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Zeitgemäßes Beschwerdemanagement

Kundenbindung für Augenoptiker (3)
Zeitgemäßes Beschwerdemanagement

Zeitgemäßes Beschwerdemanagement
Wenn Kunden sich über die gekaufte Brille beschweren, dann ist das augenscheinlich erst einmal schlecht. Gleichzeitig besteht aber immer auch eine große Chance ihn noch näher an das Unternehmen zu binden. Die Beschwerde an sich kann nicht verändert werden, die Reaktion darauf schon. Mit Sensibilität und klaren internen Regelungen, ist zeitgemäßes Beschwerdemanagement keine Hexerei. Im Idealfall kauft der Kunde wieder, erzählt Bekannten von der kulanten Lösung und zeigt nebenbei die Verbesserungspotentiale auf.

Gleich am Anfang sei gesagt: Jede Reklamation ist berechtigt, denn der Kunde hat offensichtlich ein Problem mit dem gekauften Produkt.

Dabei ist es nicht von Belang, ob wir als Augenoptiker das genau so sehen. Gefällt dem Kunden nach einer Woche z.B. die Farbe des Bügels nicht mehr, dann hat die Beschwerde nichts mit der Qualität der Brille zu tun. Eine Argumentation oder Diskussion auf dieser Ebene bringt rein gar nichts, – nur das Verständnis für den Kunden ist der erste Schritt in die richtige Richtung. Jedem sollte bewusst sein, dass eine Reklamation nicht als persönlicher Angriff gemeint ist, auch wenn es manchmal danach klingt. Der Kunde ist emotional aufgeladen und sieht oft nur so die einzige Möglichkeit „Druck zu machen“. Die gängige weniger kulante Praxis im deutschen Einzelhandel, lässt mitunter Verständnis für diese Arten der Reaktionen aufkommen. Zum Glück hat ein Umdenken eingesetzt.
Mundpropaganda
Ziel eines jeden Beschwerdemanagements ist es, die Kundenzufriedenheit wieder herzustellen. Es sollen und können die Kosten durch andere Reaktionen als das „sich beschweren”, wie das Abwandern zu anderen Mitbewerbern, schlechte Mund-propaganda oder gar das Einschalten der Medien, verhindert werden.
Im Durchschnitt werden negative Erlebnisse fünfzehn weiteren Personen erzählt, während positive nur an drei Menschen weitergeben werden. Fünfzehn potenzielle Kunden, die verloren gehen. Fünfzehn potenzielle Kunden, die wiederum Bekannten von dem Vorfall berichten. Diese psychologische Verhaltensweise ist vermutlich ein Grund dafür, dass es immer noch eine große Scheu vor dem Kauf von Gleitsichtbrillen gibt. Sollte es gelingen den Kunden zufrieden zu stellen, ergeben sich weitere potenzielle Neukunden durch die Beeinflussung positiver Mundpropaganda.
Verbesserungs- potenziale
Eine Beschwerde enthält wertvolle Informationen über das vom Kunden wahrgenom-mene Problem und kann helfen die Qualitätssicherung zu verbessern. Die Informationen sollten systematisch ausgewertet werden.
So können Fehlerkosten, wie Falsch- und Doppelarbeiten, vermieden und Gewährleistungskosten gesenkt werden. Eine Beschwerde entsteht schon bevor der Kunde den Fehler bemerkt. Sei es technisch oder wegen nicht optimaler Beratung. Selbst eine auf den ersten Blick so aussehende ,Bagatellbeschwerde‘, wie die Kritik an der Farbe eines Bügels, erbringt Informationen über die Beratung. Entweder ist die Farbe auf den zweiten Blick wirklich ungeeignet oder der Kunde wurde nicht positiv genug bestätigt und war sich nach dem Kauf zu unsicher. Nach jeder Reklamation sollte sich die Frage gestellt werden: Warum hat der Kunde wirklich reklamiert? Was können wir verbessern? Was erzeugt seine „Kognitive Dissonanz“?
Dabei geht es nicht um Schuldzuweisung, sondern um einen Lernprozess. Dieser funktioniert nur, wenn die Reklamation als das gesehen wird was sie ist, – eine Chance zur Verbesserung. Dem Kunden sollte es leicht gemacht werden, sein Problem zu äußern.
Es hat sich herausgestellt, dass sich gerade mal vier von einhundert Kunden, mit dem Problem an den Hersteller richten. Die übrigen gehen normalerweise gleich zum Mitbewerber. In Anbetracht dessen sollte man dem Kunden sogar dankbar sein, dass er dem Augenoptiker eine zweite Chance gewährt. Ein Nachfragen via Post oder Telefon ist ein sehr guter Anfang. Fragen Sie den Kunden, wie zufrieden er mit der Leistung ist?
Sie werden überrascht sein, welche Probleme den Kunden wirklich stören und wie einfach sie zu beheben sind. Augenoptiker sind sehr oft auf Technik und Genauigkeit getrimmt. In der Praxis ist es dem Kunden aber herzlich egal, ob ein 0,25 Cyl um 8 Grad verdreht ist. Dass die Brille aber ein wenig drückt, merkt er sofort. Hier wird deutlich, dass Probleme meist nicht objektiv nachvollziehbar sind, sondern überwiegend in einer ganz subjektiven Wahrnehmung des Kunden begründet sind. Deswegen ist es wichtig, die Sorgen des Kunden ernst zu nehmen und ihm eine Lösung aus seiner Sicht anzubieten.
Klare Anweisungen
Zunächst ist es erst einmal unangenehm. Wer setzt sich schon gern mit berechtigter oder unberechtigter Kritik auseinander? Ein souveräner Umgang ist gerade deshalb absolut wichtig. Jeder Augenoptiker sollte dafür klare Regelungen und Anweisungen entwickeln, um das Problem des Kunden schnell und zügig zu bearbeiten.
Diese klaren Regelungen lassen sich gut mit der Einstellung beim Autofahren vergleichen. Wenn es die klare Auffassung gibt, immer bei Rot stehen zu bleiben, gibt es auch in Grenzfällen der Gelbphase keine Frage am korrekten Handeln.
Ist nicht genau klar, wie man sich zu verhalten hat, sind Grenzfälle schwierig zu bewerten und die Diskussion beginnt. Die sicherste Variante keine Strafzettel zu bekommen, ist immer noch, sich an die Regeln zu halten. Stellen Sie für sich und Ihre Mitarbeiter eigene Anweisungen für Reklamationsfälle auf und halten Sie sich daran!
Die Problembehebung sollte nach Möglichkeit eine echte und endgültige Lösung sein, um ein ewiges „Hin und Her” zu vermeiden. Jedem Mitarbeiter sollten dafür die Entscheidungskompetenzen an die Hand gegeben werden. Das wirkt selbstbewusst und professionell. Es ist zeitraubend und frustrierend, wegen jeder Kleinigkeit erst ein Einverständnis vom Chef einzuholen. Bis zu über 80 % derjenigen Kunden, deren Beschwerden schnell und zufriedenstellend bearbeitet wurden, kaufen danach beim selben Anbieter.
Beschwerdemanagement
Zeitgemäßes Beschwerdemanagement besteht aus zwei Teilen:
Der direkte Teil beschäftigt sich mit der Beschwerdenstimulierung, -annahme, -bearbeitung und -reaktion. Wie schon erwähnt ist, eine klare interne Regelung dafür wichtig. Es bedarf weiterhin einer Sensibilisierung und Schulung aller Mitarbeiter. Beim Reklamationsgespräch haben sich folgende drei Punkte bewährt.
1. Den Kunden ausreden lassen
Der Kunde hat ein Problem und will in erster Linie verstanden werden. Auch wenn Sie der Meinung sind, Sie wüssten um was es geht, unterbrechen Sie ihn nicht. Der Kunde muss erst einmal Dampf ablassen – und das soll er auch. Bevor er nicht das Gefühl hat, dass Sie ihn verstehen, fallen Vorschläge und Argumente auf unfruchtbaren Boden. Er wird ihnen nicht zuhören, weil er sich im Kopf schon die nächsten Worte zurechtlegt. Eine gute Regel ist: Erst verstehen, dann verstanden werden. Notieren Sie ruhig Details.
2. Bedauern ausdrücken und sich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen
Der Fehler liegt bei ihnen oder der Kunde sieht es zumindest so. Zeigen Sie Mitgefühl und Verständnis für seine Situation. Mit Sätzen, wie „Es tut mir leid, dass sie so viele Unannehmlichkeiten hatten.“ oder „Entschuldigen sie die Unannehmlichkeiten.“ zeigen Sie Ihr Bedauern, ohne vor dem Kunden einen Fehler direkt zugeben zu müssen.
3. Persönliches Engagement zeigen und Lösung aus Sicht des Kunden anbieten
Geben Sie dem Kunden das Gefühl, dass jetzt jemand vor ihm sitzt, der sich der Sache annimmt. Ein Streit oder ein Konfrontationskurs sollte in jedem Fall vermieden werden. Der Kunde braucht jetzt mehr als schöne Worte. Er benötigt eine Lösung des Problems. Suchen Sie gemeinsam mit ihm danach, schnell und unkompliziert. Ist eine passende Lösung gefunden, muss diese umgesetzt werden, – ohne wenn und aber.
Lernprozess
Kommunikation und die Lösungsfindung mit dem Kunden gehören zum direkten Teil des Beschwerdemanagements. Der indirekte Teil bezieht sich auf den internen Prozess der ständigen Verbesserung. Die im Reklamationsgespräch gesammelten Daten werden ausgewertet. Besonderes Augenmerk wird auf die Beschwerdegründe gelegt. Es wird versucht eine ständige Verbesserung von Beschwerdeablauf und -system zu erreichen. Das sogenannte Reporting beinhaltet die kontinuierliche Kommunikation zwischen dem Geschäftsführer und dessen Mitarbeitern. Es ist wichtig, dass alle Mitarbeiter einbezogen werden, um den optimalen Lerneffekt zu erzielen. Mit konsequentem Beschwerdemanagement lässt sich neben dem professionellen Umgang mit der Kundenbeschwerde, wertvolles Wissen aufbauen.
Das ist ein echter Wettbewerbsvorteil. Sollte eine Beschwerde in schriftlicher Form eintreffen, ist dies auf jeden Fall ein Achtungszeichen. Laut Statistik stecken hinter jeder schriftlichen Beschwerde 27 weitere unzufriedene Kunden. Da der Terminus „Beschwerdemanagement“ sehr negativ behaftet ist, nennen Unternehmen diesen Kundendialog vermehrt „Feedbackmanagement“. Mithilfe dieser Sichtweise fällt es auch vielen Augenoptikern leichter, Beschwerden als Anregung zur Verbesserung zu sehen.
Das Ziel des Augenoptikers müsste es eigentlich sein jeden Kunden, der mittelfristig mit Gewinn bedient werden kann, zu halten. Für Kunden stellt eine Beschwerde immer ein Schlüsselerlebnis dar. Eine positive Lösung senkt das subjektive Kaufrisiko, verbessert die Einstellung zum Unternehmen und führt letztendlich zu einer starken Kundenbindung. Diese wiederum führt zu Umsatzsteigerung, Kostenersparnis und günstigen Neukunden. Zufriedene und langjährige Kunden sind in der Regel weniger preissensibel als andere Kunden. Sie sind eher bereit, geringe Preisnachteile in Kauf zu nehmen und vergleichen die Angebote der Konkurrenz zunehmend weniger. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Preisprämie.
Verschenken Sie nicht die Möglichkeit, die sich mit einer Reklamation verbindet. Binden Sie Ihre Kunden dauerhaft und souverän mit zeitgemäßen Feedbackmanagement!
Stefan Wabner
Zum Autor: Stefan Wabner ist Dipl. Augenoptiker/ Optometrist und bringt Erfahrungen aus dem Marketing mit. Zusammen mit Alexander Hilbich hat er das Buch „Kundenbindung in der Augenoptik“ geschrieben. Unter www.augenoptiker marketing.de werden drei Exemplare verlost.
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