viele Gründe für Kontaktlinsen. Einige sind unseren Kunden schon bewusst, andere können wir ihnen nennen, um die Motivation zu steigern.
Als nachteilig können folgende Aspekte erwähnt werden:
  • Kontaktlinsen sind pflegeaufwendiger als eine Brille.
  • Es entstehen Folgekosten durch die Pflegemittel und eventuell auch bei den Nachkontrollen.
  • Durch unsachgemäße Pflege und Handhabung können Entzündungen oder Verletzungen am Auge entstehen.
  • Kontaktlinsen werden nicht immer gleich gut vertragen. Besonders bei Krankheiten kann eine Tragepause notwendig sein.
4.2 Bedarfsanalyse
Sind die ersten Fragen geklärt und Informationen durch das Vorgespräch gegeben worden, kann mit der Anpassung begonnen werden. Dazu muss eine Kundenkartei angelegt werden, um alle weiteren
Daten und Messungen zu dokumentieren. Karteikarten oder entsprechende Software gibt es von vielen Herstellern oder aber Sie haben firmeneigene Lösungen.
4.2.1 Persönliche Daten
– Name
– Adresse
– Telefonnummer und / oder E-Mail um eine eventuelle Erreichbarkeit zu ermöglichen.
– Alter bzw. Geburtsdatum, um eine eventuelle Presbyopie zu berücksichtigen.
4.2.2 Tätigkeit/Freizeit/Sport
Um die Kontaktlinsen und die Pflege bestmöglichst auf den Kunden abzustimmen, sind Fragen bezüglich der Tragewünsche bzw. Tragegewohnheiten sehr wichtig.
– Tragezeit
  • An wie vielen Tagen in der Woche werden die Kontaktlinsen getragen?
  • Wie viele Stunden bleiben die Kontaktlinsen ununterbrochen auf dem Auge?
  • Zu welchen Gelegenheiten werden die Kontaktlinsen eingesetzt?
– Tätigkeit
Die Frage nach der Tätigkeit des Kunden gibt Hinweise auf die Wahl des Kontaktlinsensystems und des Materials.
Erfragen Sie nicht nur den Beruf, sondern sprechen Sie über die beruflichen Tätigkeiten.
Z. B. ist ein Schreiner nicht immer nur in der Fertigung und hat mit Holzstaub und Lackierarbeiten zu tun, er kann genauso nur in der Planung oder der Auslieferung und Aufbau tätig sein.
Tätigkeiten bei denen Ablagerungen entstehen können sind eher Austauschsysteme empfehlenswert.
Einige Beispiele hierfür sind Friseure (Haarspray) und Lackierer (Sprühnebel). Menschen mit Schichtarbeit oder Bereitschaftsdiensten benötigen eventuell Linsen mit der Möglichkeit diese 24 Stunden tragen zu können. Bei Berufen in denen es um exaktes Sehen geht, können teilweise nur konventionelle Linsen gewählt werden, da das Lieferprogramm für Austauschlinsen eingeschränkt ist.
Erkundigen sie sich auch nach folgenden Bedingungen am Arbeitsplatz die zu trockenen Augen führen können.
  • Klimaanlagen
  • Trockene Luft
  • Staubige Luft
  • Computer (durch das konzentrierte Sehen und wenigen Blickbewegungen, verringert sich die Lidschlagfrequenz und damit die Befeuchtung des Auges und der Kontaktlinse).
– Freizeit
Selten werden Kontaktlinsen nur bei der Arbeit getragen. Da gerade die Freizeitaktivitäten sehr unterschiedlich sein können, muss auch hier detailliert nachgefragt werden. Jemand der stundenlang am Computer zubringt, neigt eher zu trockenen und gereizten Augen, als ein Hobbygärtner der sich oft an frischer Luft aufhält und vermehrt Lid- und Blickbewegungen durchführt.
– Sport
Kontaktlinsen sind hervorragend für sportliche Aktivitäten geeignet. Ausdauersportarten können allerdings zur Dehydratation weicher Linsen führen. Auch Sportarten mit höheren Geschwindigkeiten erhöhen die Verdunstung von Tränenflüssigkeit. Hier können zusätzliche Sportbrillen helfen.
– Wenn bereits Kontaktlinsen getragen werden oder wurden, sind folgende Informationen hilfreich:
  • Seit wann tragen Sie Kontaktlinsen?
  • Welche Kontaktlinsen (Typ und Name) benutzen sie?
  • Wie ist der Tragemodus? (Wie viele Stunden am Tag und wie viele Tage in der Woche)?
  • Welches Pflegesystem wird verwendet?
  • Gibt es Probleme mit den jetzigen Linsen oder dem Pflegesystem?
  • Welche Probleme gab es mit den damaligen Kontaktlinsen? (Wenn ein Ausstieg erfolgt ist)
4.3 Anamnese
Bei der Anamnese (griech.: Erinnerung) geht es um die systematische Befragung zur medizinischen Vorgeschichte. Etwaige Erkrankungen und eventuelle Medikamenteneinnahme können sich auf die Anpassung und Verträglichkeit von Kontaktlinsen auswirken.
Es hat sich bewährt bei der Anamnese nach einem bestimmten Schema vorzugehen.
Idealerweise ist die Kundenkartei mit folgenden Themen aufgebaut:
  • 1. Anamnese der Augen
  • 2. Allgemeine Anamnese
  • 3. Hormonelle Einflüsse
  • 4. Sonstige und selbst bemerkte Auffälligkeiten des Auges
  • 4.3.1 Anamnese der Augen
Selbstverständlich sind Veränderungen am Auge sehr wichtige Informationen, die genauestens hinterfragt werden müssen.
Denken Sie hierbei nicht nur an den vorderen Augenabschnitt, sondern an das gesamte Auge.
Fragen sie nach:
  • Zurückliegenden, momentanen und chronischen Erkrankungen, Operationen und Verletzungen des Auges. Erkundigen sie sich auch nach familiären Augenproblemen. So hat zum Beispiel ein Keratokonus einen erblichen Faktor.
  • Der Anwendung von Medikamenten und Tropfen für das Auge.
  • Liegen sonstige Augenbeschwerden wie Brennen, Kratzen, Jucken, trockene Augen oder anderes vor?
  • Auffälligkeiten in Bezug auf das Sehen. Dies können Sehverschlechterung, Doppelbilder, Bildverzerrung, Lichtempfindlichkeit usw. sein.
  • Wann war der letzte Augenarztbesuch und warum?
Besprechen Sie sich im Zweifelsfall mit einem erfahrenen Kollegen oder kontaktieren sie den entsprechenden Augenarzt.
4.3.2 Allgemeine Anamnese
Das Auge hat über Blut- und Nervenbahnen wie auch über das Immunsystem Verbindung zum übrigen Körper. Daher können allgemeine Erkrankungen und Medikamenteneinnahme Auswirkungen auf das System Auge haben. Für den Einsteiger in die Kontaktlinsenanpassung ist es natürlich schwierig eine Relevanz für die Augen, den Tränenfilm oder das Sehen zu bewerten.
Erst mit Erfahrung und Weiterbildung kann sicherer beurteilt werden, welche Auswirkungen es sich für das Auge ergibt.
  • Fragen sie nach akuten und chronischen Krankheiten des Kunden. Begründen sie dies mit der Verbindung zum Auge. Zum Beispiel kann Diabetes häufige Refraktionsschwankungen, Veränderungen der Hornhautradien und erhöhte Infektionsanfälligkeit zur Folge haben.
  • Viele Menschen leiden heutzutage an Allergien, die die Verträglichkeit von Kontaktlinsen einschränken oder das Anpassen und das Tragen in den akuten Phasen unmöglich machen. Der Einsatz von Antihistaminika führen zu trockeneren Augen. Bei Allergikern sollte auf konservierungsmittelfreie Pflege geachtet werden.
  • Erkundigen sie sich ebenso nach Medikamenten, die eingenommen werden. Von Interesse ist dabei auch, ob diese regelmäßig oder nur vorübergehend verwendet werden. Die Nebenwirkungen können unter anderem Sehstörungen, Veränderung der Zusammensetzung und Verringerung der Tränenflüssigkeit und Irritationen am Auge sein. Diese Nebenwirkungen für das Auge stehen meistens auf den Beipackzetteln. Ansonsten fragen sie einen Apotheker, erkundigen sie sich im Internet oder entsprechender Fachliteratur.
4.3.3 Hormonelle Einflüsse
Störungen des Hormonhaushaltes können zu veränderter Menge und Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit führen. Veränderungen des Wasserhaushaltes der Hornhaut beeinflussen auch deren Geometrie.
Hormonelle Einflüsse sind:
  • Hormonmedikamente, allen voran Ovulationshemmer (z. B. „die Pille“)
  • Menopause (Wechseljahre der Frau zwischen 40 und 55)
  • Schwangerschaft, während dieser Phase erfährt der weibliche Körper eine große Umstellung, die bis in Stillzeit andauern kann. Dabei kann es bis zu einer Kontaktlinsenunverträglichkeit kommen. Empfehlenswert sind während dieser Zeit Austauschlinsen aufgrund möglicher häufiger Veränderungen von Refraktion, Hornhautgeometrie und Tränenflüssigkeit.
4.3.4 Sonstige und selbst bemerkte Auffälligkeiten des Auges
Zu bedenken ist, dass auch Diäten, Abführmittel, Psychopharmaka und Beruhigungsmittel zu trockenen Augen führen können.
Erkundigen sie sich am Schluss noch nach selbst bemerkten Besonderheiten des Auges.
Spätestens jetzt sollte die Refraktion erfolgen, sofern die Werte nicht schon bekannt sind.
Zusammen mit dem Vorgespräch, der Bedarfsanalyse und der Anamnese ergibt sich eine erste Auswahl des richtigen Kontaktlinsensystems.
Im weiteren Verlauf der Anpassung folgt die Untersuchung des vorderen Augenabschnittes – dies in der übernächsten Ausgabe.
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