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Die Markt- und Imagestudie

Der praktische Fall
Die Markt- und Imagestudie

Ein realistischer Unternehmenswert
Der Verfasser wird von Augenoptikern recht häufig gefragt, was denn sein Geschäft tatsächlich wert sei. Diese Frage lässt sich relativ leicht beantworten: „Ein Augenoptikgeschäft ist so viel wert, wie ein Käufer bereit ist, dafür zu bezahlen!“ Mit dieser mehr oder weniger banalen Antwort kann man natürlich nicht zufrieden sein. Allerdings stellt die betriebswirtschaftliche Literatur zur Wertermittlung eines Unternehmens ganz klar fest, dass dies der richtige Wert sei, da er sowohl die Erwartungen des Käufers als auch die Erwartungen des Verkäufers mehr oder weniger trifft und den Marktpreis realistisch widergibt.

Wenn man denn als Verkäufer nur genau wüsste, wo die „Schmerzgrenze“ des Käufers liegt und wie weit man in seiner Kaufpreisforderung gehen könnte oder aus Sicht des Käufers, bei welchem Kaufpreis eine nachhaltige Rendite des zu übernehmenden Geschäftes gewährleistet ist.
Einen sehr guten Anhaltspunkt für den Wert eines Unternehmens liefert der sog. „nachhaltige Zukunftsertrag“, der auf folgenden zwölf Faktoren basiert:
  • 1. Standortqualität
  • 2. Branchenentwicklung
  • 3. Mietvertrag
  • 4. Substitution
  • 5. Ortsentwicklung
  • 6. Mitarbeiter
  • 7. Wettbewerb
  • 8. Inhaberabhängigkeit
  • 9. Ladenambiente
  • 10. Umsatzentwicklung
  • 11. Bekanntheitsgrad
  • 12. Imageprofil
Wie man sieht, sind in den genannten Faktoren auch eine Fülle von Grundlagen, die aus der Markt- und Imagestudie eines Betriebes resultieren.
Dies trifft auch auf unseren neuen praktischen Fall zu, der von einem Unternehmer handelt, der sein Geschäft in absehbarer Zeit veräußern möchte und sich zur Ruhe setzen will. Da ein erheblicher Teil der Altersvorsorge durch die Geschäftsveräußerung aufgebracht werden muss, kommt es also ganz entscheidend darauf an, den möglichst optimalen Verkaufswert zu erzielen.
Systematisches Vorgehen führt zu realistischen Werten
Der Gesamtwert eines Unternehmens setzt sich zusammen aus:
Substanzwert
+ Firmenwert
–––––––––––––––––––––––––––
= gesamter Unternehmenswert
Ausgangspunkt der Berechnungen ist also zunächst einmal die Ermittlung eines zutreffenden Substanzwertes. Hier trifft man in der Praxis mitunter Positionen im Betriebsvermögen an, die mit der betrieblichen Leistungsstellung direkt nichts zu tun haben. So ist beispielsweise der Erwerb einer Lizenz oder einer Beteiligung mitunter aktivierungspflichtig, hat jedoch mit der Erstellung der betrieblichen Leistung direkt nichts zu tun. Gleiches gilt beispielsweise auch für einen Firmen-PKW – der aus persönlichen Gründen als „Oltimer“ im Unternehmen geführt wird, jedoch nicht mitveräußert werden soll. Alle diese Positionen sind selbstverständlich aus dem Substanzwert herauszurechnen.
Darüber hinaus setzt sich der Substanzwert aus vielen Einzelpositionen zusammen, die jeder Augenoptiker in seiner aktuellen Bilanz unter dem sogenannten „Anlagenspiegel“ wiederfindet. Hierin ist nämlich enthalten, zu welchem Zeitpunkt und zu welchem Ursprungswert ein bestimmter Anlagegegenstand erworben worden ist.
Bei der Ermittlung des realen Substanzwertes kommt es darauf an, den jeweiligen Verkehrswert zu errechnen. Hierin steckt die Überlegung, dass nämlich auch bereits abgeschriebenes Anlagevermögen weiterhin genutzt werden kann und insofern auch einen Wert besitzt. Als Erfahrungswert kann hier mitgeteilt werden, dass Anlagengegenstände mit jährlich etwa 10 Prozent Wertminderung zugrunde gelegt werden können. Dies bedeutet, dass eine Einrichtung, die vor fünf Jahren einen Wert von 100000 Euro beschafft wurde, heute einen realen Substanzwert von 50000 Euro widerspiegelt. Blickt man in die Bilanz, so stellt man fest, dass die Einrichtung häufig schneller abgeschrieben wird, was ja betriebswirtschaftlich durchaus einen Sinn ergibt.
Dies führt jedoch dazu, das die Einrichtung in der Bilanz beispielsweise noch mit 30000 Euro zu Buche steht – jedoch wie oben dargestellt, einen aktuellen Verkehrswert von 50000 Euro repräsentiert. Hier gilt es also, die aktuellen Verkehrswerte exakt zu errechnen, um so einen vernünftigen Substanzwert zu erhalten.
Ermittlung des Ertragswertes
Basis zur Berechnung des Firmenwertes ist zunächst einmal der sog. „Ertragswert“. Dieser Wert ermittelt sich aus den tatsächlichen Betriebsergebnissen eines Unternehmens – korrigiert um diverse Korrekturpositionen, die dem betrieblichen Leistungsgeschehen direkt nicht zuzurechnen sind.
Betrachten wir hierzu das in Chart 1 wiedergegebene Zahlenbeispiel von Augenoptik A, so zeigt sich hier in der Entwicklung des Betriebsergebnisses eine recht unterschiedliche Ausprägung. So wurde beispielsweise im Jahr 2001 – als erstem Basisjahr der Berechnung des betrieblichen Reinertrages – ein (auf Euro-Basis umgerechneter) Gewinn in Höhe von 90000 Euro erzielt, während das Folgejahr mit 155000 Euro deutlich besser abschnitt; das Jahr 2003 kam dann wieder in die Größenordnung des Jahres 2001 mit einem Volumen von 107000 Euro.
Die erste Korrekturposition sind die Skontibeträge. Vom oben genannten Betriebsergebnis sind nämlich die Skontierträge insofern abzuziehen, als es sich hierbei um Finanzierungserlöse handelt. Sie stellen somit eine Folge der Finanzkraft von Augenoptik A dar, was jedoch mit der unmittelbaren Leistungserstellung des Unternehmens nichts zu tun hat. Wäre das Unternehmen nicht so liquide (oder beispielsweise ein fremder Erwerber), so könnte auch nicht skontiert werden und im Ergebnis enthaltene Erlöse könnten nicht erreicht werden.
Bei der nächsten Korrekturposition handelt es sich um „außerordentliche Aufwendungen“; also Aufwendungen, die ebenfalls nicht mit der betrieblichen Leistungserstellung in Verbindung stehen. In unserem praktischen Fall waren es Aufwendungen für Instandhaltungen des gemischt genutzten Betriebsgebäudes.
Eine besonders gravierende Korrekturposition stellte im Jahr 2002 die Auflösung stiller Reserven dar. Es handelte sich hierbei um in den Vorjahren gelegte stille Reserven (Rückstellungen), die aus steuerlichen Gründen im Jahr 2002 aufgelöst wurden und somit das Betriebsergebnis in diesem Jahr nicht unerheblich schmälerte. Insofern relativiert sich auch das auf den ersten Blick beste Betriebsergebnis des Jahres 2002 ganz erheblich.
Ebenso wie die Skonti – als Finanzierungserträge – müssen auch Fremd- und Eigenkapitalzinsen bei der Berechnung des Reinertrages korrigiert werden. Hierbei sind Fremdkapitalzinsen dem Ergebnis hinzuzurechnen und Eigenkapitalzinsen – als kalkulatorische Kosten – vom Ergebnis abzuziehen. Gleiches trifft auch auf den Unternehmerlohn zu, der in allen drei Jahren für Augenoptik A mit 60.000,00 Euro (als BGW-Erfahrungswert) zugrunde gelegt wurde.
Darüber hinaus wurden auch einige Familienangehörige in der Lohnbuchhaltung mitgeführt, die jedoch nicht in dem Umfang ihre Arbeitskraft dem Unternehmen widmeten, wie dies sich buchhalterisch niederschlug. Hierzu wurden in den Jahren 2001 und 2002 jeweils 24.000,00 Euro vom Ergebnis abgezogen.
Darüber hinaus leistete Augenoptik A in den vergangenen Jahren diverse Zahlungen, die aufgrund vertraglicher Vereinbarungen fällig wurden. Da auch diese mit der Leistungserstellung direkt nicht in Zusammenhang standen, waren sie dem Betriebsergebnis wiederum hinzuzurechnen.
Bei all diesen Korrekturrechnungen zeigen sich dann die ermittelten Reinerträge der drei letzten Geschäftsjahre wie folgt:
Jahr 2001 = 57.605,00 Euro
Jahr 2002 = 42.477,00 Euro
Jahr 2003 = 81.800,00 Euro
Nun ist es in diesem Zusammenhang sicherlich plausibel, dass das Betriebsergebnis des aktuellen Geschäftsjahres von höherer Wertigkeit ist, als dies beispielsweise beim Betriebsergebnis des Vorjahres noch mehr des Vorvorjahres der Fall ist.
Insofern wird man durch Gewichtung dieser Ergebnisse diesem Tatbestand gerecht und ermittelt hieraus den sog. „durchschnittlichen Reinertrag“ wie er in der Chart 2 wiedergegeben ist
Der nachhaltige Zukunftsertrag
Würde man den – wie im vorigen Abschnitt dargestellt – den durchschnittlichen Reinertrag als Basis zur Berechnung des Unternehmenswertes heranziehen, so würde man die Zukunftsperspektiven des Unternehmens in gar keiner Weise berücksichtigen. Wie wichtig dies jedoch ist, zeigt die nachfolgende Darstellung mit der entsprechenden Rechen-Vorgehensweise. Die einzelnen Faktoren wurden bereits zu Beginn dieser Artikels vorgestellt. Sie sind mit einer unterschiedlichen Werthaltigkeit ausgestattet, was sich in einer differenzierten Gewichtungs-Ziffer bemerkbar macht. So sind die Faktoren von höchster Bedeutung
– Standortqualität
– Ortsentwicklung
– Wettbewerb
mit einem Gewichtungsfaktor von 3,0 ausgestattet, auf deren Wirkungsweise später noch eingegangen wird.
Um den individuellen Gegebenheiten vor Ort gerecht zu werden, wird eine Einschätzung nach Gut (Bewertung mit 2,0) oder Durchschnitt (Multiplikation mit 1,0) oder „Nicht-Gut“ (Bewertung = 0) vorgenommen. Betrachtet man die einzelnen Faktoren, so kommt hier für Augen- optik A folgendes zum Tragen.
1. Standortqualität
Die Standortqualität von Augenoptik A kann nur als hervorragend gekennzeichnet werden. Die Lage des Geschäftes an einer stark frequentierten Einkaufsstraße im Stadtteil einer Großstadt weist alle Merkmale auf, die ein sehr guter Standort vermittelt. Die Niederlassung eines namhaften Kaufhauses in unmittelbarer Nähe schafft gleichermaßen Frequenz, wie auch Parkmöglichkeiten. Verschiedene Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs (Straßenbahn und Busse) befinden sich in direkter Nähe des Eingangs von Augenoptik A. Insgesamt muss der Standort als 1 A bezeichnet werden.
In der Chart 3 kommt also bei der höchsten Gewichtung des Faktors „Standortqualität“ und bei der Benotung von Gut die Multiplikation von 2,0 (für Gut) mal 3,0 (Gewichtung) zu einem Punktwert von 6.
2. Branchenentwicklung
Die Entwicklung der Branche Augenoptik in den vergangenen drei Jahren kann nun wahrlich nicht als gut oder durchschnittlich bezeichnet werden. In der Relation zu früheren Jahren mussten in diesem Zeitraum erhebliche Stückzahlrückgänge verkraftet werden, die nur zum Teil über verbesserte Produktivitäten und höherwertige Produkte aufgefangen werden konnten. Die Verlängerung des Kaufintervalls spricht in diesem Zusammenhang ebenfalls eine deutliche Sprache. Da es heute in zunehmendem Maße eher auf „Firmenkonjunkturen“ als auf „Branchenentwicklungen“ ankommt, fällt die Gewichtung mit einem Wert von 1,0 bei weitem nicht so hoch aus, wie beispielsweise bei der Standortqualität.
In der Chart 3 ist demzufolge bei der Bewertung „Nicht Gut“ unter Gewichtung 1,0 bei einem Punktwert von 0 wiedergegeben.
3. Mietvertrag
Durch gute Kontakte zum Vermieter konnte Augenoptik A wiederum einen neuen 10-Jahresvertrag mit zwei mal fünf Jahren Option erreichen. Somit sind vom Mietvertrag alle Voraussetzungen erfüllt, ein erfolgreiches Geschäft an dieser Stelle auch fortzuführen, ohne dass von der Vermietungsseite Probleme auftauchen werden.
Hier findet man bei Geschäftsveräußerungen häufig, dass Mietverträge entweder nur noch relativ kurz laufen oder aber vor einer grundsätzlichen Neugestaltung stehen.
Hier gilt es für den Käufer eines Unternehmens, sehr sorgfältig vorzugehen, damit ihm nicht von der Vermieterseite her durch ungünstige Vertragsgestaltung Probleme erwachsen.
4. Substitution
Mit dem Stichwort „Substitution“ ist der Tatbestand gemeint, dass die Brille möglicherweise ersetzt (substituiert) wird wie beispielsweise durch das Lasik-Verfahren. Die in zunehmendem Maße in allen Regionen der Bundesrepublik entstehenden Lasik-Zentren vermelden verstärkten Zulauf. Wie die Wirklichkeit zur Zeit zeigt, wird die Brille durch das Lasik-Verfahren jedoch nicht komplett überflüssig (also substituiert).
Auch hier liegt der Gewichtungsfaktor mit 1,0 relativ niedrig, so dass bei der Einschätzung einer „durchschnittlichen Bewertung“ ein Punktewert von 1,0 entsteht.
Über die weiteren Faktoren zu Berechnung des nachhaltigen Zukunftsertrages wird in der nächsten Ausgabe berichtet.
Hartmut Melzer
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