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„Es fehlt ein bisschen kreatives Unternehmertum“

Interview mit ZVA-Präsident Thomas Nosch
„Es fehlt ein bisschen kreatives Unternehmertum“

„Es fehlt ein bisschen  kreatives Unternehmertum“
Thomas Nosch, seit März 1999 Präsident des ZVA
Gesundheitsreform, Streit mit Krankenkassen, Gesetzgeber und Augenärzten, mitunter unglückliche Darstellung in den Medien, sinkende Mitgliedszahlen – dem Zentralverband der Augenoptiker bläst der Wind ins Gesicht. Chefredakteur Theo Mahr sprach für das Magazin „DER AUGENOPTIKER“ mit dem Präsidenten des ZVA, Thomas Nosch.

Herr Nosch, sie sind seit März 1999, also ziemlich genau fünf Jahre, Präsident des ZVA. Macht’s Ihnen noch Spaß? Oder anders gefragt: Warum tun Sie sich das an?

Ach wissen Sie, ich bin tief verwurzelt in dieser Branche und führe ein Unternehmen in der vierten Generation. Vielleicht kommt von daher mein gesteigertes Interesse am Berufsstand. Ich mache das aus Überzeugung und natürlich auch, weil ich Bestätigung finde.
Ist aber nicht immer ganz leicht angesichts der Verbandsstrukturen, oder?
Stimmt.
Warum ändern Sie sie nicht?
Das tun wir schon. Wir haben bereits viele Dinge auf den Weg gebracht, um den Verband „flott“ zu machen. Vieles braucht allerdings sehr lange, da die Entscheidungswege nun einmal durch die Satzung vorgegeben sind. Diese Entscheidungen sind nach außen nicht unbedingt sichtbar und insofern für viele Kollegen schwer nachzuvollziehen.
Wünschen Sie sich nicht manchmal, sie könnten ähnlich forsch agieren wie große Augenoptik-Unternehmer?
Schlecht wäre das nicht. Aber ein Beispiel zu dieser Frage: Wir haben im März bei unserer Mitgliederversammlung in Warnemünde vorgeschlagen, dem Präsidium mehr Handlungsspielraum zu geben, um damit Entscheidungen schneller treffen und vor allen Dingen auch umsetzen zu können.
Ergebnis?
Die Mitglieder haben’s abgelehnt. Und das, obwohl das nicht unsere subjektive Einschätzug war, sondern das Ergebnis einer unabhängigen Studie über den Verband und seine Handlungsfähigkeit.
Also wird solange abgestimmt, bis keiner mehr weiß, worum es eigentlich ging?
So extrem würde ich es nicht formulieren. Aber es ist schon so, dass praktisch das Präsidium seine Ideen durch die Gremien des Verbandes tragen muss. Das führt – bei allem guten Willen und Sachverstand – zur Verwässerung der Ideen.
Und manche verschwinden ganz.
Das kann schon passieren.
Kann man da als Präsident nicht mal auf den Tisch hauen und sagen: „Da geht’s lang!“?
(lacht) Die schwierigste Aufgabe des ZVA-Präsidenten ist es, den Haufen zusammenzuhalten. Das kostet unheimlich viel Energie und Zeit. Austrittsdrohungen sind nicht an der Tagesordnung, aber auch nicht gerade selten.
Verstehe ich Sie richtig: Sie brauchen einen Großteil ihrer Kraft, um die Mitglieder bei der Stange zu halten? Und haben deswegen weniger Energie für beispielsweise größere Öffentlichkeitswirkung?
So können Sie das verstehen, ja.
Der ZVA ist aber doch ein recht stabiler Verband, was die Mitgliedszahlen angeht.
Ja, das stimmt. Das ist also schon als Erfolg unserer Arbeit zu verbuchen. Bis 2002 war die Zahl der Innungsmitglieder stetig steigend. 2003 verzeichnen wir allerdings erstmals einen kleinen Rückgang. Das führt natürlich auch zu einer gewissen Nervosität bei den Verantwortlichen in den Landesverbänden.
Für die haben Sie doch einiges erreicht in den letzten fünf Jahren. Oder zählt das nicht?
Manchmal könnte man das fast glauben. Aber wir haben in der Tat vieles erreicht. Wir, nicht ich!
Zum Beispiel.
Ich antworte nur mal in Stichworten. Die Hamburger sind in den ZVA zurückgekehrt,…
…die Hessen nicht!
Die wollen nicht. Da habe ich unendliche Gespräche geführt, dass selbst meine Präsidiumskollegen gesagt haben, ich solle es doch langsam mal sein lassen. Irgendwann habe ich’s eingesehen.
Und die Franken?
Die Franken wären gerne in den ZVA gekommen, allerdings als eigenständiges Mitglied. Das wiederum geht laut Satzung nicht. Sie hätten den Bayern zutreten müssen, um damit in den ZVA zu gelangen. Das wollten die Franken aber nicht. Also – Thema erledigt. Zumindest vorerst.
Wir waren bei den Erfolgen.
Wir haben den „Fachverkäufer Augenoptik“ auf den Weg gebracht. Wir haben viele Häuptlinge in der Branche, aber uns fehlen die Indianer in den Betrieben. Mit dem Fachverkäufer können wir dem entgegentreten. Bis es die ersten gibt, gehen freilich noch einige Jahre ins Land.
Seit 1999 haben wir eine eigene Werbekampagne. Darüber hinaus haben wir Verwaltung und Sekretariat des ECOO in Düsseldorf angesiedelt, das Fortbildungszentrum in Knechtsteden gebaut und dafür viele öffentliche Mittel gewonnen, genauso wie die HFAK.
Insgesamt stehen wir im internationalen Vergleich sehr gut da.
Jetzt sollen Ihrer eigenen Einschätzung zufolge etwa 1000 bis 1500 augenoptische Betriebe unter erheblichen Druck geraten.
Das ist richtig. Es ist doch logisch: Wenn im letzten Jahr etwa 1000 Betriebe in echten finanziellen Nöten waren, dann sind die in Kürze weg.
Inwieweit hilft da das Klagen wegen der Haltung der Krankenkassen bezüglich der Augenglasbestimmung?
Das weiß ich nicht. Wir als Verband werden gegen die Ungleichbehandlung von Augenärzten und Augenoptikern klagen. Das Ergebnis kenne ich nicht. Andererseits: Es muss doch Kernziel sein, dass die Augenoptiker die Augenglasbestimmung generell und tatsächlich verkaufen.
Das machen nicht sehr viele, oder?
Nein, ich habe den Eindruck, dass viele nur davon reden. Übrigens auch durchaus prominente Augenoptik-Unternehmer. Wenn ich als Augenoptik-Unternehmer mal einfügen darf: Wir berechnen seit zwölf Jahren jede Refraktion und werden das auch weiterhin tun.
Geben Sie doch mal eine praktische Anregung.
Gerne. Wir berechnen jedem Kunden pro Minute Refraktionsraum einen Euro. Wer mehr Aufwand benötigt, zahlt also mehr. Wir weisen das auf der Rechnung separat aus und haben damit seit zwölf Jahren überhaupt kein Problem.
Oder nehmen Sie die Screening-Methoden, die wir für Augenoptiker ermöglicht haben. Wer setzt es denn um?
Was fehlt denn Ihren „Kollegen“?
Es fehlt ein wenig kreatives Unternehmertum in der Augenoptik. Manche Kollegen denken immer noch, sie seien die „Anwälte“ ihrer Kunden. Dabei sollten sie Unternehmer sein.
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