Startseite » News » Low Vision »

Umfassende Beratung wird immer wichtiger

Easy Low Vision
Umfassende Beratung wird immer wichtiger

Auch unsere Augen werden älter. Der Alterungsprozess macht sich hier schleichend bemerkbar. Kleingedrucktes kann nicht mehr mühelos gelesen werden und die Blendempfindlichkeit nimmt zu. Kommt zusätzlich eine Augenkrankheit hinzu ist eine mitunter erhebliche Visusminderung das Ergebnis. Im Alltag bedeutet das für die Betroffenen immer einen Verlust an Selbstständigkeit – die Lebensqualität sinkt.

Viele Erkrankungen des Auges führen zu einer Verminderung der Sehschärfe. Als Hauptursache kommen Erkrankungen der Netzhaut (Makuladegeneration oder andere Netzhautveränderungen) und des Sehnervs (Glaukom = grüner Star) in Frage. Eine Trübung der Linse (Katarrakt = grauer Star) führt ebenfalls zu einer erheblichen Visusreduzierung. Zusätzlich führt eine erhöhte Blendempfindlichkeit im Alter und auch bei vielen Augenkrankheiten zu Einschränkungen der Sehqualität. Vielfach kommen die Menschen mit ihrer Seheinschränkung viel zu spät zum Augenarzt und zum Augenoptiker.

Es gibt viele Wege, Senioren und Sehbehinderten zu helfen. Wenn medizinisch alles Menschmögliche versucht wurde, kommt in vielen Fällen eine Versorgung mit einer bzw. mehreren Sehhilfen zum Tragen. Jede Spezialsehhilfe hat ihre besonderen Anwendungsmöglichkeiten. Aus diesem Grund ist es ganz wichtig, bei der Auswahl und Anpassung der jeweiligen Sehhilfe für den Benutzer die richtigen Sehhilfen für das jeweilige Anwendungsgebiet auszuwählen.
Bei der Auswahl der Sehhilfe sollten daher Alter, Mobilität und Interessenslage neben der jeweiligen Augenkrankheit und dem Restvisus hinterfragt und berücksichtigt werden.
Die Definition einer „schweren Sehbeeinträchtigung“
Sehbehinderungen gemäß WHO (mit dem bestem Brillenglas; Visuscc) werden in verschiedenen Stufen kategorisiert. Die verschiedenen Stufen bedeuten für den Sehbehinderten, dass er unterschiedliche und immer umfassendere Hilfen in Anspruch nehmen kann.
Eine Verordnung durch den Augenarzt und eine Abrechnung mit der Krankenkasse ist erst ab einem Visuscc kleiner/gleich 0,3 möglich. Bei einzelnen Krankenkassen, speziell Privatkassen, werden auch schon früher Kosten übernommen.
  • Sehschwäche Stufe 1 = Sehschärfe Visuscc 0,3 bis 0,1
  • Sehschwäche Stufe 2 = Sehschärfe Visuscc 0,1 bis 0,05
  • Blindheit Stufe 3 = Sehschärfe Visuscc 0,05 bis 0,02
  • Blindheit Stufe 4 = Sehschärfe Visuscc 0,02 bis Lichtwahrnehmung
  • Blindheit Stufe 5 = keine Lichtwahrnehmung
Abrechnung mit der Krankenkasse
Die Abrechnung mit der Krankkasse ist durch das SGB V und die Hilfsmittelrichtlinie geregelt. Ein Anspruch auf Hilfsmittel ist nach § 33/Absatz 1 definiert. Für einige Produktgruppen wurden Festbeträge festgelegt. Die Festbeträge decken in der Regel die Produktkosten nicht ab. Dies bedeutet eine Zuzahlung durch den Patienten.
Hinweis: Die Krankenkassen übernehmen nur eine Versorgung des Notwendigen (Wirtschaftlichkeitsgebot).
Das bedeutet, dass nicht alle hilfreichen Sehhilfen übernommen werden. Deshalb ist es sinnvoll die einfachen Sehhilfen mit geringerem Preis nicht über die Krankenkasse abzurechnen.
SGB V, §2/Absatz 4: „Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, dass die Leistungen wirksam, wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden…“
Ein Beispiel für die Hilfsmittelnummer finden Sie in Abbildung 2.
In Abbildung 3 sind einzelne Produktgruppen aufgelistet, die direkt mit der Krankenkasse abgerechnet werden können.
Vergrößernde Sehhilfen
Vergrößernde Sehhilfen haben nun die Aufgabe, die Visusreduzierung durch eine entsprechende Vergrößerung der Netzhautbilder zu kompensieren.
Visusbedarf mit zugeordneten Sehaufgaben
  • Visus 0,8 – Fahrpläne (Bundesbahn)
  • Visus > 0,6 – Telefonbuch
  • Visus 0,5 – Zeitungsdruck, Produktinfos/Supermarkt, Fernseher, Kontoauszüge
  • Visus 0,4 – Zeitungsdruck mit guter Beleuchtung
  • Visus 0,2–0,3 – Sehaufgaben im Greifraum, wie Schalter am Herd oder an der Waschmaschine, Postkarten lesen und schreiben, Maniküre, Küchenarbeiten, sonstige Hausarbeiten.
  • Visus 0,1 – Orientierung im Freien
Der Visus ist aber nicht allein ausschlaggebend, sondern die Lesefähigkeit. Lesen ist nur dann möglich, wenn ein Minimum an Ausdehnung funktionsfähiger Netzhaut vorhanden ist (5° Durchmesser).
Wichtig: Immer die geringst-mögliche Vergrößerung zur Erfüllung der gewünschten Sehaufgabe auswählen, um den höchstmöglichen Sehkomfort zu erreichen (angenehmer Benutzungsabstand, größtmögliches Sehfeld). Die benötigte Vergrößerung berechnet sich über die Formel in Abbildung 4.
Das Beratungsgespräch
Hierbei fließen Erkenntnisse aus der Neurokommunikation und Neuro-Emotionstheorie in das Gespräch mit ein.
Fragen, die sich die Kunden/Patienten stellen:
  • Wo werden meine Bedürfnisse am besten erkannt und erfüllt?
  • Wo werde ich am besten behandelt?
  • Wo fühle ich mich am wohlsten?
  • Wem vertraue ich am meisten?
Um diesen Fragen gerecht zu werden, ist es für den Augenoptiker äußerst wichtig, beim Beratungsgespräch bestmögliche Emotionen zu erzeugen.
Im Bereich der Psychologie hat sich seit etwa 1990 ein neuer Zweig etabliert. Der Bereich der positiven Psychologie wurde erst durch die moderne Computertomografie und diverse weitere technologisch völlig neue Untersuchungs- und Messmethoden möglich.
Man kann heute „life“ die Reaktionen auf das gesprochene Wort im Gehirn beobachten. Für das Beratungsgespräch haben diese neuen Erkenntnisse einen erheblichen Einfluss.
Neue Erkenntnisse zur
Neuroassoziation:
  • Jedes gesagte Wort wird mit allen seit der Geburt gespeicherten Erinnerungen und Assoziationen verbunden und löst damit fest verknüpfte Emotionen aus.
  • Die Wirkung der Worte ist wesentlich höher als bisher angenommen.
Negatives Beispiel:
„Sie sind schwachsichtig, Sie brauchen eine Lupe.“
Diese Formulierung hört man heute leider immer noch. Die Wirkung auf das Beratungsgespräch wird nicht ausreichend berücksichtigt.
Positives Beispiel:
„Ihre Sehleistung hat sich verringert. Mit gutem Licht und Vergrößerung können Sie alle für Sie wichtigen Sehaufgaben weiterhin selbstständig bewältigen.“
Nach den oben angeführten Erkenntnissen ist es daher äußerst wichtig, im Beratungsgespräch alle negativen Begriffe zu vermeiden. Nicht zulange über das Problem sprechen, sondern schnell Lösungen aufzeigen und einen Seherfolg erzeugen muss das erste Ziel jedes Beratungsgespräches sein.
Im Eschenbach Seminar Easy Low Vision wird dieses Thema umfassend behandelt.
Veränderung der Wortwahl
Einfluss auf den Kunden:
  • veränderte Wahrnehmung
  • positive Gesprächsatmosphäre
  • Sie wirken souverän und sympathisch!
  • Sie sind der Problemlöser!
Einfluss auf Sie als Berater:
  • Ihre Einstellung gegenüber dem sehbehinderten Kunden ändert sich
  • Ihre Einstellung gegenüber dem Produkt ändert sich
Aufklärung über das Machbare
Ganz wichtig im Beratungsgespräch ist es, keine falschen Hoffnungen zu wecken, sondern Vetrauen aufzubauen. Mit nachfolgenden Aussagen leiten Sie das Gespräch auf den richtigen Weg.
  • Wir können mit Vergrößerung und Licht die persönlich wichtigsten Sehaufgaben wieder ermöglichen, aber das Sehen ist nicht so klar, deutlich und komfortabel wie früher!
  • Das Sehen mit vergrößernden Sehhilfen ist anders, als gewohnt!
  • Eine Verbesserung der Lebensqualität und Selbständigkeit ist nur durch die Verwendung mehrerer, unterschiedlicher Sehhilfen zu erreichen!
Es gibt keine Sehhilfe für alle Sehaufgaben. Aber: Es gibt für jede Sehaufgabe eine Sehhilfe!
Bedarfsanalyse
Klären Sie in der Bedarfsanalyse, welche Sehaufgaben besonders wichtig sind.
Fragen im
Beratungsgespräch:
  • Wann sind Sie geboren Alter?.
  • Seit wann hat sich Ihr Sehen verschlechtert (seit kurzer Zeit, sofort zum Augenarzt)?
  • Sind Sie in Augenarztbehandlung?
  • Welche Brillen und/oder Sehhilfen haben Sie und wie nutzen Sie diese Hilfsmittel? (Alte Brillen und Sehhilfen mitbringen!)
  • Brillendaten überprüfen gegebenenfalls Refraktion mit verkürzter Prüfentfernung
  • Verändert sich die Sehschärfe? Falls ja: wann, wie oft, krankheitsbedingt, Blutkreislauf, Medikamente?
  • Sind Sie blendungsempfindlich bei Sonnenlicht oder hellen Lichtverhältnissen?
  • Haben Sie Probleme beim Erkennen von Stufen, Glastüren, klaren Wassergläsern?
  • Was möchten Sie gerne wieder Sehen/Lesen und welche Tätigkeiten wollen Sie ausführen, die nicht mehr möglich sind?
Welche Sehaufgaben sind am Wichtigsten?
Briefe, Kontoauszüge, Medikamentenbeilagen, Zeitung, Telefonbuch, Preise, Haltbarkeitsdaten, Fahrpläne, Speisekarte, Handy, Geld, Klingelschilder, Küchenarbeiten, Herd/Waschmaschine bedienen, Waschanleitung/Kleider, Uhr, Rasieren, Maniküre, Kartenspielen, Briefmarken, Bastelarbeiten, Kreuzworträtsel, Zecken entfernen, Garten, Blumenpflege, Handarbeiten, Näharbeiten, Fotos betrachten, Kleingedrucktes in Verträgen, Typenschilder an elektrischen Geräten, Computer usw.
Zur Verbesserung der Lebensqualität und Selbständigkeit bitte die wichtigsten Sehaufgaben zuerst lösen. Das Wichtigste ist, möglichst frühzeitig einen Seherfolg zu erzeugen.
Zeigen Sie ihrem Kunden an praktischen Beispielen, welche einfachen Möglichkeiten es gibt.
Möchte ihr Kunde zum Beispiel beim Einkaufen die Etiketten lesen – hier hilft eine Taschenlupe – siehe Abbildung 5. Oder er möchte nicht auf sein Rätselspaß verzichten – siehe Abbildung 6. Auch klein gedruckte Schrift, wie zum Beispiel bei einem Beipackzettel, ist mit einer speziellen Versorgung wieder machbar – siehe Abbildung 7.
Seherfolg erzielen
Erzeugen Sie einen Seherfolg mit dem Produkt. Demonstrieren Sie die Vergrößerungsleistung der makrolux mit und ohne Licht. Lesen Sie beispielsweise selbst mit der Lupe oder der Lupenbrille. Dadurch sieht der Kunde wie das Lesen mit Sehhilfen funktioniert und kann es nachvollziehen!
Erzeugen Sie jetzt einen Seherfolg durch Ausprobieren.
In den Aussagen gegenüber dem Kunden immer die Verbesserung der Lebensqualität und Selbständigkeit verdeutlichen und so die Einschränkungen (z.B. kleine Sehfelder, kurze Leseabstände) im Sehen mit Sehhilfen relativieren.
Wie gehe ich mit der Frustration des Kunden um?
Eine Einschränkung der Sehkraft bedeutet immer eine Verminderung unserer Lebensqualität. Wir nehmen über 80% unserer Sinneswahrnehmung über das Auge auf. Andere Sinnesorgane können eine Minderung der Sehkraft nur teilweise kompensieren. Das menschliche Auge altert wie andere Organe auch.
Dieser ganz normale Prozess betrifft uns alle. Wenn zusätzlich zum Altersprozess, bedingt durch eine Augenkrankheit, die Sehschärfe unter Visuscc 0,3 liegt, ist eine Veränderung des Sehvorgangs bedingt durch die vergrößernde Sehhilfe unumgänglich.
  • Relativieren Sie die Veränderung des „neuen Sehens mit Vergrößerung und Licht“ durch die Wiedererlangung der gewohnten Lebensqualität und Selbständigkeit!
  • Verdeutlichen Sie den Gewinn an Lebensqualität mit Beispielen aus dem Alltag (Kleingedrucktes in Beipackzetteln, Kreuzworträtsel, Fahrpläne der Bahn, Kontoauszug, Preisschilder etc.).
  • Arbeiten Sie mit Beispielen in welchen Bereichen außerhalb des Sehens die Lebensqualität mit Hilfsmitteln verbessert werden kann, zum Beispiel Gehstock, Einkaufstrolley, Hörgerät, Seniorentelefon, elektrischer Rollladenantrieb, verlängerte Schuhlöffel, elektrischer Sessel
Das gemeinsame Ziel
Die Sehkraft mit Licht und Vergrößerung unterstützen, um die Lebensqualität zu erhöhen.
Für alle Sehaufgaben im Alltag gibt es unterschiedliche Sehhilfen. Auch das sollte dem Kunden/Patienten erläutert werden.
In der Übersicht, siehe Abbildung 9, sind die wesentlichen Unterschiede und die vielfältigen Möglichkeiten dargestellt.
Fazit
Es gibt sehr viele Möglichkeiten den Alltag für Sehbehinderte Menschen zu erleichtern. Für verschieden Sehaufgaben werden jedoch unterschiedliche Hilfsmittel benötigt. Mit der richtigen Auswahl der Sehhilfen kann die Lebensqualität erhöht werden und die Unabhängigkeit im Alltag wieder erlangt werden.
Aktuelles Heft


ao-info-Service

Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der ao-info-Service? Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:













Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum ao-info-Service freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des ao-info-Service.
AGB
datenschutz-online@konradin.de