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Der Zeit immer einen Blick voraus

Brillentrends
Der Zeit immer einen Blick voraus

„Der Mann, der die Eyewear-Revolution begründete, hieß Oliver Goldsmith. Er ist für Sonnenbrillen, was Vidal Sassoon für die Haare und was Mary Quant für Bekleidung sind“, schrieb die „Times“ im Jahr 1970. Mittlerweile in vierter Generation geführt, steht das Traditionsunternehmen Oliver Goldsmith heute nach wie vor für Brillenmode ohne Verfallsdatum.

Autorin | Viola Losemann

Den Namen „Eyewear“ hat Oliver Goldsmith schon früh wörtlich genommen. 1926 im Londoner Stadtteil Soho gegründet, verkaufte er seine Brillen erstmals aus einem mobilen Brillenwagen heraus. Diese wurden damals noch in echtem „Turtleshell“ gearbeitet.

Die Brille war zu dieser Zeit vor allem ein medizinisches Produkt, das man nur trug, wenn es nicht mehr anders ging. Zudem waren die gestalterischen Möglichkeiten in diesen Tagen sehr eingeschränkt. Die Materialien Schildpatt oder Metall waren entweder zu teuer oder viel zu unbequem. Von Brillenmode war also nicht die Rede, denn was man so auf den Nasen sah, war alles andere als schmeichelhaft. Und so kam der Pionier Oliver Goldsmith auf die Idee, mit dem Knopfhersteller von der anderen Straßenseite einen „Deal“ auszuhandeln. Der lautete: „Tausche Brille gegen Plastik.“ Der Knopfhersteller willigte ein und der Handel verhalf ihm zu einer neuen gestalterischen Freiheit von Farbe und Material. Schon bald hatte er eine Reihe an Stammkunden, die zu seinen ersten Werbeträgern wurden.

Im zweiten Weltkrieg wurde der Betrieb kurzfristig eingestellt, weil das Unternehmen für das Militär verpflichtet wurde. Nach Ende des Krieges nahm man den Betrieb wieder auf und dem Sohn Charles Goldsmith war sofort klar, dass die Firma nun dringend wieder Werbung brauchte. Und diese stellte sich glücklicherweise wie von selbst ein.

Es war Diana Dors, die dem Unternehmen 1956 zu internationaler Aufmerksamkeit verhalf. Die Schauspielerin trug auf den Filmfestspielen in Cannes erstmals eine Sonnenbrille von Oliver Goldsmith, die Marchand, die dank der Veröffentlichungen in der Presse um die Welt ging. Im gleichen Jahr beauftragte der Modedesigner Teddy Tingling Charles Goldsmith. Der Designer, der sich auf Tennismode spezialisiert hatte, war auf der Suche nach jemandem, der für das Grand-Slam-Turnier eine passende Brille gestalten sollte. Charles Goldsmith entwarf die „Tennis Racquets“, die in die Geschichte des Tennis eingingen und noch heute im Wimbledonmuseum ausgestellt werden.

Markenidentität versus Produktmarketing

1985 begannen die großen Modehäuser Dior, Gucci, Chanel u.a. Lizenzen zu vergeben. Retrofassungen waren plötzlich nicht mehr en vogue. Die Nachfrage ging zurück und so entschied man, die Produktion einzustellen. In den Nullerjahren gab es eine Trendwende, was die Markenpolitik anbelangte und Retrofassungen wurden erneut angefragt.

Doch der Endverbraucher wollte nicht nur Replikas, sondern Produkte, die eine eigene Identität vorweisen konnten, d.h. mit Qualität, Handwerk und zeitlosem Design aufwarten konnten. Claire Goldsmith, die Urenkelin des Gründers, erkannte diesen Trend schon früh. Gemeinsam mit ihrem Onkel Oliver Goldsmith, der den Namen seines Großvaters trägt, führt sie das Unternehmen mittlerweile in vierter Generation.

Claire Goldsmith studierte Marketing und Einzelhandel in Manchester und beschäftigte sich im letzten Jahr ihres Studiums intensiv mit dem Thema Traditionsmarken. Eine zentrale Frage ihrer Arbeit lautete: Wie transzendiert man eine Traditionsmarke immer wieder aufs Neue, um zeitgemäß zu bleiben? „Das war ein Prozess. Und so reifte ihn mir mehr und mehr die Idee, Oliver Goldsmith wieder aufleben zu lassen“, sagt sie. Ihr Onkel war zunächst skeptisch und stellte die Bedingung: „Such’ Dir erst einmal einen Job, bevor Du loslegst!“ Sie folgte dem Rat des Onkels und arbeitete fünf Jahre in einem großen Unternehmen als Marketingassistentin, bevor sie 2005 ein weiteres Mal das Gespräch mit ihm suchte. „Jeder will jetzt Retro-Fassungen. Wir müssen jetzt auf diesen Zug aufspringen, bevor es zu spät ist“, insistierte sie.

Charles Goldsmith willigte ein, und so fertigte man zunächst eine kleine Serie aus dem Vintagearchiv. Oliver Goldsmith hat nicht nur den Namen seines Großvaters geerbt, sondern auch eine stattliche Anzahl an Originalfassungen des Vaters und Großvaters. Es sind u.a. Ikonen der Mode-, Film- und Kultgeschichte des „Swinging London“ der 50er- und 60er-Jahre.

Zu den Kunden, die damals regelmäßig die Goldsmith Geschäftsräume in der Poland Street aufsuchten, gehörten u.a. Stars wie Peter Sellers, Grace Kelly, Frank Sinatra und Nina Simone. Heute befindet sich das Vintagearchiv im Londoner Szeneviertel Notting Hill. Dort kann man die Geschichte und die damit verbundene Tradition der Familie hautnah erleben. Alle Sonnenbrillen und Korrektionsfassungen, die von 1926 bis 1985 entworfen wurden, sind hier archiviert, wie z.B. die legendäre Fassung von Michael Caine aus dem Film „Ipcress – streng geheim“ von Harry Palmer oder die große weiße Fassung von Audrey Hepburn, die ihr elfenbeingleiches Gesicht zierte. Sie wurden zu richtungsweisenden Stil-Ikonen der 50er und 60er Jahre. „Das zeichnet uns aus. Fast jede Fassung können wir zeitlich seinem Protagonisten zuordnen“, erklärt Claire Goldsmith.

Die Brille kommt groß in Mode

Ihr ging es von Anfang an darum, sich nicht auf den Lorbeeren ihrer Vorfahren auszuruhen. „Wir sind zwar die älteste unabhängige Brillenmarke weltweit, doch mir ist klar, dass ich die Generation bin, die dieses Unternehmen in sein 100-jähriges Bestehen führen wird. Und das wird uns nur gelingen, wenn wir der Zeit immer einen Blick voraus sind“, sagt sie.

Sie und ihr Onkel sind eine gelungene Symbiose aus gelebter Familientradition und visionärem Marketing ganz in Sinne ihres Urgroßvaters. „Die Brille war bei uns zuhause immer ein Thema. Ich kann mich noch erinnern, dass wir in den Ferien immer in die Fabrik sind, um gemeinsam mit unserem Opa Brillen einzupacken, erinnert sie sich. „Er hat immer davon gesprochen, dass die Brille nicht nur ein medizinisches Produkt, sondern vorallem ein Modeaccessoire ist.“ Anlässlich der Modenschauen im Jahre 1966 lässt Charles Goldsmith für sich und seine beiden Söhne Oliver und Ray weiße Anzüge schneidern. „Wir sind im Modegeschäft! Wir sollten so aussehen, als ob wir Mode machen“, sagte er der Presse.

Bald beauftragten Modeschöpfer wie Dior und Givenchy Oliver Goldsmith mit der Gestaltung von Sonnenbrillen. Und die Bambusfassungen und Schmetterlingsformen machten mehr Furore auf den großen Schauen als die Mode selbst. Auch die Punkbewegung begleitete man mit Modellen aus dem Hause Goldsmith. Veröffentlichungen in der Vogue, der Vanity Fair und anderen internationalen Modezeitschriften halfen die Marke zudem über England hinaus bekannt zu machen. Und selbst die Royals trugen OG. Princess Diana wurde im Jahr 1972 mehrfach mit einer weißen Brille beim Besuch ihrer Mutter in Australien abgelichtet. Ein befreundeter Reporter, der über gute Kontakte zum Buckingham Palace verfügte, setzte sich bei den Royals dafür ein, dass man die Bilder offiziell für Werbezwecke nutzen konnte.

Bis heute kann man die sogenannten OG-Icons sozusagen maßanfertigen lassen. Dieser Couture-Service ermöglicht dem Kunden aus einem Archiv von über 400 Brillen seine ganz persönliche Korrektionsfassung oder Sonnenbrille auszuwählen. Und ähnlich wie in der Maßschneiderei steht ihm dazu eine große Anzahl an Farben und Mustern zur Verfügung. Jede von ihnen ist „handmade in Britain“. Darüber hinaus gibt es die OG family, eine Serie aus zwanzig Fassungen aus dem Vintage-Archiv, die jedes Jahr zu einer neuen Kollektion zusammengestellt werden und deren Zeitspanne von den frühen 40ern bis hin zu den ausdrucksstarken Modellen aus den 80ern reicht. Hinzu kommt seit 2007 die CG Optical von Claire Goldsmith, eine klassische und zeitlose Korrektionslinie. Die Kindersonnenbrillenkollektion OG minis sind seit 2011 erhältlich.

„Der Markt verändert sich im Moment rapide. Man hat uns mehrfach gebeten, uns vom Onlinegeschäft fernzuhalten. Doch dem können wir uns nicht entziehen, auch wenn wir eine Traditionsmarke sind“, sagt Claire Goldsmith. Zur opti in München wird es eine neue Linie geben, die den Namen „Decades“ trägt. Die Kollektion umfasst neun Modelle, die jeweils für ein Jahrzehnt stehen. Die jeweilige Brille repräsentiert, was im jeweiligen Zeitabschnitt passierte. Zusammen ergibt sich daraus eine Zeitachse aus Entwürfen der letzten 90 Jahre Oliver Goldsmith. Man darf gespannt sein, wie diese 90 Jahre Brillengeschichte aussehen werden.

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