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Der Bernsteinoptiker

Reiner Hemmerich, Ostseebad Binz
Der Bernsteinoptiker

Bei 9.971 Betriebsstätten bundesweit wird es immer wichtiger, sich zu spezialisieren und etwas anderes zu bieten als der Mitbewerber, der oft an der nächsten Ecke sitzt. Einer, der sich auf besondere Art und Weise spezialisiert hat, ist Reiner Hemmerich. Er ist – zumindest in Deutschland – der einzige Bernsteinoptiker.

Reiner Hemmerich kommt aus Schwalmstadt in Nordhessen. Einer Gegend, die gern Hessisch-Sibirien genannt wird. Einer Gegend, die ihrer Jugend vielleicht noch einen Ausbildungsplatz, aber Jemandem mit Ambitionen ein weiteres Fortkommen kaum bietet. Hemmerich verließ nach Augenoptiker-Ausbildung und Bundeswehr Nordhessen und ging ins Schwabenland. In Stuttgart gefiel ihm nicht nur die Gegend, auch die beruflichen Chancen erschienen ihm besser. Er arbeitete bei Binder und Karstadt und sammelte Erfahrungen, bis es ihn nach einigen Jahren weitertrieb. Zusammen mit seiner Frau – einer Schwäbin – hatte er die Liebe zum Meer entdeckt. Ein Angebot von Fielmann in Wedel brachte den Umzug nach Norddeutschland und damit dem Meer ein entschiedenes Stück näher.

Selbständigkeit
„Meine Arbeit bei Fielmann hat mir Erfahrungen gebracht, auf die ich nicht verzichten möchte. Es bestand damals doch ein großer Unterschied zu den traditionellen Augenoptikern und ich habe gelernt, werkstatt- und refraktionsmäßig im Akkord zu arbeiten,“ erzählt Reiner Hemmerich. Gleichzeitig brachte diese Zeit den Wunsch nach Selbständigkeit. Erst mal ging es zurück in den Süden – Meisterschule in Karlsruhe. Mit dem ‚Meister in der Tasche’ arbeitete Hemmerich noch zwei weitere Jahre beim großen Filialisten, bis sich für ihn die Chance ergab, einen eigenen Laden zu übernehmen. Ein Augenoptiker wollte altershalber aufhören, bot sein Geschäft in der Hamburger Innenstadt an, das Ehepaar Hemmerich griff zu.
Erste Beschäftigung mit Bernstein
Der erste Urlaub auf der Insel Rügen brachte den Anstoß zu einer weiteren Veränderung. Tina Hemmerich mochte schon immer Bernsteinschmuck. Auf der Insel ist es fast unmöglich, ‚am Bernstein vorbeizukommen‘. Er wird in jeglicher Form – verarbeitet oder als Rohbernstein – angeboten. Frau Hemmerich brachte ihren Mann auf die Idee, sich mit diesem Stein – der in Wirklichkeit ja kein Stein sondern ein Harz ist – zu beschäftigen. Sie dachte daran, kleine Schmuckstücke für sich oder Freunde anzufertigen. Ein Rohbernstein wurde gekauft, der Augenoptiker begann, sich mit dem Material zu beschäftigen. Was ist möglich, wie verhält er sich, was kann man damit machen, wie ihn verarbeiten. Fragen, die er geklärt haben wollte.
Bernstein und Brille
Die Experimentierphase begann, Lehrgeld wurde gezahlt, Fortschritte erzielt. Es wurden Kleinstwerkzeuge gesucht und gefunden. Von der kleinen Kreissäge bis zum Minibohrer wurde Werkzeug angeschafft. Die ersten Dinge entstanden. Es musste ein Kleber gefunden werden, der den Bernstein dauerhaft mit einem Untergrund verband. Der handelsübliche Zwei-Kompo-nenten-Kleber reichte nicht aus, Reiner Hemmerich entwickelte einen Drei-Komponenten-Kleber. Der nächste Schritt zur Brille war dann nur logisch. Auch hier war eine Menge Entwicklungsarbeit notwendig. Der Bernstein – ein äußerst diffiziles und schwer zu händelndes Material – konnte ‚nur’ als Applikation an eine Fassung gebracht werden. Es galt, den richtigen Punkt herauszufinden, der der Brille die Gebrauchsfähigkeit erhielt und trotzdem auffallend und schön wirkte. Eine Verankerung mit der jeweiligen Fassung musste sicher sein. Alles nicht ganz einfach und mit ungeheurer Geduld und Handarbeit verbunden. Die ersten Fassungen wurden mit viel Erfolg schon in Hamburg verkauft.
Vielleicht auch durch die Arbeit mit dem Bernstein, dem Gold des Meeres, entschied sich das Ehepaar Hemmerich, noch näher ans Meer zu ziehen. „Wir wollten so nah wie möglich am Wasser sein. Noch näher, als es in Hamburg möglich ist. Sylt war im Gespräch und die Nordsee. Nur kann man das als normaler Mensch nicht bezahlen. Wir kamen dann auf die Idee, nach Rügen zu gehen. Hier ist noch so ein bisschen Aufbruchstimmung und der Neuanfang hat auch gut geklappt.“
Der Kurort Binz hat im Winter eine Einwohnerzahl von 6.000 Menschen, die sich im Sommer leicht auf 18.000 erhöht. Zwei weitere Augenoptiker leben im Ort. Hemmerich, der inzwischen als Bernsteinoptiker bekannt ist, ist zusätzlich darauf spezialisiert, Aufträge besonders schnell auszuführen.
Bernsteinspezialisten
Seine Handzettel liegen in allen Hotels des Ortes und weisen auf seinen Service hin. Dadurch gibt es natürlich während der Saison keine ruhige Minute, es wird an sieben Tagen in der Woche gearbeitet. Die Bäderregelung an der gesamten Küste Mecklenburg-Vorpommerns erlaubt das. Freizeiten werden außerhalb der Saison genommen.
Reiner Hemmerich und seine Frau haben sich zu regelrechten Bernsteinspezialisten entwickelt und geraten leicht ins Schwärmen. „Echter Bernstein ist unglaublich vielfältig und jedes Stück einmalig. Wir zeigen gern die Möglichkeiten auf, die zur jeweiligen Fassung passen.“
Eigene und fremde Vorschläge
Jederzeit fertigen sie auf Anfrage Schmuck, verkaufen natürlich auch an Kollegen ihre ebenfalls entwickelten Bernstein-Pads und führen eigene und fremde Vorschläge aus. Informieren Sie sich einfach mal unter www.Bernsteinoptiker.de und falls Sie mal nach Binz kommen, das wirklich eine Reise wert ist, halten Sie einfach Ausschau. Abends, vielleicht nach einem kleinen Unwetter, sehen Sie unter Umständen ein Paar, das am Strand entlangwandert und die Augen auf den Sand richtet.
Das kann dann das Ehepaar Hemmerich sein, das nach angespültem Rohmaterial Ausschau hält. Rohmaterial für den Bernsteinoptiker.
Ulla Schmidt
Fotos: Frank Herrmann, Schmidt
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