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Damit Sie die Kurve kriegen

Kurvenbrillen
Damit Sie die Kurve kriegen

Kurvenbrillen sind mehr als nur eine kurzweilige Mode-Erscheinung. Der Endverbraucher hat ein Bewusstsein für die Vorzüge von stark gekrümmten Brillenfassungen entwickelt. Zum Einen begeistern die Modelle durch ihr außergewöhnliches Design. Ihren Siegeszug verdankt die Kurvenbrille tatsächlich aber ihrer dynamischen Funktionalität: Der Brillenträger ist nicht mehr auf das enge Sichtfeld direkt vor seinem Auge beschränkt. Er genießt plötzlich eine ungeahnte Blickfreiheit, kann Dinge wieder aus dem Augenwinkel heraus scharf sehen. Das gibt ein angenehmes und sicheres Gefühl im Alltag, gerade beim Autofahren oder im Sport.

Die Produktpalette an Kurvengläsern ist mit den unterschiedlichen Kundenwünschen stetig gewachsen. So umfasst unser Kurvenglasprogramm „Voyager“ inzwischen ein breites Spektrum an Modellvielfalt für jeden Anspruch:

Einstärken: – Voyager SV, Voyager Mono HD, Voyager Wellness
Gleitsicht: – Voyager Professional, Voyager Intelligent
Je individueller desto schärfer
Die Effektivität eines Kurvenglases ist eng verbunden mit dem Grad seiner Individualisierung. Voyager SV bietet als Einstärkenglas mit klassischer Rezeptglasherstellungstechnik zum Beispiel einen preisgünstigen Einstieg in die Welt der Kurvengläser. Die optische Kompensation kommt bei diesem Glas allerdings nur im Durchblickspunkt zur Anwendung.
Ausgehend von Voyager Mono HD bis hin zu unserem High End Glas Voyager Intelligent findet eine immer höhere Individualisierung des Brillenglases in Abstimmung auf die Kundenparameter statt. Hierbei werden zur Optimierung modernste Herstellungstechnologien eingesetzt, um letztendlich scharfes Sehen auch in den Randbereichen zu ermöglichen (s. Tabelle 1).
Fehlerquellen in der Theorie
Die theoretischen Auswirkungen der Verkippung bei Kurvengläsern sind dank zahlreicher Beiträge weithin bekannt und nachfolgend zum Überblick noch einmal kurz zusammengefasst.
  • 1. Abbildungsfehler durch Astigmatismus schiefer Bündel: Der schiefe Blick durch das stark gekrümmte Brillenglas verursacht Unschärfe nicht nur am Rand, sondern auch am Durchblickspunkt (s. Bild 1).
  • 2. Änderung der Zylinderachse: Sowohl der Fassungsscheibenwinkel als auch die Vorneigung induzieren eine Änderung der Zylinderachse (s. Bild 2 und 2.1).
  • 3. Änderung der Zentrierdaten: Die Innen-PD eines Brillenglases verschiebt sich signifikant durch den hohen Fassungsscheibenwinkel – meist nach Innen (s. Bild 3).
  • 4. Prismatische Nebenwirkung entsteht durch die Verkippung mit Basis Außen.
Präzision in der Praxis
Die Individualisierung des Kurvenglases basiert auf verschiedenen Parametern. Diese müssen so präzise wie möglich ermittelt werden, um dem Kunden eine scharfe Rundumsicht zu ermöglichen und letztendlich auch die Verträglichkeit der Kurvenbrille zu garantieren.
Folgende Parameter haben einen Einfluss auf die optischen Eigenschaften gekrümmter Gläser: Fassungsscheibenwinkel (FSW), Glaskurve (BC), Pupillendistanz (PD), Fassungsdaten (Scheibenlänge, Scheibenhöhe, AzG), Vorneigung (VN), Einschleifhöhe (h), Brechungsindex, Glasdicke, Facettenlage.
Weiterführend soll auf einige wichtige Parameter näher eingegangen werden – im Hinblick auf ihren Einfluss auf die optischen Eigenschaften von Kurvengläsern sowie auf die in der Praxis entstehenden Probleme:
a) Fassungsscheibenwinkel (FSW)
Optisch relevant für die Kurvenglasberechnung ist eigentlich der Verkippungswinkel (VKW). Dieser entspricht der horizontalen Tangente am Durchblickspunkt. Jedoch ist der VKW in der Praxis schwer zu messen. Deshalb wird stattdessen der leichter messbare Parameter Fassungsscheibenwinkel (FSW) verwendet. Aus FSW, PD, AzG, BC, Brechungsindex und Boxdaten lässt sich dann der entsprechende VKW errechnen (s. Tabelle 2).
Der Fassungsscheibenwinkel ist in der Gebrauchsstellung von der nasalen Fassungsnut zur temporalen Fassungsnut zu messen. Häufig wird der FSW in der Ruhestellung bestimmt. Da jedoch viele Fassungen in der Gebrauchsstellung aufgebogen werden, was z.B. häufig bei Metall-Nylor-Brillen der Fall ist, kommt es zu Fehlmessungen. Der ermittelte FSW ist zu groß. Die Folge ist eine Überkompensation, welche bei Brillenträgern, die eine Vollkorrektion gewohnt sind, zu Problemen führt.
Abhängigkeit der Wirkungsänderung vom FSW
Annahme:
BC=8 , PD=32, a = 52, b = 32
AzG = 17 , n = 1,50
Refraktionswerte
R –3.00 Zyl. –1.00 A 50°
L +3.00 Zyl. –1.00 A 50°
Sollmesswerte nach Kompensationsrechnung (Tabelle 2)
b) Vorneigung (VN)
Bei Messung der Vorneigung mit Videozentriergeräten kann es leicht zu Fehlmessungen kommen. Durch den hohen Fassungsscheibenwinkel und die hohe Fassungskurve entsteht schnell ein Parallaxenfehler (es wird häufig ein zu hoher Wert ermittelt). Daher ist es ratsam, diesen Parameter auch bei der Messung mit einem Videozentriergerät am besten mit Hilfe einer manuellen Messung auf Plausibilität hin zu überprüfen.
Optisch relevant ist nicht die gemessene Vorneigung selbst, sondern die vertikale Tangente (effektive Vorneigung) am jeweiligen Durchblickspunkt. Ändert sich der Sitz der Brille beim Träger, so ändert sich auch diese Tangente. Aufgrund der Tatsache, dass die Brille beim Träger meistens nach unten rutscht, gehört dieser Parameter zu den problematischsten Werten bei der Berechnung der Wirkungskompensation eines stark gekrümmten Brillenglases (vgl. Bild 4 und 4.1).
Abhängigkeit der Wirkungsänderung von Vorneigung, Annahme:
BC=8, PD=32 a = 52, b=32 AzG=17, n = 1,50
Refraktionswerte:
R –3.00 Zyl. –1.00 A 50°
L +3.00 Zyl. –1.00 A 50°
Sollmesswerte nach Kompensationsrechnung (Tabelle 3)
c) Basiskurve (BC)
Dies ist ein in unserer Branche vielfach missverstandener Begriff. Obwohl die Basiskurve eines Brillenglases eigentlich eine vom Brechungsindex abhängige Größe ist, wird sie in der Praxis als absolutes Maß für die Krümmung der Fassung verwendet. So hat also die Basiskurve BC=8 für n=1,50 beispielsweise einen anderen Radius als für n=1,67. Misst man mit einem Sphärometer die Basiskurve einer Musterscheibe, so wird ein für Brechungsindex n=1,53 geltender Messwert ermittelt. Wir rechnen daher immer die von unseren Kunden angegebene Basiskurve entsprechend dem jeweiligen Brechungsindex um.
d) Scheibenlänge
Dieser Parameter ist nicht nur für die Ermittlung des Glasdurchmessers von Bedeutung, sondern auch ein wichtiger Faktor für die Errechnung vom VKW. Eine Messung der Scheibenlänge ist bei normalen, nicht gekrümmten Fassungen relativ einfach. Sind die Fassungen jedoch stark gekurvt, kommt es oft zu Fehlmessungen:
Bei einer manuellen Messung der Scheibenlänge wird der PD-Messstab häufig auf das Glas gelegt und dadurch die Krümmung der Musterscheibe mitgemessen. Der so bestimmte Wert ist folglich zu groß. Dieser Fehler lässt sich leicht vermeiden, indem man die Musterscheibe herausnimmt und die Scheibenlänge von der Glashinterseite her mit einem PD-Messstab ohne Krümmung misst.
Auch unter Verwendung von Video-Zentriergeräten kann es zu Fehlmessungen der Scheibenlänge kommen. Eine verbreitete Fehlerquelle ist hier die Messung anhand einer frontalen Fotoaufnahme des Kunden ohne Berücksichtigung des Fassungsscheibenwinkels. Der ermittelte Wert ist in diesem Fall zu klein.
e) PD-Verschiebung
Die Verkippung bei Kurvengläsern verursacht eine Verschiebung der PD auf der Glas-Innenseite. Um diese ungewollte Innen-PD-Verschiebung zu kompensieren, wird eine Einschleif-PD auf der Glas-Außenseite errechnet (s. Bild 3).
f) HSA
Für die Fertigung von Kurvengläsern ist es wichtig auch den HSA so genau wie möglich zu bestimmen. Dieser hängt bei einer stark gekrümmten Brillenfassung von der jeweiligen PD ab. Ist die PD sehr klein, kann der HSA größer sein als der HSA einer Messbrille. Bei einer sehr großen PD ist der HSA meist signifikant kleiner als der HSA einer Messbrille. Daher ist es sinnvoll, zusätzlich den HSA der ausgewählten Brille zu bestimmen und anzugeben.
g) Lesedistanz
Zur optimalen Berechnung von Gleitsicht-Kurvengläsern ist es wichtig im Vorfeld mit dem Kunden abzuklären, welcher Anforderung der Nahsichtbereich seiner Gläser gerecht werden soll. Handelt es sich um eine Sportbrille, sollte also die jeweilige Sportart maßgeblich sein. Für einen Biker wäre beispielsweise die Lesedistanz auf ca. 60 – 70 cm anzusetzen, damit die Armaturen leicht ablesbar sind.
h) Progressionslänge
Die Wahl der Progressionslänge für Kurven-Gleitsichtgläser ist häufig problematisch. Wird sie bei eng am Kopf anliegenden Kurvenfassungen zu lang gewählt, kommt es vor, dass die Blicksenkung des Brillenträgers nicht ausreicht, um durch den vollen Additionsbereich zu sehen. Gerade bei einer schrägen Kopfhaltung, wie sie z. B. beim Radfahren und vielen anderen Sportarten eingenommen wird, muss man auf dieses Problem bewusst eingehen (s. Bild 5).
Kurvengläser am Rande des Machbaren
Warum ist der Lieferbereich von Kurvengläsern eigentlich so klein? Die Antwort liegt in der Fertigungstechnik. Durch die Kombination der hohen Basiskurve und der oft benötigten großen Durchmesser kommt man bei der Herstellung schnell an die Grenzen der möglichen Fertigungsdicke.
Die Hürde des großen Durchmessers kann durch Vordezentration überwunden werden. So sind bei uns Durchmesser bis zu 75/95 bzw. bei einigen Gläsern sogar bis 80/100mm lieferbar. Der größte einschränkende Faktor bei Kurvengläsern bleibt aber die sich ergebende Randdicke bzw. Mittendicke des Glases (s. Tabelle 4).
Dickentabelle eines Einstärkenglases in Abhängigkeit der Basiskurve und des Durchmessers
(Tabelle 4)
Keine Angst mehr vor Kurven
Damit der Kunde Spaß an seiner Kurvenbrille hat, gibt es für den Optiker zuvor ein paar Dinge zu beachten. Ein Aufwand, der sich lohnt. Die akkurate Messung der relevanten Parameter ist die Grundvoraussetzung für die gute Verträglichkeit eines Kurvenglases. Natürlich muss auch bei Anpassung und Abgabe der Brille darauf geachtet werden, dass die bei der Glasfertigung berücksichtigten Werte in der Gebrauchsstellung der fertigen Kurvenbrille tatsächlich vorliegen. Hält man sich an diese Punkte, hat man von der Kurve nichts zu befürchten.
Grundsätzlich weisen unsere Kurvengläser eine hohe Spontanverträglichkeit auf und bieten ihrem Träger vor allem eines: dynamische Blickfreiheit – und damit mehr Lebensqualität und Sicherheit in jedem Augenblick.
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