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Fettnäpfchen im Optikeralltag

Business-Benimmregeln vom Spezialisten
Fettnäpfchen im Optikeralltag

Fettnäpfchen im Optikeralltag
Der „König“ ist noch gar nicht im Geschäft, schon wartet das erste Fettnäpfchen auf dessen „Vasallen“. Illustration: Gerd Korge
Für den Erfolg im Geschäftsleben spielen das richtige Benehmen gegenüber dem Kunden und Kenntnisse der Verkaufspsychologie eine große Rolle. Benimmregeln füllen Bücher, das Wichtigste ist jedoch schnell erlernbar. Die Verkaufspsychologie setzt allerdings mancherorts die allgemeinen Knigge Regeln des Privatlebens außer Kraft. Wo die Unterschiede liegen und welche Fehler es zu vermeiden gilt, dazu hat der Autor Volker Heckmann insbesondere den renommierten Trainer für den Einzelhandel und Chef der Knigge- Akademie, Dr. Klein, befragt.

Nonverbales Fettnäpfchen: Erster Kundenkontakt
Kunden nähern sich Geschäften gerne zunächst in sicherem Abstand über die Schaufenster. Sie drücken Hände und Nasen an die spiegelnden Scheiben und wollen sehen, ob es sich lohnt, die Hemmschwelle „Eintreten“ zu überwinden.

Die Schaufenster des Augenoptikers können noch so ansprechend und nach Werberegeln gestaltet sein, die Verkaufsräume können sich noch so einladend ausnehmen und saisonal passend geschmückt sein. Kunden werden selten eintreten, wenn ein oder schlimmer: mehrere Mitarbeiter aus dem Bauch des Geschäfts die Kunden für diese spürbar oder sichtbar beobachten, gar anstarren oder rumwitzeln. Dann hat das Verkaufspersonal oder der Kundenberater das erste Fettnäpfchen voll erwischt. Ein Umsatzkiller, den viele Verkäufer im Einzelhandel zu wenig beachten. „Kunden mögen Beobachtung gar nicht und gehen dann oft weiter“, sagt Dr. Michael Klein.
Er betreibt die nicht nur in TV und anderen Medien sowie in der Wirtschaft bekannte „Knigge-Akademie“ und setzt einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit auf „Verkaufstraining im Einzelhandel“. „Durch das Beobachten entsteht eine Hemmschwelle, das Geschäft zu betreten. Ist der Kunde bereits im Geschäft, gilt dies genauso. Fachsimpelnde, witzelnde Verkäufergrüppchen oder ein starrender oder auch nur beobachtender Verkäufer hemmt Kunden, zu verweilen, sich in Ruhe umzuschauen, das Warenangebot aufzunehmen und zu wählen, oder um Beratung zu bitten. Beobachtung bewirkt oft das vorschnelle Verlassen des Geschäfts“, erläutert Klein, vor allem, wenn es um das Geschäft rund um die Brille geht. Kunden wollen in Ruhe ausprobieren, ob ihnen eine Brille steht. Auf den Boden schauen, etwas anderes tun, so verhalte sich der durch Verkaufstraining geschulte Verkäufer. Anders wieder im Alltag. Hier gilt das angemessene Augenkontakt halten als höfliche Umgangsform.
Basarstimmung vermeiden
Besonders höflich meinen manche, ist es, Kunden die Tür des Geschäfts zum Eintreten zu öffnen (siehe Illustration). Das sei aber nach Einschätzung von Dr. Klein allenfalls dann zu empfehlen, wenn der Betriebsangehörige gerade für den Kunden sichtbar in der Nähe der Tür stehe und ein offensichtliches Eintreten des Kunden sicher angenommen werden könne. Andernfalls käme Basarstimmung auf, wenn Kunden den Eindruck erhaten, sie werden zum Eintreten gedrängt.
Verbale und nonverbale Fettnäpfchen: Begrüßen, Bekanntmachen und Händeschütteln
Im Geschäft gilt nicht wie sonst bei gutem Benehmen: Wer eine neue Situation betritt, sagt Guten Tag. „Im Geschäftsleben des Augenoptikers wäre das sogar ein grober Fehler. Der Kunde wird immer seitens der Firma, durch den Chef oder die Mitarbeiter, begrüßt“, erläutert Dr. Klein weiter und dass das „Vorstellen“ out ist.
„Bekannt machen“ nennt man das heute“, antwortet Klein auf die Frage, wie man sich allgemein im Geschäftsleben, z.B. auf einer Messe, beim Hersteller, mit Geschäftspartnern oder Kunden, vorstellt. Dr. Klein erläutert, dass im Businessalltag zwischen Geschäftsleuten z.B. nicht gilt: „Lady´s first“, sondern es zähle die Hierarchie. „Der Ranghöchste wird zuerst vorgestellt, dann folgen nach Bedeutung die Rangniederen“, so Klein. Gut zu wissen, z.B. wenn der Händler auf der Messe neue Geschäftspartner sucht.
Gegenüber Kunden im Büro oder im Geschäft gilt wieder eine andere Regel. Hier ist der Kunde immer der König. Er steht immer ganz oben, egal, welche Ränge um ihn herum schwadronieren. „Der Kunde steht über allem“, fasst Klein knapp zusammen, der auch sonst sehr anschaulich seine Themen vorträgt.
„Tritt der Kunde im Rudel auf, sollte immer der Oberindianer der Kundengruppe den anderen zuerst vorgestellt werden“, so der Doktor in Philosophie. Im Businessbereich biete sich also an, schnell einen Moderator zu stellen, der den „Oberindianer“ – und dann die anderen Kunden vorstellt.
Ach ja: „Händeschütteln geht im Business-Bereich vom Höherrangigen aus“, auch das müsse man wissen, sagt der Experte. Privat stelle sich nach Knigge in der Regel jeder selbst vor. Auch gegenüber Frauen sei es privat wieder ganz anders als im Geschäft. Privat gilt selbstverständlich: „Lady´s first“. Aber die Frau entscheidet über den Körperkontakt. „Händeschütteln geht also von der Frau aus“, mahnt der Chef der Knigge Akademie zu Anstand und Sitte mit dem schönen Geschlecht.
3. Fettnäpfchen: Herr von und zu…
Und ganz wichtig: Die Anrede. Sie bietet eine Fülle weiterer Fettnäpfchen. Einfache Regel: Der höchste Titel zählt. Daher ist der Herr Professor Dr. hc. Dr. jur. Egon Schlau L.L.M. am Ende nur der Herr Professor Schlau. „Guten Tag Herr Professor Schlau“, so die korrekte Anrede.
„Auf die Nennung akademischer Grade wie den Doktortitel, haben die Träger keinen Rechtsanspruch“, zitiert Klein aus seinem Knigge-Nähkästchen, in dem alles seine genaueste Ordnung hat. „Beispielsweise Behörden müssen einen promovierten Akademiker nicht mit seinem Doktortitel anreden“, erläutert der Experte weiter. Im Geschäftsleben solle dies aber tunlichst erfolgen, spätestens ab Kenntniserlangung. „Guten Tag Herr Dr. Müller“, wäre korrekt.
Im Anschreiben beispielsweise, ist in der Adresse die Fakultät mit zu benennen, also z.B. Dr. phil. Edgar Zimmermann oder Dr. jur. oder Dr. med. usw.. In der Anrede im Brief dann, sei nur noch der Doktortitel vonnöten: „Sehr geehrter Herr Dr. Müller, …“ . Michael Klein, selbst Doktor, verweist im Übrigen darauf, dass es heute keine Frau Dr. mehr gibt, es sei denn, sie hat selbst promoviert. Anders sei das noch in Österreich. Dort gebe es noch die sogenannte „Gattin“ und die „Frau Dr.“, die sich mit dem Titel des Mannes schmücken darf.
Meistertitel in Deutschland
Zum Thema Titel ist noch anzumerken, dass der Meistertitel ausdrücklich durch § 51 Handwerksordnung geschützt wird und die höchste Anerkennung und den höchsten Berufsabschluss im Handwerk darstellt. Dennoch ist es bekanntlich heute nicht mehr üblich, diesen entsprechend dem Doktortitel zu nennen. Ein Rechtsanspruch besteht hier ebenfalls nicht. Auch der diplomierte Akademiker oder akademische Berufsbezeichnungen wie Oberstudienrat, Regierungsrat usw. werden nicht mehr genannt. Unpassend ist allerdings, beispielsweise den Oberstudienrat mit „Guten Tag Herr Lehrer“ anzusprechen. Dann wäre schon die korrekte Berufsbezeichnung, die den Grad der Lehrbefähigung und Laufbahnstufe ausweist, empfehlenswerter. Guten Tag Frau Studiendirektorin Dr. Weis (in Bayern übrigens Gymnasialprofessorin genannt).
4. Fettnäpfchen: Telefon, Verbinden, Ton macht Musik
Gerne falsch gemacht wird laut Knigge- und Verkaufsexperte Klein offenbar auch die geschäftliche Begrüßung am Telefon. Richtig sei, um es hier kurz zu machen: „Optikerfachgeschäft Müller (Pause), Sabine Meier (Pause), Guten Tag. Die Pausen sollen Vertrautheit schaffen und dem Kunden ermöglichen, zu erkennen, ob er richtig angerufen hat.
In Fachbüchern ist auch zu lesen, dass sich der Anrufende so an die Stimme gewöhnen kann und sich besser auf den Anrufer einstellen kann. „Den vollen Namen zu nennen, dient der Kundenorientierung“, sagt auch Klein. Im Privatleben sei das Melden einfach nur mit: „Müller“, dagegen völlig ok.
„Fehler werden oft beim telefonischen Verbinden, z.B. in die Verkaufsabteilungen oder die Werkstatt, gemacht“, weist Klein auf ein weiteres Problem hin. Dr. Klein ist das alles schon von Kindesbeinen gut bekannt, er kann quasi aus dem Nähkästchen plaudern, das er an der Universität in den Fakultäten Philosophie und Psychologie zum Wissensschatz ausbaute: damals konnte er bereits Erfahrungen in der Galerie seines Vaters, mit angegliedertem Atelier, sammeln.
Und es gilt: „Der Mitarbeiter, der weiter verbindet, sagt nicht: „Ich verbinde in die Abteilung/Werkstatt/ zum Kollegen, oder legt den Hörer einfach nur hin und holt den gefragten Mitarbeiter“, warnt Klein vor gerne gemachten Fehlern. Nein, auch er muss sich erst korrekt verabschieden: „Ich werde Sie jetzt verbinden (Pause), auf Wiedersehen Frau Becker“. Hat der Mitarbeiter nur kurz in der Abteilung oder in der Werkstatt oder im Verkauf usw. etwas nachgefragt und eilt zurück zum Hörer, sagt er nicht Floskeln wie: „Da bin ich wieder“, oder „Sind Sie noch da?“. Richtig sei heute und ganz nach Dr. Klein: „Hören Sie bitte“.
Das Gespräch müsse höflich korrekt auch von dem Verbindenden beendet werden. All das wirke gut auf Kunden. Die Nennung des Namens des Gesprächspartners sei hilfreich. Das Wünschen eines schönen Tages kommt dagegen nicht bei jedem gut an, hier sei Empathie gefragt.
Auch mache der Ton die Musik. Wer sich grob mit: „Müller!!!“ melde, verschrecke Kunden. Besser sei selbst ein eher süffiger Tonfall, das käme immer noch besser an, als Barsches. „Dann lässt der Kunde die Waffen stecken“, erklärt Michael Klein, der empfiehlt, am Ende des wörtlich „Guten Tag“-Wünschens, den „Tag“ in der Stimme, doch eher weich anzuheben. Bei barschen Tönen gehe der Kunde auf Abwehr. Auch das richtige Verabschieden am Telefon ist eine Kunst für sich. Das jedenfalls empfiehlt das Sekretärinnen-Handbuch von Etikette-heute.de auf der Homepage (siehe Kasten mit 6 Regeln).
Visitenkarten
Die Visitenkarte gibt im Alltag der ab, der neu hinzu kommt. Bei Kundenkontakten gilt aber das Gegenteil. Wichtig, dass man überhaupt eine Karte zur Hand hat. Gegen Verknicken gibt es im Schreibwaren-Fachhandel Etuis. Professionelles Kartentauschen macht sich vor allem auf Messen gut, hier ist Visitenkarten tauschen fast so „in“, wie damals Fußballbilder. Keine Karten dabei zu haben, wirkt heute eher unprofessionell.
5. Fettnäpfchen: Small Talk / Warming Up
Ist die erste Hürde der richtigen Begrüßung genommen, ist die richtige Kommunikation gefragt. Los geht es oft mit Small Talk. Hier ist Empathie gefragt, ob Small Talk gewünscht ist. Das sogenannte „Warming Up“ diene laut Klein dazu, das Gespräch in Gang zu bringen und sei kein Fachgespräch.
„Erlaubt sind Themen wie Sport, Urlaub, oder ob der Kunde den Weg gut gefunden hat“, sagt Verkaufstrainer Klein. „No Gos sind Krankheit, Politik oder Religion“, sage die Wissenschaft. Diese unter Fachleuten wohl herrschende Einschätzung teilt Dr. Klein nicht ausnahmslos. Er argumentiert gegenüber der herrschenden Meinung kritisch, dass es durchaus Kunden geben könne, die gerade über solche Themen sich verstanden fühlten. Es gäbe jemanden, der höre zu; das könne unbewusst für Kunden einen Kaufimpuls auslösen. Beispielsweise bei Verschlechterung der Sehleistung durch Krankheit, kann Verständnis nicht nur menschlich helfen.
Wieder also das Stichwort Empathie. Empathie ist aber individuell. Der eine kann sich in andere besser hineinversetzen und hin-einfühlen, als der andere. So gibt es verschieden gute „Verkäufer- und Beraterkarrieren“. Ob der Kunde Small Talk will, sollte möglichst schnell und genau ermittelt werden. Dann könne das für den Kunden richtige Verkaufs-Besteck herausgesucht und die richtigen Small-Talk-Kriterien oder Themen angewendet werden. Welches Besteck auf welchen Kunden passt, so etwas lernt man in den Seminaren z.B. der Knigge-Akademie. Wichtig sei es nach Dr. Klein auch, einen Kunden nicht „technisch vollzuquatschen“ über tatsächlich ja lobenswerte Features des Materials für Brille oder Gläser, wenn sich der Kunde mehr für die Farbwahl interessiert. Diese Aussage fasst die anschauliche (aber unansehnliche) Psychologen-Regel prägnant zusammen: Fachidiot schlägt Kunden tot. (Drei bis vier Fragen an den Kunden seien in der Regel genug, um auszuloten, wohin die Reise gehen soll und um den Small Talk in ein Verkaufsgespräch münden zu lassen.)
Volker Heckmann,
freier Journalist aus Bochum Spezialist für Rechts-, Wirtschafts-, Mittelstands-, Handels- und Handwerksthemen.
Bilder: Knigge Akademie, Alverde
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