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Altersbedingte Augenkrankheiten wachsen stetig

Anpassung von Sehhilfen
Altersbedingte Augenkrankheiten wachsen stetig

Altersbedingte Augenkrankheiten wachsen stetig
Portrait of a mature woman enjoying life
„Man kann dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben.“ Diese chinesische Weisheit fasst das Leitbild der Zielgruppe 60+ prägnant zusammen. In Zeiten des demografischen Wandels wird diese Zielgruppe – und aufgrund altersbedingter Augenkrankheiten mit ihr der Low Vision-Sektor – stetig wachsen. Die Zielgruppe 60+ stellt schon heute andere Ansprüche an ihre Lebensführung als noch vor 10 Jahren – sie sind „im Kopf jünger geblieben“ als ihre Vorgänger-Generationen. Deshalb stehen Werte wie Unabhängigkeit, Mobilität und ein selbstbestimmter Alltag für Sie weiterhin im Fokus – unabhängig von körperlichen Einschränkungen.

Mit dieser Artikelserie bereiten wir Sie auf den Zukunftsmarkt „Low Vision“ vor. Wir zeigen Ihnen anhand eines Leitfadens auf, welche Potenziale schon jetzt in Ihren Kundenstämmen schlummern und wie Sie diese aktivieren – praxisnah und anwenderorientiert. Die Redaktion führte ein Interview mit Meike Reinecker, Geschäftsführerin der Reinecker Reha-Technik GmbH.

Redaktion: Frau Reinecker, wie ist Ihr Produktportfolio aufgebaut?
Meike Reinecker: Seit fast 40 Jahren beschäftigen wir uns mit der Entwicklung und Produktion von opto-elektronischen Bildschirmlesesystemen und Vorlesesystemen. Unsere Systeme vertreiben wir in Deutschland als Direktlieferant bzw. über ein enges Netz von kooperierenden Augenoptikern. Der weltweite Vertrieb wird aus unserer Zentrale in Alsbach mit unseren 100 Auslandspartnern gesteuert.
Eine optimale Low Vision-Versorgung setzt sich immer aus Optik und Opto-Elektronik zusammen, um verschiedene Alltagsprobleme zu lösen. Zum Beispiel eignen sich optische Fernrohrlupen, um in die Ferne zu sehen und zu erkennen, ob sich die richtige Buslinie nähert. So eine Situation wäre mit einem opto-elektronischen Lesesystem nicht zu bewältigen. Deshalb müssen immer beide Komponenten bei einer Beratung einbezogen werden.
Darüber hinaus fragen uns viele Kunden, wie sie ihren Alltag zusätzlich erleichtern können. Schon allein um diesen Anforderungen gerecht zu werden, versuchen wir, unser Portfolio kontinuierlich sinnvoll zu ergänzen und zu verbessern. Dies gilt sowohl für unsere opto-elektronischen Lesesysteme als auch für Alltagshilfen.
Redaktion: Welche Arbeitsschwerpunkte ergeben sich aus Ihrem Portfolio?
Meike Reinecker: Unsere Arbeitsschwerpunkte haben sich in den letzten Jahren langsam verändert und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen: Lag früher der Fokus auf der Versorgung von Patienten gesetzlicher Krankenkassen mit Standard-Lesesystemen, rückt das Privatgeschäft heute immer mehr in den Vordergrund. Das liegt darin begründet, dass die Ansprüche der Kunden an Ihre Lebensführung gestiegen sind. Noch vor 15 Jahren war es für den Kunden ausreichend über ein stationäres Bildschirmlesesystem zu verfügen, das ein paar Mal pro Woche in Gebrauch war. Heute möchten sich viele Kunden durch eine Sehbehinderung nicht in ihrer Lebensweise einschränken lassen: Die neuen Lesesysteme müssen mobil sein und sollten den Anwendungszweck nicht auf den ersten Blick erkennen lassen. Sie empfinden sich selbst nicht als behindert und ein unauffälliges Hilfsmittel unterstützt sie dabei, keine Aufmerksamkeit auf ihre Einschränkung zu lenken.
Von den Kunden wird für diesen „unbezahlbaren Wert“ gern auch tiefer in die Geldbörse gegriffen – mehrere, sich ergänzende Hilfsmittel, sowohl aus privater Hand als auch von einer Krankenkasse mitfinanziert, sind dann keine Seltenheit mehr.
Darüber hinaus gehen immer mehr „junge Alte“ online. Sie informieren sich über das Internet, shoppen oder buchen Reisen online. Bei den 60– bis 69-Jährigen bewegen sich 48,5% im Web (Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: „Initiative Internet erfahren – Gemeinsam durchs Netz“, S. 8). Wird diese Gruppe presbyop und ist nicht mit einer Brille korrigierbar, stehen an einen PC anschließbare, vergrößernde Lesesysteme natürlich an erster Stelle für eine Kaufentscheidung, um weiterhin die gewohnte Lebensführung beibehalten zu können. Dieser Kundenstamm ist auch gern bereit, für mehr Funktionalitäten einen privaten Aufpreis zu bezahlen oder das Lesesystem gänzlich privat zu kaufen.
Dieser Trend ist ungebrochen und wird sich noch weiter steigern – gerade weil der Informationsbedarf unglaublich groß ist. Vielen Mitbürgern ist noch gar nicht bewusst, welche Möglichkeiten zur Erleichterung anspruchsvoller Sehaufgaben am PC es gibt – auch unabhängig einer Alterssichtigkeit.
Redaktion: Welche Kooperationsmöglichkeiten bieten Sie Augenoptikern an?
Meike Reinecker: Die Kooperationen mit unseren Augenoptikern sind ganz unterschiedlich aufgebaut und orientieren sich an der eigenen Unternehmensgröße des Augenoptikers. Entweder der Augenoptiker übermittelt uns einen Kunden und wird dafür mit einer Aufwandsentschädigung für die Vermittlung bedacht oder er vereinbart mit einem unserer Mitarbeiter einen Blocktermin, an dem mehrere Low Vision-Kunden nacheinander beraten werden. So positioniert sich der Augenoptiker für seine Kunden als kompetenter Ansprechpartner ohne eigenes Personal für diese zeitintensiven Beratungen zur Verfügung stellen zu müssen. Manchmal führt diese Vorgehensweise sogar zu regelmäßigen „Sprechstunden“. In einer dritten Variante führt der Augenoptiker die Testung selbst durch und bekommt ein Leihgerät von uns zur Verfügung gestellt.
Gern unterstützen wir unsere Augenoptiker auf Anfrage auch auf Veranstaltungen wie z.B. Haus- oder Seniorenmessen. So deckt der Augenoptiker den reinen optischen Bereich und ein Reinecker-Mitarbeiter den opto-elektronischen Teil ab.
Sie sehen – die Möglichkeiten sind vielfältig und werden im persönlichen Gespräch vereinbart. Einen Vorteil haben jedoch alle Varianten: Der Kunde fühlt sich verstanden und gut betreut und wird dieses Vertrauen in den Service „seines Augenoptikers vor Ort“ im Verwandten- und Freundeskreis kund tun. Und bekanntlich kann eine gute Empfehlung Gold wert sein.
Redaktion: Wie unterstützen Sie Ihre Augenoptiker darüber hinaus?
Meike Reinecker: Uns ist bewusst, dass gerade kleine Optik-Fachgeschäfte neben der Kundenbetreuung wenig Zeit für administrative Aufgaben aufbringen können. Deshalb unterstützen wir unsere Augenoptiker auf Anfrage bei der Abwicklung mit Kostenträgern und bieten Einführungen in den Low Vision-Bereich an. Darüber hinaus stehen auf unserer Homepage Textvorlagen für z.B. Pressetexte oder Mailings, Anzeigenvorlagen oder Display-Präsentationen zur Verfügung. Alle Unterlagen können kostenfrei auf unserer Homepage unter dem Menüpunkt Service/Downloads/Marketingunterstützung herunter geladen werden und werden konsequent erweitert. Zusätzlich bieten wir bei Kooperations-veranstaltungen weitere Hilfestellungen an.
Redaktion: Was hat Sie bewegt, sich für diese Serie als Partner zur Verfügung zu stellen?
Meike Reinecker: Seit gut 40 Jahren vertreiben wir unsere Produkte direkt. Seit den 80er Jahren findet der Verkauf verstärkt auch über den Augenoptiker statt. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit dem Augenoptiker neue Kunden zu gewinnen sowie die Bestehenden langfristig zu versorgen. Dazu muss jedoch eine Sensibilisierung potenzieller Kunden im Vorfeld stattfinden. Oftmals ist dieses Ziel sehr langfristig angelegt, aber wie sagt man so schön: „Steter Tropfen höhlt den Stein“. Gerade junge Augenoptiker, die mit Freude und Engagement den Low Vision-Bereich voran treiben, können sich auf diese Art und Weise als vertrauensvoller Ansprechpartner in jeder Lebensphase des Kunden positionieren. Ein Blick über den eignen Tellerrand ist dafür natürlich nötig, aber er garantiert „Kundenbindung pur“. Denn der Augenoptiker, der sogar „unserer Oma das Lesen wieder ermöglicht“, kommt in der Regel mit seinem Hauptaufgabengebiet auch für die „gleitsichtfähige Begleitperson“ als Optik-Berater infrage.
In früheren Jahren wurde es uns als negativ angelastet, dass wir mit unseren eigenen Fachgeschäften Direktvertrieb betreiben. Letztendlich haben wir mit dieser Vorgehensweise jedoch für alle, an Low Vision interessierten Augenoptikern, einen „Testballon fahren lassen“. Heute können wir resümieren: Man kann mit Low Vision Geld verdienen und sich damit als Augenoptiker ein zweites Standbein aufbauen.
Bislang haben wir uns mit unseren Produkten in einer hochspezialisierten Nische bewegt, aber die Veränderung der Alterspyramide macht aus unserem Geschäft einen Zukunftsmarkt mit großem Potenzial. Bereits 2020 wird der Prozentsatz der über 60-jährigen ca. 5% höher liegen als derzeit. Und dieser Satz steigt bis 2060 um nochmals knapp 10%. (Statistisches Bundesamt, Begleitmaterial zur Pressekonferenz „Bevölkerung Deutschlands bis 2060 – 12. koordinierte Bevölkerungsvorausrechnung“ am 18.11.2009 in Berlin). Auf dieses Potenzial sollten wir alle vorbereitet sein.
Und das Low Vision-Geschäft hat noch einen großen Vorteil: Am Ende des Tages hat man seiner Arbeit einen Sinn gegeben, der über den Geldwert hinaus geht. Sie glauben nicht wie dankbar mancher Kunde ist, wieder lesen zu können. Das sind die Momente, die einen am meisten für die Mühe belohnen.
Sogar meine Großmutter könnte dieses Glücksgefühl wieder lesen zu können bestätigen. Da Sehbehinderungen in unserer Familie liegen, war sie die erste, die von dem Erfinderreichtum meines Vaters profitierte. Bis zu ihrem Tod las sie mit ihrem „Fernsehlesegerät“, wie mein Vater sie damals taufte.
Heute erleben nahezu 8.000 Menschen jährlich dieses neue Lesegefühl – allerdings auf einem technischen Stand, der mit den Anfängen nur noch wenig gemeinsam hat.
Redaktion: Vielen Dank, Frau Reinecker, für dieses Interview.
Meike Reinecker: Ich habe zu danken, Herr Tischer, und freue mich auf die weitere gemeinsame Arbeit.
Artikel-Vorschau:
  • Ausgabe 2: Identifizierung und Aktivierung von (potenziellen) Low Vision-Kunden.
  • Ausgabe 3: Ablauf einer Low Vision-Beratung – Medizinische Hintergründe sowie Wünsche, Ängste, Bedürfnisse der Kunden.
  • Ausgabe 4 und 5: Optimale Kundenversorgung: Die Bandbreite der Low Vision-Hilfsmittel.
  • Ausgabe 6: Dokumentation einer Low Vision-Beratung.
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