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Über den Rohertrag zum Kalkulationsfaktor

Praxislösungen der Kalkulation (1)
Über den Rohertrag zum Kalkulationsfaktor

In der letzten Ausgabe wurden ausführlich die betriebswirtschaftlichen Grundlagen der Kalkulation und des Kostenmanagements dargelegt. Dabei gibt es verschiedene Wege zum Verkaufspreis. Sowohl EDV- Anbieter als auch Glashersteller bieten nun Lösungen für den Augenoptiker an, eigene Preislisten zu kalkulieren und auch entsprechend auszudrucken. Leider werden die meisten Lösungen erst zum 1. April 2009 fertig und ausgeliefert. In den folgenden Beiträgen werde ich die Lösungen besprechen und die betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten für die entsprechenden Lösungen aufzeigen.

Ausgangssituation
Zum 1.4.09 sollen die Augenoptiker aktiv werden und Ihre Glaspreislisten betriebsindividuell kalkulieren, gestalten und ausdrucken. Empfohlene Verkaufspreislisten der Industrie dürfen nicht mehr verwendet werden. Unklar ist noch, ob Verkaufspreislisten der Industrie verwendet werden dürfen, welche die augenoptische Dienstleistung nicht enthalten. Hier müsste der Unternehmer die eigene Dienstleistung kalkulieren. Egal welchen Kalkulationsweg er einschlagen wird, das Kartellamt will, dass der Unternehmer selbst betriebswirtschaftlich aktiv war. Ein weiterer Aspekt ist die Marktsituation vor Ort. Der Unternehmer, der bisher erfolgreich agiert hat, darf nicht Gefahr laufen, durch neue Kalkulationen am Markt vorbei zu kalkulieren und somit ein schlechteres Betriebsergebnis zu erzielen. Ebenso ist unbestritten, dass jeder Unternehmer, der betriebseigene Listen besitzt, nicht im Focus der Behörde ist.

Nun zur betriebswirtschaftlichen Kostensituation. Es stellt sich die Frage, welche Kosteninformationen der Unternehmer nutzen kann. Auf Basis einer Vollkostenrechnung müsste der Unternehmer in einer eigenen Kostenrechnung einen Stundensatz ermittelt haben, welchen er seiner Dienstleistung zugrunde legt. Dies ist nur über eigene Kostenerfassungstabellen oder eine BAB-Lösung möglich.
Die andere Kalkulationssystematik über die Roherträge setzt wiederum voraus, dass eine EDV- Lösung mit einem entsprechenden Warenwirtschaftssystem zur Verfügung steht. Um richtig kalkulieren zu können ist es natürlich notwendig, die Einkaufspreise mit den entsprechenden Rabatten sauber im Warenwirtschaftssystem eingepflegt zu haben. In dieser Folge bespreche ich die Kalkulationslösung der Firma EuroNet, die schon seit vielen Jahren sehr leistungsstarke betriebswirtschaftliche Module besitzt und den Kalkulationsansatz über die Rohertragsanalyse aufbaut. Viele Euronet-Anwender verwenden die Rohertragsanalyse aktiv und können somit schnell neue Kalkulationen umsetzen.
Der Rohertrag Kalkulationsbasis
Viele erfolgreiche Unternehmen haben bereits etablierte Preise für Ihre Produkte und somit eine funktionierende Kalkulation. So schlägt EuroNet vor, den Ist-Zustande anhand einer betriebswirtschaftlichen Auswertung zu analysieren und so die Kalkulationsbedingungen zu stützen. Eine entscheidende Kennziffer ist der bisher erzielte Rohertrag.
Mit der Auftragsanalyse Brillengläser hat EuroNet ein umfassendes Instrument über beliebige Zeiträume Brutto- und Nettoumsätze als auch den Rohertrag der verkauften Gläser zu ermitteln. Die Anzeige des Rohertrags ist eine zentrale Funktion eines Management Informationssystems und so wird automatisch der prozentuale Anteil des Rohertrags am Netto-Umsatz ausgewiesen. Damit hat der Unternehmer die Möglichkeit, sich die bisherigen Kalkulationsfaktoren abzuleiten, neu anzupassen und somit im Rahmen der aktuellen Kalkulation neu zu definieren.
Aufbauend über die Roherträge eines Auftrags kann EuroNet nach verschiedenen Kriterien auswählen. Mit Hilfe des Filters Grundglas können dann detailliert einzelne Gläser oder Glasgruppen bezogen auf Nettoerlös und Rohertrag oder Hersteller ausgewertet werden.
Dabei ist es für die individuelle Kalkulation optimal, sowohl nach Herstellern als auch nach Preisbändern auswerten zu können.
Excel TOOL
Zur Unterstützung hat Euronet eine Excel-Tabelle erstellt, in welcher der Unternehmer das Ergebnis der Statistiken eintragen kann.
  • Notwendige Eingaben sind: Nettoerlös und Rohertrag
  • Daraus berechnen sich: Einkaufswert, %-Rohertrag und der Kalkulationsfaktor im Zeitraum
  • Eine Teuerungsrate kann optional eingegeben werden.
  • Durch Eingabe des hypothetischen neuen Kalkulationsfaktors berechnet sich automatisch der hochgerechnete Nettoerlös
So kann der Unternehmer für alle Glasbereiche einen neuen Faktor ermitteln.
Auswahl der Gläser
EuroNet unterscheidet zwei Wege zur Ermittlung der Kalkulationsdaten. Der erste Weg führt über die individuelle Auswahl von bestimmten Gläsern oder auch Zuschlägen und deren direkte Kalkulation. Der zweite Weg führt über individuell erstellbare Kalkulationstabellen. Für beide Kalkulationsvarianten ist zuerst eine Glasauswahl vorzunehmen.
In der Glassuche kann der Augenoptiker verschiedene Kriterien für die Glassuche auswählen. Die Kalkulation von Zuschlägen erfolgt auf gleichem Weg, muss aber selbstverständlich getrennt durchgeführt werden.
Zur Kalkulation muss mindestens ein Lieferant ausgewählt werden, alle anderen Kriterien dienen zur weiteren Eingrenzung des Suchergebnisses. Möchte man z.B. Gläser des Lieferanten Hoya kalkulieren, muss Hoya markiert und dann die Suche gestartet werden.
Durch Eingabe der Funktion (Einstärken, Bifokal, Gleitsicht usw.) oder des Materials kann das Ergebnis auf bestimmte Gläser begrenzt werden. Auch die Suche nach einem Teil des Glasnamens ist möglich. Gibt man hier z.B. „Aktion“ ein, so werden alle Gläser von Hoya gefunden, die im Namen das Wort Aktion enthalten. Ferner kann jetzt mit der Option „Nur Gläser ohne eigenen Verkaufspreis“ die Suche auf die Gläser beschränkt werden, die bisher noch nicht kalkuliert wurden oder durch Aktualisierung der Glaspreisliste neu hinzugekommen sind. Abb. 4
Das Ergebnis der Suche kann alphabetisch nach dem Glasnamen sortiert werden, indem unter Sortierung der Langtext ausgewählt und dann die Suche erneut gestartet wird. Im Ergebnis können entweder alle selektierten Gläser oder einzelne Gläser mit einem einfachen Mausklick zur Kalkulation ausgewählt werden. Danach werden die markierten Gläser schließlich für die Glaskalkulation übernommen. An dieser Stelle kann erneut eine Auswahl einzelner oder aller Gläser erfolgen, die im Anschluss kalkuliert werden sollen. Zur Kalkulation der markierten Gläser stellt EuroNet mehrere Optionen zur Verfügung.
EuroNet stellt verschiedene Optionen zur Kalkulation der markierten Gläser zur Verfügung und unterscheidet dabei zum Einen den Basiswert – also den Einkaufspreis, den eigenen Einkaufspreis der gegebenenfalls Lieferantenrabatte automatisch berücksichtigt oder den Verkaufspreis.
Da seit Anfang 2009 in der Regel von den Glasherstellern keine empfohlenen Verkaufspreise mehr herausgegeben werden, wird in den meisten Fällen eine Kalkulation über den Einkaufspreis stattfinden. Dies kann sowohl manuell geschehen, indem im Anschluss die gewünschten Faktoren für die Kalkulation eingegeben werden oder es kann eine Tabelle ausgewählt werden, die zuvor für die Kalkulation erstellt wurde.
Manuelle Kalkulation
Manuell bedeutet, dass die Kalkulation anhand der Eingaben in die Felder Faktor, Additiv und Rundung durchgeführt wird. Bei der manuellen Kalkulation wird immer mit dem gleichen Faktor kalkuliert, unabhängig davon wie hoch der Einkaufspreis ist
An dieser Stelle ist der Faktor einzugeben, der aus der Rohertragsanalyse verifiziert worden ist. Darüber kann hier noch ein Additiv angegeben werden, welches dem Ergebnis aufaddiert wird. Dieses Additiv kann betriebswirtschaftlich verschieden definiert werden. Es kann einmal die Kosten für eine optometrische Leistung oder die Werkstattkosten sein oder einfach ein Ausgleichsadditiv für eine Ausgleichskalkulation. Zum Schluss werden die Preise noch nach eigenen Wünschen gerundet. 1 entspricht dabei einer Rundung auf einen Euro und 0,1 auf 10 Cent.
Beispiel: Bei Faktor von 2,3, ein Additiv von 10,00 und ein Rundungsfaktor von 1. Mit folgender Formel wird dann kalkuliert:
Neuer VK = ((EK * 2,3) +10,00-) * ((MwSt.-Satz +100)/100) gerundet auf 1
Kalkulationstabellen
Anhand von Kalkulationstabellen kann man in EuroNet automatisch die Verkaufspreise der Brillengläser und die Zuschläge berechnen. Vorteil bei einer Kalkulation über eine Tabelle ist, dass Sie dabei Preisstufen berücksichtigen und für jede Preisstufe einzelne Faktoren hinterlegen können. Dabei können beliebig viele Preisstufen erfasst werden.
Um eine neue Kalkulationstabelle zu erstellen bzw. bestehende Tabellen zu bearbeiten, werden diese in der Warenwirtschaft unter dem Menüpunkt Kalkulationstabellen ausgewählt. Nach der Auswahl werden im Listenfeld Tabellen alle bestehenden Kalkulationstabellen dieser Warengruppe angezeigt. Sinnvoll ist es, einen Kurztext, einen Langtext und optional eine Beschreibung für die Kalkulationstabelle vorzunehmen. Nun sind die Kalkulationsstufen für die ausgewählte Tabelle festzulegen. Dabei ist jeweils der Maximalpreis anzugeben, bis zu dem die Kalkulationsstufe gelten soll. Eine Erfassung des Minimaleinkaufspreises ist nicht notwendig, da dieser sich aus dem vorherigen Maximaleinkaufspreis ergibt.
Nun sind der Faktor und die Addition in die entsprechenden Felder einzugeben. Zudem ist im Feld Rundung einzugeben, wie der kalkulierte Preis gerundet werden soll. Diese Schritte sind jeweils zu wiederholen, um weitere Stufen der Kalkulationstabelle zu definieren. Der kalkulierte Preis errechnet sich wiederum nach folgender Formel:
Neuer VK = (Ausgangspreis * Faktor + Addition) * MwSt – Satz in % gerundet
Bei Kalkulation über eine Tabelle können vorbereitete Kalkulationen verwendet werden. Im Gegensatz zur manuellen Kalkulation besteht hier der Vorteil, dass unterschiedliche Faktoren, Additive und Rundungen in Abhängigkeit von dem Einkaufspreis berücksichtigt werden.
EuroNet merkt sich ab jetzt dauerhaft, welche Gläser wie kalkuliert wurden, so dass zukünftig nur für neue Gläser die gewünschte Kalkulation zuzuordnen und durchzuführen ist. Über eine Einstellung, die in der Ablaufdefinition im Bereich der Warenwirtschaft erfolgt, kann die automatische Neuberechnung eigener VKs beim Einspielen von Glaspreislisten ein- oder ausgeschaltet werden. Wenn man später einmal die Kalkulation ändern möchte, fragt EuroNet automatisch, ob zukünftig die geänderte Kalkulation durchgeführt werden soll oder die bisherige weiterhin bei den Gläsern hinterlegt bleiben soll. Grundsätzlich gibt es in EuroNet keine Beschränkung in Hinsicht auf die Anzahl erstellbarer Kalkulationstabellen. Ebenso wenig ist die Anzahl zu kalkulierender Gläser je Tabelle begrenzt.
Kalkulationsergebnis
EuroNet bietet nun nach Abschluss des Kalkulationsvorganges dem Unternehmer die Möglichkeit, seine Kalkulation zu überprüfen. In einer Übersicht werden bisher und neu kalkulierte Verkaufspreise gegenübergestellt, so dass die Kalkulation überprüft werden kann. Erst wenn die Preise betriebswirtschaftlich und auch am lokalen Markt umsetzbar sind, werden diese in das System übernommen.
Umsetzung der Kalkulation im Verkauf
Nach Kalkulation der Verkaufspreise in EuroNet stehen diese zum optimalen Einsatz in der Glasberatung zur Verfügung. In der Glasberatung können Sie neben den Augenwerten, der Funktion und dem Material des gewünschten Brillenglases auch auf Ihr Standardsortiment das Ergebnis begrenzen. Das Standard-Glassortiment kann nach individuellen Wünschen und Vorstellungen gestaltet werden, so dass die Anzahl der Gläser auf die wichtigen und richtigen minimiert wird. Neben der Einstellung Standard kann auch die Voreinstellung optimales Glas ausgewählt werden. Im Glassortiment kann definiert werden, welche Glaszuschläge automatisch hinzugefügt werden sollen, damit es das optimale Glas ist. Bis zu vier Gläser können nun für die Beratung und den Vergleich ausgewählt werden. Nach dem Start der Beratung werden die gewählten Gläser im Vergleich dargestellt. Die optimalen Glaszuschläge werden automatisch hinzugefügt
Der Berater kann hier auf Knopfdruck die optimale Rohertragssituation einsehen. In der ersten Abbildung erscheint rechts oben im Glasfeld die relative Rohertragssituation zum Maximalwert 100. In der zweiten Abbildung der Rohertrag als absoluter Prozentvergleich.
Dies ist sicher ein gelungenes Instrument zur Rohertragsoptimierung.
Zusammenfassung
EuroNet gibt dem Unternehmer die Möglichkeit, die derzeitigen Marktpreise für Gläser und Zuschläge zu analysieren und Preise individuell und ohne nennenswerten technischen Aufwand festzulegen und zu verändern. Die Vereinfachung der Neukalkulation anhand von Tabellen und Berücksichtigung der Lieferantenrabatte bei der Preisermittlung führt zu einer weiteren Optimierung der Kalkulation. Zudem kommt der Rohertrag in der Glasberatung zur Verkaufsunterstützung zum Einsatz. Die Kalkulation und Ermittlung des Additives im Rahmen der einer Vollkostenrechnung wird von EuroNet nicht angeboten. Hier muss der Unternehmer selbst nachkalkulieren.
Voraussetzung für die Kalkulation von EuroNet ist aber ein vorhandenes Warenwirtschaftssystem, das die meisten EuroNet-Anwender besitzen, um eine saubere Rohertragsanalyse durchführen zu können. Ein Warenwirtschaftssystem und eine daraus resultierende Rohertragsanalyse ist leider bei vielen Unternehmern am Markt nicht vorhanden oder wurde bisher nicht genutzt. So ist für diese Unternehmer das Kalkulationscontrolling im Rahmen des von mir besprochenen Direct-Costings (März-Ausgabe 2009) nicht möglich.
Bernhard Schwenk
Dozent für Betriebswirtschaft
Fachakademie für Augenoptik München
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