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Erfahrung ist der beste Lehrmeister

„Grauer Kapitalmarkt“
Erfahrung ist der beste Lehrmeister

Erfahrung ist der beste Lehrmeister
Foto: Rainer Sturm / pixelio
Wenn Medien über Schneeballsysteme oder andere geplatzte Anlagemodelle berichten, geht es häufig um den „Grauen Kapitalmarkt“. Nicht nur der aktuelle Fall „PROKON“, über den in der Presse vielschichtig berichtet wurde, machte und macht den Kapitalanlegern deutlich, wie risikobehaftet der „Graue Kapitalmarkt“ sein kann. Das Verlustrisiko ist der Preis für die vermeintlich hohen Renditeerwartungen. Seriöse Schätzungen gehen für den „Grauen Kapitalmarkt“ davon aus, dass Jahr für Jahr Schäden im zweistelligen Milliardenbereich verursacht werden.

Neben durchaus seriösen Anbietern auf diesen Finanzplattformen des Kapitalmarktes, tummeln sich hier auch dreiste Zocker mit vollmundigen Versprechungen, die dann leider vielfach auf leichtgläubige Laien treffen. Die Konsequenzen und Auswirkungen sind für die Kapitalgeber meist fatal.

Wir erinnern uns: Durch die Firma ‚PROKON‘ wurde von rund 75.000 Anleger 1.4 Mrd. Euro eingesammelt, so der aktuelle Sachstand. Wievielte es letztlich sein werden, wird die Zukunft zeigen. Ziel von ‚PROCON‘ war es, den angestrebten und geplanten Windpark durch die Ausgabe von Genussscheinen zu finanzieren, wobei üppige Zinsen und eine große Sicherheit für die Kapitalanlage versprochen wurden.
Das Problem
Bei Genussscheinen handelt es sich um ungeregelte Wertpapiere, die bei einer Insolvenz nachrangig behandelt werden und die Besitzer dieser Genussscheine erst ganz zum Schluss ggf. noch eine Rückzahlungsquote aus der Insolvenzmasse erhalten. Dabei gibt es die Genussscheine in der Ausgestaltung, die sich eher an einer Aktie und damit Eigenkapital orientiert, oder aber als Anleihe und damit eher dem Fremdkapital zugeordnet wird.
Wie schnell hatte sich da die geplante Altersversorgung oder die Hoffnung auf steuerliche Vorteile der Kaitalanleger in Rauch aufgelöst. Besonders schlimm, dass vielfach solche Geschäfte durch Bekannte, Freunde oder Verwandte angeregt und vermittelt werden, wodurch beim Scheitern familiärer Streit und Schuldzuweisungen vorprogrammiert sind. Auf die Vertriebswege gehen wir aber später noch genauer ein.
Wo war die Finanzaufsicht?
Sie werden jetzt sicher fragen: Und wo war die Finanzaufsicht? Die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) konnte nicht einschreiten, da sie schlicht weg nicht zuständig war!
Man muss leider aber auch immer wieder feststellen, dass durchaus eine große Zahl von Anlegern auf diesem Marktsegment steuerentwidmetes Geld – man nennt es auch ‚Schwarzgeld‘ – investieren und bei einem Verlust die staatliche Aufklärung scheuen, d.h. es wird in Betrugsfällen auf eine Anzeige verzichtet. Des Weiteren sind vielfach Anlageentscheidungen derart irrational getroffen worden, dass die Kapitalanleger aus Scham nicht möchten, dass diese dem sozialen Umfeld bekannt werden.
Für die Kapitalinvestoren ist es zudem oft leider sehr genau absehbar, dass keine Aussicht besteht, von dem Geld je etwas zurück zu bekommen. Auf eine Anzeige wird dann verzichtet, weil man den eigenen Ärger über die Fehlentscheidung nicht unnötig verlängern möchte.
Hier nun einige weitere klassische Beispiele für die Auswüchse auf dem ‚Grauen Kapitalmarkt‘, die einer Veröffentlichung von Markus Hinterberger, EURO am Sonntag, entnommen wurden, und die die Brisanz und das finanzielle Ausmaß für die Betreiber, aber besonders auch für die Betroffenen, sehr deutlich machen.
Fondsgesellschaft S & K
Die jüngst untergegangene Fondsgesellschaft S & K in Frankfurt versprach zwölf Prozent Rendite mit Geldanlagen in Immobilien. Der Schönheitsfehler der S & K – Fonds: Es wurden nur wenige lukrative Immobilien gekauft, und die Renditen waren mehr Versprechen und erheblich weniger Realität. Viel Geld steckten die S & K – Gründer in teure Sportwagen und rauschende Feste. Auch hier vermutet die Staatsanwaltschaft ein Schneeballsystem. Nun sitzen die Betreiber der Fondsgesellschaft S & K in Untersuchungshaft und warten auf ihren Prozess.
Bernard Madhoff
Der Mitbegründer der Technologiebörse Nasdaq schaffte es, von potenten Investoren 65 Milliarden Dollar einzusammeln. In der Finanzkrise 2008 wollten einige Kunden ihr Geld zurück. Die Betrugsmaschinerie, die auf immer mehr neues Geld angewiesen war, platzte. Am Ende war noch eine Milliarde Dollar übrig, 2009 wurde der heute 74-Jährige zu 150 Jahren Gefängnis verurteilt.
Charles Ponzi
Der gebürtige Italiener kam 1903 mit 2,50 Dollar in die USA. 1920 hatte er 15 Millionen Dollar. Es versprach seinen Anlegern mit Währungsspekulationen 50 Prozent Gewinn. Tatsächlich konnte er Gewinne nur zahlen, solange neue Anleger ihm ihr Geld brachten. 1920 brach das System zusammen und Ponzi kam in Haft.
Dieter Breitkreuz
Der Phoenix Kapitaldienst, mit dem Dieter Breitkreuz ab 1992 das Geld von Kleinsparern einsammelte, versprach seinen Kunden Termingeschäfte durchzuführen, die sonst nur Banken vorbehalten seien. Rund 30.000 Anleger machten mit und verloren 300 Millionen Euro. Breitkreuz starb 2004 bei einem Flugzeugabsturz.
Adele Spitzeder
München im Jahre 1866. Die mittellose Schauspielerin Adele Spitzeder versuchte sich als Bankerin. Sie lieh sich bei einem Handwerker Geld und verspracht zehn Prozent Zinsen. Das sprach sich rum. Bald konnte sie sich vor Geld kaum retten. Alles lief gut, solange stetig Geld nachkam. Spitzeder lebte in Prunk, spendete aber auch an Bedürftige. 1871 wollten einige ihr Geld zurück. Der Schwindel flog auf, 3.100 Anleger waren finanziell ruiniert.
Ulrich Engler
Der ehemalige Staubsaugervertreter schaffte es 1.300 Gutgläubige davon zu überzeugen, dass er ein Computersystem erfunden habe, welches die Kursentwicklung von Aktien mit höchster Wahrscheinlichkeit voraussagen könne. Mit Renditeversprechnungen von 72 Prozent sammelte er rund 500 Millionen Dollar ein. Am Ende entpuppte sich alles als ein großes Schneeballsystem. Zunächst großer Gewinner: Engler. Im März 2013 wurde er wegen Betrugs verurteilt.
Fragen über Fragen
Es stellen sich im Zusammenhang mit dem „Grauen Kapitalmarkt“ eine Vielzahl von Fragen, die nachfolgend geklärt werden sollen, um das System zu verstehen und die vielfältigen Fallen für die Anleger zu erkennen.
  • Was ist der „Graue Kapitalmarkt“?
  • In welcher Form werden die Gelder investiert?
  • Wofür wird das Geld verwendet, das durch sogenannte Finanzvermittler eingesammelt wird?
  • Welche Vertriebsformen gibt es auf dem ‚Grauen Kapitalmarkt‘?
  • Wie erkennt man unseriöse Anbieter?
  • Gibt es für die Finanzanlagen Prospekte und wie übersichtlich und verständlich sind sie?
  • Wird eine hohe Rendite versprochen?
  • Wie wird die Finanzbeteiligung finanziert und welche Kosten entstehen?
  • Was wird unterschrieben und was kann man bei Zweifeln nach der Unterschrift noch tun?
Was ist der „Graue Kapitalmarkt“?
Lassen Sie uns zunächst betrachten, was der „Graue Kapitalmarkt“ nicht ist. Geldanlageprodukte von Banken, Versicherungen und Wertpapiere, die an der Börse gehandelt werden, gelten grundsätzlich zunächst einmal nicht zum „Grauen Kapitalmarkt“. Hier gibt es klare Regeln mit Spezialgesetzen und die schon zuvor genannte BaFin führt die Aufsicht.
Ein weiterer wichtiger Hinweis ist, dass es ausführliche Zulassungsvoraussetzungen gibt, um auf dem Kapitalmarkt, den man auch „Weißen Kapitalmarkt“ nennt, aktiv werden zu dürfen. Natürlich befreit dies den Anleger nicht davon, alle Angebote genau zu prüfen und auf die Tauglichkeit für die einzelnen Ziele hin zu betrachten.
Aktuell steigen leider jedoch die Hinweise und Warnungen durch die Verbraucherorganisationen, dass es mittlerweile auch Kooperationen und Verflechtungen zwischen Banken, Versicherungen, Finanzvertrieben und anderen Kapitalanlagegesellschaften gibt, so dass von einer hundertprozentigen Unabhängigkeit nicht mehr gesprochen werden kann. Die Grenzen verschwimmen.
Stiftung Warentest bezieht sogar in ihren Abgrenzungen hinsichtlich des „Grauen Kapitalmarktes“ auch solche Produkte mit ein, die von Banken und Versicherungen angeboten werden und die entweder das Anlagerisiko und die Risikobereitschaft des Kapitalanlegers übersteigen, oder aber auch für Kapitalanleger völlig unrentabel sind.
Keine Regeln
Doch kommen wir nun zum klassischen „Grauen Kapitalmarkt“. Auf diesem Markt sucht man vergebens nach festgelegte Regeln und verbindlichen Definitionen für die angebotenen Produkte. Vielfach ist es sogar so, dass die Finanzierungsobjekte nicht einmal genau beim Namen genannt werden.
Bleiben diese unbenannt, handelt es sich um so genannte „blind pool“. Wer sich an einem „blind pool“ beteiligt, weiß überhaupt nicht, was mit seinem Geld geschieht. Er ist auf Gedeih und Verderb der Geschäftsführung des Unternehmens ausgeliefert.
Sie fragen sich, wie man so etwas machen kann? Eben haben wir gelesen, dass jedes Jahr Milliardenschäden durch den „Grauen Kapitalmarkt“ verursachen werden! Es gibt sie tatsächlich, diese Gruppe der Kapitalinvestoren.
In welcher Form werden die Gelder investiert?
Bringt man es auf den Punkt, so werden die Kapitalgeber zu atypisch stille Gesellschafter.
Der atypische stille Gesellschafter leistet eine Bareinlage und ist prozentual am ausgewiesenen Bilanzgewinn und –verlust beteiligt, am Verlust jedoch nur bis zur Höhe seiner Einlage, außer es ist vertraglich etwas anderes, weitreichendes, festgelegt worden. Der atypische stille Gesellschafter ist am Vermögen beteiligt.
Stille Gesellschafter
In der Regel beteiligt sich ein Kapitalgeber an einem bestehenden Unternehmen/Fonds mit einer Einlage, die in der Bilanz als Eigenkapital ausgewiesen wird. Der Kapitalgeber erhält dafür eine reine Gewinnbeteiligung oder aber auch im ungünstigen Fall, eine Verlustbeteiligung.
Kommanditist
Der teilhaftende Kommanditist ist bis zu der Höhe der geleisteten Vermögenseinlage den Gläubigern gegenüber haftbar. Er ist an den Gewinnen und Verlusten prozentual zu seiner Einlage beteiligt. Der Vollständigkeit halber: der Komplementär haftet hingegen mit dem Privatvermögen für die Kommanditgesellschaft, außer es werden andere Gesellschaftskonstruktionen gewählt, zum Beispiel die GmbH & Co. KG.
Wo liegt das Problem?
Einige Leser werden sich fragen, wo das Problem liegen soll? Die Gefahr liegt in den teilweise weitreichenden Haftungen der Gesellschaftsformen. Fällt man unter eine von diesen genannten Kategorien, ist man, ob man es will oder nicht, Mitunternehmer. Damit kann man zwar, wenn Gewinne erzielt werden, Geld verdienen, aber auch Verluste erleiden. Und ganz wichtig: man hat keinen Einfluss auf die Geschäftspolitik der Investoren und/oder Geschäftsführer und trägt mehr oder weniger allein das unternehmerische Risiko.
Unterschätzte Gefahr
Und es gibt zudem eine, zumeist sehr unterschätzte Gefahr. Manche dieser Unternehmen werden als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GBR) oder offene Handelsgesellschaften (OHG) gegründet und geführt. Dann liegt das finanzielle Risiko nicht allein in der Höhe des finanziellen Engagements, sondern im ungünstigsten Fall haftet man sogar mit seinem kompletten Vermögen.
In diesem Zusammenhang sei auch auf die vielfach verwendeten Inhaber-Schuld-Verschreibungen oder aber auch Unternehmensanleihen hingewiesen, die von Unternehmen angeboten werden, die auf dem „normalen“ Kapitalmarkt keine Kredite mehr bekommen und so Millionen Euro bei Privatsparern einsammeln.
Die Anbieter locken mit hohen Zinsen und oft auch mit beruhigenden Bonitätsnoten von Ratingagenturen, die Kleinunternehmen sehr viel großzügiger bewerten als Großunternehmen. Auch in diesen Fällen besteht ein extrem hohes Totalausfallrisiko.
Wofür wird das Geld verwendet?
Vielfach handelt es sich um Immobilien und Grundstücke. Bei Immobilien-Anlagen erfolgt beispielsweise zunächst eine Aufblähung der Kosten und Preise durch die Fondanbieter, bevor diese den Kapitalanlegern angeboten werden.
Zudem ist es nicht unüblich, sehr hohe Fremdfinanzierungen zu verwenden, die die Überteuerung verschleiern sollen aber auch dafür sorgen, dass die Objekte nachhaltig defizitär sind – ganz und gar das Gegenteil von dem, was man unter Immobiliensicherheit versteht.
Ziel ist es schließlich, die Eventualrisiken zu verschleiern. So gehören zu den Immobilienbeteiligungen zum Beispiel die sogenannten Schrottimmobilien, Bauherrenmodelle. Erwerbermodelle, Timesharing-Ferienimmobilien. Die Liste ließe sich noch verlängern.
Spezialfall: Geschlossene Fonds
Besonders gewarnt wird vor den so genannten geschlossenen Immobilienfonds. Die geschlossenen Fonds gibt es aber auch in der Form von Schiffs-. Medien-, Wind-, Solar- und Lebensversicherungsfonds.
Die Eigenart der geschlossenen Fonds ist, dass, wenn die geplante Kapitalsumme eingesammelt und erreicht wurde, der Fonds für weitere Anleger geschlossen wird. Da diese Art der Fonds in der Regel sehr lange Laufzeiten haben, können Anleger, wenn überhaupt, nur mit sehr hohen Verlusten vorzeitig aus dem Vertrag aussteigen.
Doch auch dann wird nicht das eingesetzte Kapital, sondern nur der aktuelle Wert der Beteiligung ersetzt. Dieser ist dann meist geringer, als das eingesetzte Kapital, da in der Anfangsphase der Fonds erhebliche Verluste produziert werden. Kostenfaktoren sind Provisionszahlungen, Beratungskosten, usw.
Der wirtschaftliche Erfolg von geschlossenen Fonds steht und fällt damit, wie erfolgreich das Investitionsobjekt vermietet werden kann. Steht das Fondsobjekt längere Zeit leer oder wird nicht genutzt, droht im schlimmsten Fall sogar der Konkurs des Fonds und damit der Totalverlust der Anlagegelder. Bei Fonds im außereuropäischen Ausland kommt zudem das Wechselkursrisiko hinzu.
Beispiel – nach der Wiedervereinigung
Nach der Wiedervereinigung wurden von findigen – oder sollte man besser windigen – Immobilienvermittlern ganze Wohnblocks in schlechter Wohnlage und noch schlechteren Renditeprognosen, als TOP-Investments angeboten. Dafür waren horrende Provisionen an die Vermittler zu zahlen. Die Geldgeber waren zwar nun im Besitz von Immobilien – aber ohne Wertsteigerungspotential und was vielleicht noch schlimmer ist, ohne Mieter.
Offene Immobilienfonds
Bei den offenen Immobilienfonds hingegen, kann der Anleger börsentäglich Anteile kaufen und verkaufen. Allerdings hat es durchaus auch schon Fälle gegeben, bei denen der Fonds vorsorglich geschlossen wurde, um bei negativen Prognosen oder Nachrichten, zu hohen Kapitalabfluss zu vermeiden.
Leider verwechseln viele Anleger geschlossene Fonds mit Investmentfonds, obwohl die beiden Produkte nichts miteinander zu tun haben. Möglicherweise trägt dieser Umstand dazu bei, dass geschlossene Fonds den größten Anteil am ‚Grauen Kapitalmarkt‘ haben.
Mögliche Angebote
Aber auch andere Bereiche können im Focus dieser Vertriebs- bzw. Strukturbetriebe liegen. So etwa Windkraftanlagen – siehe ‚PROCON‘ -, aber auch der Bau von Schiffen oder die Finanzierung von Spielfilmen. Die Bandbreite der möglichen Angebote ist kaum zu überschauen.
Man findet den „Grauen Kapitalmarkt“ aber auch in Bereichen, in denen man diese Kapitalmarktform nicht unbedingt erwarten würde. Auch bei der Investition in den Kauf von Edelsteinen taucht die Problematik der überhöhten Preise für die Endkäufer auf, abgesehen von dem großen Risiko und der Unsicherheit, ob es sich nicht um völlig wertlose Steine handelt. Wertpapieranlagen im „Grauen Kapitalmarkt“ sind insbesondere Hochzinsanleihen, Börsentermingeschäfte, Derivate, außerbörsliche Aktien, Genussscheine, Inhaberschuldverschreibungen, Bankgarantiegeschäfte.
Welche Vertriebsformen gibt es?
Wer hat sie noch nicht bekommen, die hochglanz Prospektwerbung im Briefkasten, die unerwünschten Telefonanrufer, die zunächst ein unverbindliches Gespräch suchen, bis sie dann zum eigentlichen Geschäft kommen, die E-Mails, die nicht im Spam-Filter aussortiert wurden, oder auch die unerwünschten Fax-Nachrichten, die nur unnötig Papier verschwenden.
Schneeballsysteme
Aber auch – man will es in der heutigen Zeit kaum glauben – an der eigenen Haustür oder in den eigenen Geschäftsräumen, wie früher die Staubsaugervertreter.
Im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Kapitalprodukten auf dem „Grauen Markt“ trifft man sehr häufig auch auf den Begriff des Strukturbetriebs‘ oder aber auch unter dem Namen Schneeballsystem in der Bevölkerung bekannt. Allgemein gesagt handelt es sich dabei um eine pyramidenförmige Verkaufsstruktur, in der, der an der Spitze steht, das Geld verdient und die Letzten im wahrsten Sinne des Wortes „die Hunde beißen“.
Diese Geschäftsmodelle benötigen zum Funktionieren eine ständig wachsende Anzahl an Teilnehmern. Gewinne für angeworbene Vermittler entstehen beinahe ausschließlich dadurch, dass neue Teilnehmer in dem System mitwirken und Geld investieren. Diese Geschäftsmodelle brauchen also unendliches Wachstum. Aber das gibt es bekannter Maßen in der realen Wirtschaftswelt nicht!
Vielfach ist es so, dass die Verkäufer nicht allein versuchen das Produkt zu verkaufen, sondern auch neue Verkäufer zu rekrutieren, die in der Hierarchie dann eine Provisionsstufe unter ihnen stehen.
Oft findet dies dann im Freundes- und Bekanntenkreis statt und neben dem direkten Verkauf wird auch versucht, weitere Adressen aus dem Freundes- und Bekanntenkreises zu sammeln und die persönliche Schiene für den Verkauf auszunutzen.
Davon zu unterscheiden ist das so genannte Ponzi-Schema, wobei Zinsen, die Anleger für eingesetztes Kapital für eine Investitionen erhalten, aus deren eigenen Einlagen entnommen werden.
Unseriöse Anbieter erkennen
In Abwandlung des Liedes von der Glocke, von Friedrich Schiller: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet. … Der Wahn ist kurz, die Reue ist lang“, hier nachfolgend der Versuch, einen Fragekatalog zusammen zu stellen, um für sich selbst angebotene Produkte prüfen zu können, ob sie für das eigene Portfolio geeignet sind. Viele Fehler und Fehleinschätzungen lassen sich schon im Vorfeld vermeiden. Natürlich kann und wird an dieser Stelle kein Anspruch auf Vollständigkeit der Fragen erhoben.
  • Wie kam der Kontakt zwischen Ihnen und dem Verkäufer/Vermittler zustande?
  • Liegt die versprochene Rendite über dem üblichen Kapitalmarktzins?
  • Wer ist der Anbieter der Geldanlage?
  • Wie ist die Qualifikation des Verkäufers?
  • Um was für eine Geldanlageform handelt es sich?
  • Wer passt auf das Geld auf?
  • Sind alle Informationen in den Prospekten so gehalten, dass Sie die Bedeutung und die Folgen klar verstehen?
  • Werden die ersten Zahlungen der Anlage für Kosten und Gebühren verwendet?
Lassen Sie sich auf keinen Fall unter Zeitdruck setzen. Werden Sie skeptisch, wenn auf der einen Seite die Risiken heruntergespielt und auf der anderen Seite sehr hohe Renditen in Aussicht gestellt werden. Das gibt es im wahren Leben nicht!
Steuerberater prüfen lassen
Lassen Sie zudem vermeintliche Steuervorteile durch Ihren Steuerberater hinsichtlich Ihrer eigenen Situation genau prüfen. Da gerade Beteiligungen über einen langen Zeitraum von mehr als zehn Jahren laufen, sollte zudem darauf geachtet werden, ob z.B. eine Änderung der Besteuerungsgrundlage, etwa durch Heirat, Scheidung oder Pensionierung ansteht. Besonderes Augenmerk verlangt, wie immer im Leben, das Kleingedruckte. Ist es verständlich formuliert, oder fragt man sich nach dem zweiten Halbsatz, was im ersten Halbsatz gestanden hat.
Gibt es Prospekte?
Neben dem kritischen Gespräch mit dem Investor und/oder dem Vermittler, können – nein müssen – Sie die wesentlichen Informationen aus dem so genannten Prospekt entnehmen.
Wenn diese Unterlage ernst gemeint und seriös ist, ist es kein Bilderbuch oder Faltblatt, sondern zumeist eine sehr umfangreiche Broschüre, die umfassend über das Investment, seine Konzeption, die Chancen und Risiken sowie alle einschlägigen Rechtsvorschriften Auskunft gibt. Wundern Sie sich daher nicht, wenn so ein Prospekt auch schon einmal die 100 Seiten-Marke überschreiten kann.
Wichtig ist auch für Sie, dass erkennbar ausgewiesen wird, wie die Nebenkosten sich gestalten. Man glaubt kaum, wer alles seinen Anteil an den Provisionen haben möchte. So kassieren Treuhänder, Rechtsberater, der Vertrieb, die Bank usw. Je höher die Abzüge zu Beginn der Kapitalinvestition sind, desto unwahrscheinlicher wird eine gute Rendite.
Lesen Sie das Prospekt in Ruhe und achten Sie auch besonders auf die darin enthaltenen Hinweise auf die Kündigungsregelungen. Oberste Prämisse: Ohne Aushändigung eines aussagekräftigen Prospekts, keine Unterschrift. Und fragen Sie nach, wenn Abschnitte für Sie nicht verständlich sind. Es kann Sie sonst sehr viel Geld kosten.
Wird eine hohe Rendite versprochen?
Verspricht der Verkäufer auf die vertragliche Bindung eine Rendite, die jährlich 5 Prozent übersteigt – zurzeit haben wir einen Leitzins von 0,25 Prozent – sollte man aufhorchen. Nicht wegen des lukrativen Angebots, sondern wegen der möglichen Verlustgefahren Es gilt: Je höher das Renditeversprechen, umso höher das Risiko.“
Ein Versprechen ist keine Garantie. Und was nützt eine Garantie, wenn das Unternehmen in Insolvenz geht und der Totalverlust droht. Achten Sie auch besonders auf die „Sternchen“, die auf die Fußnoten oder die allgemeinen Geschäftsbedingungen verweisen.
Welche Kosten entstehen?
Hier tauchen in diesem Marktsegment vorrangig 3 Varianten auf:
  • Laufende Ratenzahlungen (Vorsicht wegen der langen Laufzeiten),
  • Einmaliger Betrag, z.B. aus dem Ersparten und die gefährlichste Variante:
  • Einmaliger Betrag, finanziert über ein Darlehen. (Geht die Beteiligung schief, werden Verluste gemacht, oder droht gar die Insolvenz, dann ist nicht nur das Geld weg, sondern die Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Darlehnsgeber bleiben bestehen).
Ein Aufschlag (Agio) von 5 Prozent und mehr auf das Finanzengagement ist nicht ungewöhnlich. „Verständlich“ ist diese Höhe, wollen doch viele an den Provisionen mitverdienen.
Was wird unterschrieben?
Achten Sie darauf, dass Sie den Erhalt von Unterlagen auch nur dann quittieren, wenn dieses Ihnen vollständig ausgehändigt wurden. Und Vorsicht, wenn Sie unterschreiben sollen, dass umfassend und komplett beraten wurde.
Und noch mal, lassen Sie sich nicht unter zeitlichen Druck setzen. Die Unterschrift unter einen Vertrag ist für den Verkäufer bares Geld wert.
Es gilt nach wie vor: Unterschrieben ist unterschrieben. Wenn die Widerspruchsfrist abgelaufen ist, ist eine ordentliche Kündigung erst zum vertraglich vorgesehenen Zeitpunkt möglich. Und das können zehn, zwanzig, ja sogar dreißig Jahre sein.
Kommen Ihnen nach der Unterschrift Zweifel, so holen Sie sich sofort Rechtsrat ein. Häufig läuft eine zweiwöchige Widerspruchsfrist, oder es gibt andere formale Mängel. Die Kosten einer Rechtsberatung sind dann eine sinnvolle Investition.
Zusammenfassung und Fazit
Befasst man sich mit dem Thema des „Grauen Kapitalmarktes“ näher, könnte man gelegentlich den Eindruck gewinnen, man betrachte ein Horrorscenario. Es wundert dann schon, dass so viele Kapitalgeber sich auf diesem Markt tummeln. Sind es die hohen Renditeversprechen, die die Vorsicht beiseite schieben lassen? Insolvenz, Totalverlust, hohe Provisionszahlungen sind die Schlagwörter – eigentlich nicht sonderlich vertrauenserweckend.
Ein Ratschlag hinsichtlich des Engagements als Kapitalgeber auf dem „Grauen Kapitalmarkt“, der immer wieder zu lesen ist, ist schlicht, aber sehr zutreffend:
„Investieren Sie in dieses Marktsegment nur das Geld, das Sie nicht benötigen und um das sie nicht trauern und sich nicht grämen, wenn es verloren ist“.
Dr. Rolf Guddorf
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