Startseite » News » Betrieb »

Ist wirklich alles schon zu spät?

Insolvenz
Ist wirklich alles schon zu spät?

„Insolvenz bedeutet nicht zwangsläufig das Ende des Geschäftsbetriebes. In nicht wenigen Fällen von Unternehmensinsolvenzen wird der Geschäftsbetrieb während und nach der Insolvenz weitergeführt, da der Betrieb im Insolvenzverfahren saniert und somit wieder wettbewerbsfähig werden konnte“ (Broschüre Insolvenz: Vermeidung und Verlauf – Ein Ratgeber). Insolvenz ist keine Zwangsläufigkeit. Welche Maßnahmen der Inhaber eines mittelständischen Hauses aus der Augenoptik ergreifen kann, um sie abzuwenden, darüber informiert der folgende Beitrag an ausgewählten Beispielen.

Vermeidung und Verlauf (Ein Ratgeber)
Das Kommunalforum für Wirtschaft und Arbeit in Dresden hat die Broschüre Insolvenz: Vermeidung und Verlauf (Ein Ratgeber) herausgegeben. Sie steht im Internet bei der IHK Dresden (www.dresden.ihk.de, Wahl: Service A – Z, Publikationen, Starthilfe und Unternehmensförderung) zum Download bereit. Die Unterlage stellt in sechs Kapiteln vor, welche präventiven Maßnahmen eine Firma in Krisensituationen ergreifen kann. In der Einführung (Grundkenntnisse der Krisensituation im Unternehmen) geht es um Fragen wie Fehler in der Gründungsphase (etwa zu hohe Fremdverschuldung) oder Krisenelemente in einer rentablen Firma. Hier heißt es treffend: „Es ist absolut wichtig, die Liquidität permanent zu planen!“ Entsprechende Checklisten, in die der Augenoptiker nur noch seine eigenen Daten einzutragen hat, befinden sich in der Anlage der Broschüre. Die zwei folgenden Kapitel befassen sich mit der Ertrags- und der Liquiditätsplanung. Nur ein Satz: Der „Soll-Ist-Vergleich zur Kontrolle der Entwicklung der Liquidität ist mindestens monatlich, besser wöchentlich durchzuführen“.

Im Kapitel Das Unternehmen in der Krise – Frühwarnung und Krisenerkennung werden für vier Bereiche, denen im Hinblick auf eine Krisenerkennung besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden soll, Beispiele und Hinweise geben.
Zu beobachten ist z.B. das Zahlungsverhalten der Kunden (Werden Banklastschriften nicht korrekt eingelöst? Gibt es bei der Einreichung von Schecks Probleme?) ebenso wie das Absatzverhalten der eigenen Firma. „Bieten Sie Preise und Rabatte (extrem hohe Nachlässe), die nicht marktüblich sind?“ Krisenmanagement beschäftigt sich an zentraler Stelle mit der Ermittlung von Produktschwächen sowie Marktpotenzialen. Die hierbei stattfindende Analyse zielt darauf hin, Maßnahmen zu erkennen und durchzuführen, die die Firma aus der Krise holen, bevor es zu spät ist.
Last, but not least: Das letzte Kapitel trägt den Titel Insolvenzverfahren – Instrument der Unternehmenskonsolidierung und beschreibt detailliert die Schritte von der Stellung des Insolvenzantrages bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens. Downloaden, lesen.
Kontinuierliche und planvolle Überwachung
Zu den zentralen Pflichten des Augenoptikers gehört es, Zahlungsfähigkeit sicherzustellen und Überschuldung zu vermeiden.
Hintergrund: Beides sind bei juristischen Personen, also der GmbH, laut InsO Insolvenzordnung (§§ 17, 19) Eröffnungsgründe für eine Insolvenz. Zahlungsfähigkeit bedeutet, dass das Unternehmen seinen fälligen Zahlungen (an Lieferanten, Mitarbeiter, Ämter, Versicherungsträger usw.) nachkommt. Dies sollte zumindest für einen bestimmten Zeitraum (zumeist drei bis sechs Monate) sichergestellt bzw. absehbar sein. Keine Überschuldung zu besitzen heißt, dass das Vermögen der Gesellschaft die bestehenden Verbindlichkeiten deckt.
Auch wenn es ein wenig aufwendig ist, sich ständig einen klaren Überblick zum finanziellen Stand der Gesellschaft zu verschaffen, muss der Inhaber eines Hauses aus dem Bereich der Augenoptik einen der obligatorischen SOLL/IST-Vergleiche insbesondere im Hinblick auf die Liquidität seiner Firma durchführen. Nicht nur jedes Quartal, sondern jeden Monat. Flüssige Mittel (u.a. Kasse, Bank inklusive der vorhandenen Kreditlinie) und erwartete Einnahmen (wie Umsatzerlöse, Rechnungen), also die verfügbaren Mittel, sind den Ausgaben (Löhne, Sozialabgaben, Mieten, Wareneinkauf, Zinsen und Tilgung, Privatentnahmen usw.) gegenüberzustellen. Ein Blick genügt dann, zu erkennen, wie sich die Liquidität entwickelt. Eine Liquidität, die nicht weiter als einen Monat oder sechs Wochen reicht, ist schon mehr als ein gefährliches Zeichen: Von der Hand in den Mund zu leben, ist auch im Geschäftsleben bedrohlich.
Weichen SOLL und IST-Werte voneinander ab, so gilt es natürlich die Ursachen hierfür zu ermitteln. Sind zu wenig Kunden (sprich: Erträge) vorhanden? Sind die Kosten (sprich: Ausgaben) zu hoch? Aus dem Vergleich ergeben sich erste Hinweise auf nötige Maßnahmen. Im Regelfall ist davon auszugehen, dass Maßnahmen immer Ertrags- und Ausgabenseite betreffen. Somit kann es heißen, durch bestimmte Aktionen neue Kunden zu akquirieren, oder durch Verhandlungen z.B. die Einkaufs- bzw. Zahlungskonditionen für Verbrauchsmaterialien zu verbessern. Ein wichtiger Punkt betrifft immer die durch Finanzierungs- bzw. sonstige Kredite verursachten Zinszahlungen und Kredittilgungsraten. Ein Gespräch mit der Bank ist unerlässlich. Und hier ist es immer besser, mit konkreten Vorschlägen für Maßnahmen aufzuwarten als einfach nur abzuwarten.
Hilfreich bei der Liquiditätsübersicht ist ein einfacher Liquiditätsplan. Er ist beispielsweise in den Gründerzeiten Nr. 31, Thema Liquidität enthalten. Herausgeber ist das ehemalige Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit. Die Broschüre steht beim heutigen Bundesministerium für Wirtschaft (www.bmwi.de) zum kostenlosen Download bereit. Entsprechende Unterlagen, Merkblätter und Checklisten hält auch jede Industrie- und Handelskammer vor.
Runde Tische von KfW Mittelstandsbank sowie Kammern
„Das Angebot ‚Runder Tisch‘ der KfW Mittelstandsbank richtet sich an Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten“, formuliert die KfW Mittelstandsbank in dem gleichnamigen Merkblatt (www.kfw.-mittelstandsbank.de, Wahl: Service, Kreditantrag und Formulare, Merkblätter und Richtlinien). Das Angebot existiert mittlerweile in rund fünfzig Städten der Bundesrepublik (zumeist dort, wo sich eine Industrie/Handels- bzw. Handwerkskammer befindet). Ziel ist es, den Firmen zu helfen, ihre Schwierigkeiten zu überwinden. Gefördert wird ein Unternehmenscheck, der bis zu zehn Tage dauern kann. In Vorgesprächen entscheiden die Kammern, welche Unternehmen für das Angebot in Frage kommen. An Unterlagen sind u.a. beizubringen: Leistungsangebot der Firma, Kredit- und Darlehensverträge/Kreditorenliste, aktuelle BWA/Debitorenliste, Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre, sonstige Verträge (etwa Mietvertrag), Aufstellung über den derzeitigen Auftragsbestand sowie über Vermögenswerte/Verbindlichkeiten. Zu den Teilnehmern der Runden Tische zählen Kammern, Kreditinstitute und Steuerberater.
Wie wird gefördert? Ein Blick in das Merkblatt der KfW gibt Antwort. Der Augenoptiker kann ausgewählte Berater (Projektbetreuer) mit der Durchführung eines Unternehmenschecks (Dauer: 10 Tage zu acht Stunden) beauftragen. Hierbei werden Schwachstellen identifiziert und Lösungsvorschläge unterbreitet. Die Kosten (160 Euro pro Beratungstag) werden von der KfW getragen. Somit fallen für den Inhaber eines Fachgeschäftes für Augenoptik nur die Fahrtkosten des Beraters an. Wichtig: „Ausgeschlossen sind Unternehmen, die einen Insolvenzantrag gestellt haben bzw. bei denen aufgrund der wirtschaftlichen Lage die Verpflichtung zu einem solchen Schritt besteht.“
Liquiditätshilfe- programme und mehr
Schließlich gibt es in einigen Bundesländern auch spezifische Programme, die einem mittelständischen Haus in Krisensituationen beistehen können. Auf zwei von ihnen sei an dieser Stelle kurz hingewiesen.
Die Sächsische AufbauBank (www.sab.sachsen.de) hat unter dem Namen Krisenbewältigung und Neustart ein Vorhaben aufgelegt, das kleinen und mittleren Unternehmen Zuwendungen zur Rettung und Umstrukturierung (Richtlinie des Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit) gewährt.
Es besteht aus drei Komponenten: Ein nicht rückzahlbarer Zuschuss zur Erstellung des Insolvenzplanes. Ein Massedarlehen (mindestens 20.000 Euro, Laufzeit sechs bis zwölf Monate), das während des Insolvenzplanverfahrens gewährt wird. Nach Abschluss des Verfahrens gibt es schließlich eine Neustartfinanzierung (einmaliges Darlehen bis derzeit maximal 100.000 Euro, Laufzeit bis zu vier Jahre, ein Jahr tilgungsfrei möglich). Voraussetzung ist natürlich die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens.
Die baden-württembergische Landeskreditbank Förderbank (www.l-bank.de) hat ein Liquiditätshilfeprogramm ins Leben gerufen, mit dem sie Unternehmen zinsgünstige Darlehen zur Verfügung stellt. Unterstützt werden z.B. Betriebsmittelfinanzierungen, Konsolidierungen oder Umschuldungen aus dem Kontokorrent.
Rahmenbedingungen für letztgenanntes: Bis 750.000 Euro, vier oder sechs Jahre mit je einem tilgungsfreien Jahr bzw. vierjährige Laufzeitvariante mit Endfälligkeit. Zinsen? Die L-Bank gibt einen Standardzins vor, den die Hausbank um eine Risikoprämie (Schlagwort: Rating) erhöhen kann. Hilfreich: Online kann der Inhaber eines Geschäftes aus der Augenoptik die aktuellen Konditionen (wie Laufzeit, tilgungsfreie Jahre, Zinssätze, Auszahlung) einsehen.
Antragstellung durch Schuldner
Selbst wenn die Stellung eines Insolvenzantrages unvermeidlich ist, gibt es noch einen kleinen Rettungsanker: Die Antragstellung durch den Schuldner (also den Augenoptiker). Ein solcher Eigenantrag kann eröffnet werden, wenn der Firma Zahlungsunfähigkeit droht, sie schon eingetreten ist, oder wenn das Haus überschuldet ist. Er wird zumeist dann gestellt, wenn Sanierungs-chancen in Aussicht stehen. Für diesen Fall hat der Inhaber eines mittelständischen Hauses aus der Augenoptik dem Insolvenzgericht bei der Antragstellung aussagekräftige Unterlagen vorzulegen, die einen genauen Überblick über die Finanz- und Vermögenslage der schuldnerischen Firma vermitteln. Alle nötigen Details sind dem Merkblatt für den Eigenantrag bei der Unternehmensinsolvenz des nordrhein-westfälischen Justizministeriums zu entnehmen. Es steht im Justizportal des Landes (www.jusitz.nrw.de, Wahl: Online-Verfahren, Insolvenzverfahren) zum Download bereit. Einfach nur ‚Wo bekomme ich Formulare‘ anklicken.
Vereinfacht formuliert besteht das Unternehmensinsolvenzverfahren aus vier Schritten. 1. Antragstellung beim zuständigen Amtsgericht. Dies kann durch Gläubiger (etwa Banken oder Lieferanten) bzw. Schuldner (also der Augenoptiker) geschehen. 2. Das Gericht prüft, ob ausreichende Unternehmenswerte (etwa Geld, Maschinen) vorhanden sind, um die Gerichtskosten zu decken. Ist dies der Fall, so wird das Verfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt. In der Eigenverantwortung (§§ 270ff, InsO) übernimmt der Schuldner dessen Aufgaben. Ihm wird ein Kontrolleur (Sachwalter) zur Seite gestellt. 3. Vorlage eines Berichtes über die finanzielle Situation der Firma und die Chancen ihrer Fortführung. Dies muss drei Monate nach Verfahrenseröffnung geschehen. 4. Gläubigerentscheid: Sanierung oder Liquidation. Weitere Information sind den Gründerzeiten Nr. 14, Thema Insolvenz und Neustart zu entnehmen.
Resümee
Von den Häusern, die im ersten Halbjahr 2005 Insolvenz anmeldeten, gehörten – so eine Pressemitteilung der Creditreform vom 28. Juni 2005 – mehr als 85 Prozent zu jenen, die als klassische kleine Firmen (ein bis zehn Mitarbeiter) zu bezeichnen sind. Gerade für sie gilt, dass es auch bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten noch Handlungsmöglichkeiten gibt. Allerdings: Frühes und überlegtes Handeln ist erforderlich.
Dr. D. Maass, Hamburg
Aktuelles Heft


ao-info-Service

Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der ao-info-Service? Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:













Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum ao-info-Service freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des ao-info-Service.
AGB
datenschutz-online@konradin.de