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Der Weg ist lang und lohnt sich

Bausteine zum Sportoptiker
Der Weg ist lang und lohnt sich

Sportoptik ist in aller Munde. Die augenoptische Fachpresse berichtet regelmäßig und im wachsenden Umfang über das Thema. Die Verbände gründen dazu Fachbeiräte und Vereinigungen bieten Informationsveranstaltungen und Schwerpunkttagungen an. Die Industrie und der Großhandel widmen sich dem Thema durch ein erweitertes Produktangebot und Schwerpunkten in ihrer Messepräsentation. Doch wie nähert sich der Augenoptiker dem Thema am besten und wie vermeidet er Fehler und bleibt erfolgreich ?

Wir beleuchten diese Thema anhand einer Einführung und zweier Erfahrungsberichte von Praktikern, einem alten Hasen und einem Start-up.

Strategische Überlegungen
Die Entscheidung sich mit dem Thema Sportoptik zu beschäftigen fällt ja nicht zufällig, sondern wächst in mehreren Schritten allmählich heran. Gewiss sind aktuelle Schwierigkeiten im traditionellen Brillenabsatz für manchen der Anlass sich auf anderen Geschäftsfeldern umzusehen.
Warum hat der Sport für die Optik so ein gutes Potential? Wir befinden nicht nur auf dem Wege zu einer Freizeitgesellschaft, sondern Sport ist mehr und mehr im Alltag präsent: über die Medien, die mehr Sendezeit im Radio und Fernsehen Sportereignissen widmen, mehr Fachzeitschriften, die zusätzliche Informationen geben. Hinzu kommt eine allgemeine Fitness- und Gesundheitsbewegung, die durch die zunehmende Altersverschiebung eher noch gestärkt wird. Ein wachsendes Segment im Wirtschaftsleben, das durch die Sportartikelindustrie längst erkannt wurde und mittlerweile auch durch Spezialisierung zum Sportoptiker seine Resonanz findet.
Sportfachhandel und Augenoptik: Zwei Welten ?
Genau betrachtet haben die beiden Bereiche Sport und Optik noch wenig miteinander zu tun.
Es sind zwei unabhängige Bereiche: Auf der einen Seite der Sportfachhandel (SPOFA), gekennzeichnet durch ein hohes Anpassungsvermögen an innovative Sportarten, auf der anderen Seite ein eher behäbiger und gewiss auch finanziell solider Optikfachhandel.
Vieles aber hat das Sportgeschäft dem Optikerbereich z.B. bezüglich der Sortimentsgestaltung bereits voraus. Neben dem traditionellen SPOFA Geschäft, meist mit einer Marketingkooperation verbunden, gibt es eine Vielzahl von Spezialisten, die sich mehr oder weniger ganz einer Sportart verschrieben haben. Wohl am längsten aktiv sind hier die Tauch- und Radsportgeschäfte. Recht früh haben sich aber auch die Motorradhändler und Jagdsportgeschäfte schon abgekoppelt. Neueren Datums sind eher Runningshops und Golfergeschäfte sowie die zahlreichen Trendläden für den Inliner und Skater. Nach einer kurzen Blüte als Trendsportart sind Surfhändler wieder in den Schoß der allgemeinen Wassersportgeschäfte, d.h. Segeln und Surfen zurück gekehrt. Nicht unerwähnt sollten an dieser Stelle auch die Angler- und Fischerfachgeschäfte.
Schon diese kleine Aufzählung zeigt ein hohes Spezialisierungsniveau innerhalb der Sportbranche. Selbst die traditionellen Geschäfte haben neben ihrem Stammgeschäft „Hardware“ d.h. Sportschuhe und Sportgeräte aller Art, die Sportmode als lukratives weiteres Geschäftsfeld erkannt. Große Anbieter, teilweise schon unter dem Dach von Versandunternehmen gleichen eher einem Mode(katalog)anbieter als noch einem Sporthändler.
Die Augenoptik kann daraus einige Erkenntnisse ziehen:
  • Die Spezialisierung sichert bessere Marktposition
  • Innerhalb eines Bereiches sind funktionsfähige weitere Spezialisierungen möglich
  • Die Kombination aus traditionellem Angebot und wie auch immer gearteter Spezialisierung ist besonders erfolgreich
Neue Welt Sportoptik
Wer sich als Optiker mit Sportoptik beschäftigen möchte, hat gute und weniger gute Voraussetzungen.
Zum einen sind seine fachlich optischen Kenntnisse optimale um dieses neue Feld anzugehen. Als Basiswissen bringt er Kenntnisse über die Refraktion, Anpassung und Brillenberatung mit, die der SPOFA nicht liefern kann.
Zum anderen fehlt vielen Optikern das Wissen aus der Sportwelt – was sind die Diziplinen, Techniken und Regeln, welche Sehanforderungen stellt der Sport, was gibt der Sportler für seinen Sport aus, wie wird kommuniziert?
Sportoptik bedeutet aber auch eine generelle Bewußtseinsänderung und –erweiterung. Der klassische Augenoptiker hat gelernt den Kunden als Patienten zu sehen, dessen Sehdefizit optisch versorgt werden muß. Der Kunde hat mehrheitlich das Gefühl, das er eine Brille oder Kontaktlinse braucht um den Seh“defekt“ zu beheben. Er kommt daher meistens nicht freiwillig ins Geschäft, sondern nur wenn er schlecht sieht oder mit der bisherigen Brille/Kontaktlinse nicht mehr zurecht kommt.
Der Sportbrillenkunde dagegen ist ganz anders motiviert: Er sucht eine Brille um seine Leistung steigern zu können, mehr Spaß und Freude in seiner Sportausübung zu haben. Und was besonders wichtig ist, er kommt, weil er vielleicht schon andere damit gesehen hat.
Ungenutzte Potentiale
Rund 28 Mio. Sportler sind im Deutschen Sportbund organisiert. Dazu kommen noch Millionen nichtorganisierte Sporttreibende. Zum Beispiel im Laufsport, im Schwimm- und Radsport kommen zu den Vereinssportlern ( meist nur einige Hundertausend ) noch Millionen die ihren Sport unabhängig vom Verein und Sportplätzen ausüben; und dies einmal bis mehrmals die Woche und im Urlaub.
Trotz dieses Millionenpublikums ist immer wieder das Argument zu hören, die Sportbrille würde sowieso im Sportfachgeschäft gekauft. In der Tat, die Fakten sprechen für sich: ca. 80 % aller „optischen“ Taucherbrillen werden Tauchgeschäft gekauft ( Standardverglasungen ohne Zylinder ). Der Radsporthändler verkauft Radschutzbrillen mehr oder weniger als Zugabe zur hochwertigen Radsportausrüstung. Im Sportfachhandel lassen sich Brillen fast ausschließlich über Labels verkaufen. Nur sie gewährleisten einen beratungsarmen Verkauf im Sinne einer Self-Service-Philosophie.
Tatsächlich sind die Sportfachhändler mit anderen Beratungsaufgaben gut beschäftigt – von ihnen erwartet der Kunde Aussagen über die Sportgerätefeatures – kompliziert genug sind beispielsweise Gabel- und Federungseinstellungen im Radsport, oder Materialeigenschaften der Tennis- wie Golfschläger. Für eine Brillenberatung bleibt keine Zeit (und es fehlen dem Sportfachhändler auch die Voraussetzungen dafür). Die Sportbrillenherstellen haben dies bereits clever erkannt und bieten gut promotete Marken auf unübersehbaren Warenständern an – die will ich auch – und schon geht es zur Kasse.
Lässt sich diese Vermarktung für die Optik eins zu eins übertragen? Aus mehreren Gründen wohl kaum.
Einige der Hersteller setzen dennoch darauf und vermarkten unter ihrem Label Sportbrillen bei Optiker. Ein großes Display, ansprechende Poster und gezielte Marketingunterstützung – schon ist der Sportoptiker fertig. Wohl kaum. Eines lässt diese Strategie aus dem Blick – die fundierte fachliche Beratung des Optikers, die im übrigen auch von jedem Radsport-, Golf- und anderen Sportfachhändlern auf ihrem Gebiet erwartet wird.
Der Augenoptiker, als Spezialist für gutes Sehen hat die besten Voraussetzungen für den Verkauf von Sportbrillen – das optische Fachwissen ist ja schon vorhanden, wo es vielfach noch mangelt ist ein breites Grundwissen über die verschiedenen Sportarten und deren speziellen Sehanforderungen.
Sportbrille als Sportgerät
Werden Sportbrillen ohne Beratung verkauft, dann verhält es sich wie im Sonnenbrillengeschäft. Gefällt die Brille, stimmt das Label und wird der Preis akzeptiert – schon wandert die Brille über den Ladentisch – personeller Aufwand und Kundenbindung sehr gering. Gelingt es dem Optiker die Sportbrille als notwendiges Sportgerät, weil leistungssteigernd und erfolgs- und spaßfördernd (welches eine zentrale Bedeutung im jeweiligen Sport einnimmt ) zu verkaufen, dann ist die Sportbrille nicht mehr Accessoire. Mit dem Ausdruck Accessoire verbindet sich leider auch eine negative Bedeutung – Anhängsel, Schnickschnack, eigentlich verzichtbar.
Allein die Begriffsänderung – weg vom Accessoire hin zum Sportgerät – schafft andere Voraussetzungen. Wir stehen hier, darüber sollte man sich im klaren sein, erst am Anfang eines Paradigmenwechsels: Die differenzierte Sportbrille als integraler, wenn nicht in manchen Sportarten zentraler Bestandteil einer Sportausrüstung.
Vieles ist bei einzelnen Sportarten optimiert worden – neben dem Schuh, die funktionsgerechte Bekleidung, der optimierte Trainings- und Ernährungsplan, der individualisierte Schläger, der die Hand und die Größe wie Schlagkraft des Aktiven berücksichtigt.
Auch Trainern wird es mittlerweile bewusst, dass die klassischen Sportgeräte fast ausgereizt sind, um für Leistungssteigerung noch mehr beizutragen. Der Beitrag des Sehens und der Wahrnehmung für den sportlichen Erfolg steht noch zu wenig im Fokus. Kein Wunder, denn woher soll diese Information kommen, wenn nicht vom Optiker, und da mangelt es noch gewaltig. Dabei ist in vielen Sportarten dieser Beitrag außerordentlich hoch – vom Schießen über Tauchen oder Golfspielen – überall ist das Sehen extrem wichtig (nur um einige Sportarten zu nennen).
Schritte zum Sportoptiker
Ein schneller Erfolg ist ebenso unwahrscheinlich wie ein Meister vom Himmel fällt.
Ein taktischer Einstieg kann über die eigene Sportart erfolgen. So sind in der Vergangenheit Hobbytaucher unter den Augenoptikern auch zu guten Tauchoptikspezialisten geworden. Andere haben den Laufsport oder Rennradfahren oder Skifahren für sich entdeckt.
Mit einer Sportart, möglichst aus dem Breitensport, sichert sich der angehende Sportoptiker eine gute Ausgangslage. Grundkenntnisse über andere Sportarten können entweder durch eigene sportliche Aktivität erworben werde ( falls genügend Zeit dafür zur Verfügung steht ) oder über Fachbeiträge angelesen oder über Seminarteilnahme erworben werden. Zirka vier Hauptbereiche sollten beim Sportoptiker vertreten sein – Wassersport, Wintersport (kann regional etwas unterschiedlich stark sein), Ballsport (Indoor wie Outdoor) und Radsport (einschließlich Motorsport). Weitere Möglichkeiten erschließen sich im Laufsport, Skaten, Schießen und andere Disziplinen.
Wissen über sportliches und geschütztes Sehen ist die Basis für den Einstieg. Ein weiteres Element ist die technische Ausstattung im Geschäft. Ein Windkanal um verschiedene Fahrsituationen zu simulieren gehört heute mindest genauso dazu wie unterschiedliche Farbfiltersätze um unterschiedliche Schutz- und Sehfunktionen zu demonstrieren.
Eine entsprechende Produktauswahl der Brillen in Farben, Größen und Filtern pro Sportart ist ebenso selbstverständlich. Bei Tauchmasken und Schwimmbrillen sollte in jedem Fall die Dichtigkeit vor einer möglichen Verglasung überprüft worden sein – denn was nutzt die beste Optik, wenn die Brille drückt oder undicht ist.
Den Puls am Geschehen
Sportliches Wissen, optische Kompetenz, entsprechende Produkt- und Ladenausstattung – jetzt müssten die Kunden doch schon Schlange stehen. Nein, auch hier gilt es umzudenken. Sportler sind Aktive und diese müssen auch aktiv angesprochen werden.
Das bedeutet einiges an Investition an Zeit und Geld – Präsenz bei Sportveranstaltungen, Besuch von Vereinsversammlungen und Schulungen/Trainings. Lokale Messen und Gewerbeschauen wirken mehr in die Breite, sollten aber nicht unterschätzt werden, denn zu 99 % kommt der künftige Kunde vom Breitensport und Wellnessbereich. Kontakte zu Fitnessstudios sind ein weiterer Punkt, da viele zu ihrem Sport ein Ausgleich- oder Aufbautraining absolvieren. Eigene Kunden nach ihren Aktivitäten befragen – die meisten betreiben nicht nur eine Sportart, sondern richten sich auch jahreszeitlich etwas aus (Wintersport/Indoorsport in der kalten Jahreszeit, Wassersport/Outdooraktivitäten in den warmen Monaten).
Und, last but not least, was spricht eigentlich gegen eine örtliche Kooperation mit Sportfachhändlern?
Vorteile verkaufen
Zuweilen finden sich in der Fachpresse Hinweise auf die unfallverhütende Wirkung von Schutz- und Optiksportbrillen. Gewiss – es ist erschreckend, das zum Beispiel im Skisport 60 % aller gemeldeten Unfälle auf Wahrnehmungsfehler zurückzuführen sind.
Es ist klar, dass präventives Tragen von Schutzbekleidung Unfälle verhindert oder zumindest in ihren Folgen abschwächt. Aus grundsätzlichen Überlegungen heraus sollte dieses Argument aber nicht zentral stehen – eine Angst- und Drohkulisse ist selten gut fürs Geschäft.
Mehr im Vordergrund sollten die zahlreichen Vorteile durch die Steigerung der Wahrnehmung und Verbesserung durch eine Brille stehen. Weniger Ermüdung, das sprichwörtlich ungetrübte Sehen, schnelleres Reagieren und bessere Ergebnisse zu erzielen sind mehr Ansporn die Brille auch wirklich gerne und überzeugt zu tragen. Nur der Sportler, der seine Brille als Sportgerät für unverzichtbar hält, ist der beste Kunde – nicht weil er sicher bald wiederkommt ( und nicht erst nach vier, fünf Jahren ), sondern weil er auch auf andere wirkt. Der „Me Too – Effekt „ ist nirgendwo so stark wie in der Sportwelt. Nicht nur die Spitzensportler beobachten argwöhnisch ihre Gegner, auch der Breitensportler guckt, was der andere an „Material“ aufzubieten hat. Vor Jahren noch die Ausnahme, heute nicht mehr wegzudenken, sind Helm und Brille beim Radsport (wobei den Profis hier sicher eine Pilotfunktion zukam).
Grau ist alle Theorie:
Zwei Praktiker – alter Hase und Start-up: Wie die vorstehenden Erkenntnisse umsetzbar sind, sollen zwei Praxisberichte auf den nächsten Seiten zeigen.
Wir stellen hier zwei recht unterschiedliche Unternehmen vor, die aber trotzdem recht erfolgreich sind.
Die Firma Knobloch in Karlsruhe, seit Jahren Hersteller und Spezialoptiker im Schießsport, im Zentrum einer wohlhabenden Groß- und Universitätsstadt gelegen, und die Firma Ahlmann aus Lübz in Mecklenburg-Vorpommern, Start-up in Sachen Sportoptik seit 2005, im ländlichen Umfeld mit schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (z.b. hohe Arbeitslosigkeit in der Region.
Manfred Gründler
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