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Die Markt- und Imagestudie

Der praktische Fall
Die Markt- und Imagestudie

In der vergangenen Ausgabe des Augenoptikers wurde zu diesem Thema darüber berichtet, dass Augenoptik A sein Geschäft veräußern möchte und in dem Zusammenhang einmal wissen wollte, wie viel denn sein Unternehmen tatsächlich wert ist. Diese Frage ist selbstverständlich von elementarer Bedeutung, wenn es darum geht, aus dem Erlös des Unternehmens auch einen Teil der Altersvorsorge zu sichern. Selbstverständlich kommt es nicht nur auf die effektiv vorhandenen, substantiellen Werte des Unternehmens an, sondern es sind auch die individuellen Faktoren, die eine nicht unerhebliche Rolle bei der Wertfindung spielen. Darüber hinaus ist aber auch die jeweils aktuelle wirtschaft- liche Situation und die steuerliche Seite von Relevanz. Insofern ist jeder Augenoptiker gut beraten, wenn er sich bei diesem Schritt sowohl der Mithilfe des Steuerberaters als auch des Unternehmensberaters bedient. Der Rechtsanwalt sollte dann zur Vertragsgestaltung ebenfalls mit heran- gezogen werden.

Nachhaltiger Zukunftsertrag
Da es gerade die Zukunftsbetrachtung ist, die den Wert eines Unternehmens ganz maßgeblich beeinflusst, kommt der Festlegung der einzelnen Ertragsfaktoren eine zentrale Bedeutung zu. Über die Faktoren:

  • 1. Standortqualität
  • 2. Branchenentwicklung
  • 3. Mietvertrag
  • 4. Substitution
wurde in der vergangenen Ausgabe bereits berichtet. Nachfolgend werden die weiteren acht Faktoren als Einflussgröße auch den Zukunftsertrag detailliert dargestellt.
Es verwundert keineswegs, dass der Faktor „Ortsentwicklung“ zur höchsten Prioritätsstufe gehört. Mit einer Gewichtung von 3,0 wird der besonderen Bedeutung dieses Faktors Rechnung getragen, denn es ist absolut einleuchtend, dass die Entwicklung eines Ortes bzw. einer Stadt von zentraler Bedeutung ist. Gerade die Augenoptiker im Osten der BRD machten in den zurückliegenden Jahren die schmerzhafte Erfahrung, dass viele Städte Einwohner-mäßig „ausbluteten“. So verschwinden quasi „über Nacht“ Kaufkraftpotenziale, mit denen man vorher noch fest hat rechnen können. Aber auch im übrigen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gibt es negative Wanderungsbewegungen, die zu einem absoluten Verlust der Kaufkraft für Brillen führen.
Dem gegenüber stehen selbstverständlich auch Gebiete, die sich aufgrund ansiedelnder Unternehmen positiv entwickeln und somit auch zusätzliche Kaufkraft für Brillen, Kontaktlinsen und optische Handelswaren bieten. In unserem praktischen Fall von Augenoptik A hält sich die Ortsentwicklung „die Waage“; im Bewertungschema (siehe hierzu Chart 1) wird somit ein Multiplikationsfaktor von 1,0 für durchschnittliche Bewertung und einer Gewichtung von 3,0 ein Punktwert von 3 erreicht.
Auch die Mitarbeitersituation des Betriebes wird „durchschnittlich“ bewertet. Wie die durchgeführte Markt- und Imagestudie gezeigt hat, gibt es den einen oder anderen Kritikpunkt im persönlichen Leistungsbereich des Betriebes. So wurde beispielsweise der Schwellenwert bei der Bewertung der „Höflichkeit und Freundlichkeit“ aber auch im Bereich „Beratungsintensität“ leicht überschritten. Auch muss innerhalb des Teams eine ziemliche Schwankungsbreite in der Leistungsbereitschaft konstatiert werden, so dass die Bewertung insgesamt bei 1,0 lag.
Wie beinahe überall in Deutschland, herrscht auch in X-Stadt ein sehr starker Wettbewerb. Alle überregional tätigen, namhaften Filialunternehmen betreiben in mehr oder weniger geringer Nähe von Augenoptik A ein Augenoptikgeschäft. Zum Teil liegen diese Geschäfte nicht unmittelbar im Stadtteil von Augenoptik A; aber in den umliegenden benachbarten Stadtteilen ist fast alles vertreten, was in der Optik „Rang und Namen“ hat. Neben den Filialbetrieben gibt es selbstverständlich auch eine Reihe Inhaber-geführter Wettbewerbsgeschäfte, so dass die Bewertung der Wettbewerbssituation mit „nicht gut“ dazu führt, dass Augenoptik A bei diesem Faktor einen Punktwert von 0 erhält. Dies ist bei der höchsten Gewichtung von 3,0 natürlich eine schmerzhafte Einbuße im Gesamtpunktewert. Es zeigt sich aber, wie wichtig es ist, hier sehr dezidiert vorzugehen und auch für sich selbst eine realistische Bewertung der Gesamtsituation vorzunehmen.
Beim Faktor „Inhaber-Abhängigkeit“ taucht ein vermeintliches Paradox auf. Denn je intensiver der Inhaber in seinem Geschäft mitwirkt, um so stärker ist selbstverständlich auch der Erfolg des Geschäftes mit seiner Person verbunden. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass bei der Veräußerung des Geschäftes der Inhaber normalerweise ausscheidet und somit nicht mehr als Zielperson für den Kunden erreichbar ist. Dies nehmen dann mitunter manche Kunden zum Anlass, sich umzuorientieren und ein anderes Augenoptikgeschäft aufzusuchen. Wenn es andererseits dem Augenoptiker gelingt, sich im Verkauf „entbehrlich“ zu machen – sowie es in unserem praktischen Fall auch tatsächlich Fakt war – und nur zeitweise in Verkauf und Beratung – also in direktem Kundenkontakt – tätig zu sein, so hat dies für die Bewertung des Unternehmens erhebliche Vorteile. Bei Augenoptik A konnte daher eine gute Bewertung vorgenommen werden, so dass bei einem Gewichtungsfaktor von 2,0 insgesamt vier Punkte für die Bewertung der Inhaberabhängigkeit erreicht wurden.
In der Markt- und Imagestudie zur Bewertung des Unternehmens gaben die Kenner des Betriebes eine eher durchschnittliche Bewertung ab. Sicherlich stellt das Geschäft heute noch ein „ansehnliches“ und „ansprechendes“ Augenoptikgeschäft dar. Allerdings ist die Kundenansprache im Geschäft nicht mehr auf dem allerneuesten Stand. Dies wurde ja bereits bei der Berechnung des Substanzwertes des Unternehmens deutlich. Entsprechend der Nutzungsdauer der Einrichtung kann auch hierfür eine durchschnittliche Bewertung vorgenommen werden.
Die Umsatzentwicklung von Augenoptik A ist geprägt durch ein geringes Wachstum in den letzten Jahren. Es wurden keine überproportionalen Zuwächse erzielt, aber auch kein einziges Geschäftsjahr schloss im Umsatz mit einem Minus ab. Die Bewertung mit einer 1,0 (als Durchschnitt) führt bei einem Gewichtungsfaktor von 2,0 zu einem Punktwert von 2.
Der Bekanntheitsgrad des Unternehmens muss insgesamt als sehr gut bezeichnet werden. Sowohl der ungestützte Bekanntheitsgrad – also die Spontanbekanntheit bei den Verbrauchern – fällt mit ca. 35 Prozent außerordentlich gut aus. Der gestützte Bekanntheitsgrad – also die gezielte Nachfrage, ob man Augenoptik A kennt, ist ebenfalls sehr gut. In Anbetracht der Stadtgröße und der Tatsache, dass Augenoptik A bereits recht lange am Standort tätig ist, ist der gestützte Bekanntheitsgrad von 75 Prozent als sehr gut zu bezeichnen. Hierfür erhält Augenoptik A im Rahmen der Bewertung einen Punktwert von 4.
Gleiches trifft auch auf das Imageprofil von Augenoptik A zu. Prüft man die Faktoren im Detail, so wird überwiegend ein sehr positives Urteil für das Geschäft abgegeben. Mit leichten Einschränkungen – wie oben im Bereich Mitarbeiter bereits erwähnt – sind Service, Angebot, Lieferbereitschaft, Preisstellung etc. mit einer sehr positiven Bewertung versehen. Auch hierfür erhält das Unternehmen einen Punktwert von 4.
Fasst man einmal alle Punkte der Faktoren zusammen, so erhält man insgesamt einen Punktwert von 30.
Die Addition der Gewichtung (vergleiche Chart 1) liegt bei gesamt 24, so dass sich in der Division 30 geteilt durch 24 ein Bewertungsfaktor von 1,25 ergibt.
Diesen Bewertungsfaktor multipliziert man nun mit dem durchschnittlichen Reinertrag des Unternehmens, der (vergleiche hierzu letzte Ausgabe des Augenoptikers) bei 64.660 Euro lag, so erhält man einen bewerteten
nachhaltigen Zukunftsertrag in Höhe von 80.825 Euro.
Dies bedeutet, dass die gesamten Softnomics („weiche Werte“) zu einer Höherbewertung des Betriebsergebnisses um 25 Prozent führen, was für die weitere Berechnung des Firmenwertes von ausschlaggebender Bedeutung ist.
Die Berechnung des Firmenwertes
Nachdem der nachhaltige Zukunftsertrag ermittelt worden ist, geht es nun darum, durch weitere Berechnungsfaktoren diesen Ertrag in die Zukunft „hochzurechnen“, und auf den heutigen Wert „abzuzinsen“.
Hierzu bedient man sich in der betriebswirtschaftlichen Vorgehensweise am besten der drei nachfolgenden Berechungsmethoden:
  • Direkte Methode
  • Mittelwertmethode
  • Methode angelehnt an das Stuttgarter Verfahren.
Diese Vorgehensweise berücksichtigt praktisch alle drei wesentlichen Berechnungsmethoden und stellt hieraus einen zutreffenden Mittelwert dar.
Bei der direkten Methode geht man vom realen Substanzwert aus und ermittelt dann die sog. „Normalverzinsung“. Hierbei handelt es sich um die Verzinsung für langfristige, sichere Kapitalanlagen und rechnet hierauf einen Risikozuschlag von 50 Prozent. Konnte man in früheren Jahren noch langfristige sichere Kapitalanlagen mit 6 bis 7 Prozent Zins ansetzen, so liegt die aktuelle Verzinsung bei 3,5 Prozent. Rechnet man auf diese 3,5 Prozent 50 Prozent Risikozuschlag hinzu, so liegt der Satz bei 5,25 Prozent. In der nachfolgenden Chart 2 ist dargestellt, dass sich entsprechend des Rechenweges ein Firmenwert 1 in Höhe von 679.762 Euro ergibt.
Die Mittelwert-Methode geht auch von einem Kapitalisierungszinsfuß für langfristige Kapitalanlagen aus und rechnet hierzu Risikozuschläge für im Unternehmen gebundenes Kapital hinzu. Im vorliegenden Rechenbeispiel wird auf den Kapitalisierungszinsfuß für langfristige Kapitalanlagen in Höhe von 3,5 Prozent der bereits erwähnte Risikozuschlag von 50 Prozent = 1,75 Prozent sowie auch ein Risikozuschlag von 25 Prozent = 0,875 Prozent hinzugerechnet, so dass der Mittelwert-Methode ein Zinsfuß von 6,125 Prozent als Berechnungsbasis dient.
Wie die Chart 3 zeigt, errechnet sich hieraus ein Firmenwert 2 in Höhe von 569.796 Euro.
Bei dieser Bewertungsmethode wird in der Gewichtung unterschieden zwischen einem eher „Inhaber-bezogenen“ oder einem eher „Standort-bezogenen“ Firmenwert. Der Inhaber-bezogene Firmenwert wird für einen Zeitraum von drei Jahren zugrunde gelegt, die Berechnungsdauer für den Standort-bezogenen mit fünf Jahren deutlich länger.
Wie unser praktischer Fall zeigt, ist der Firmenwert von Augenoptik A eher standortbezogen, da das Unternehmen über einen 1 A Standort verfügt. Auch die Inhaber-Abhängigkeit ist nicht so groß, so dass hier eindeutig die Standort-bezogene Zeit von fünf Jahren zugrunde gelegt wird.
Diese Berechnungsmethode (vergleiche Chart 4) führt dann zu einem Firmenwert 3 in Höhe von 356.875 Euro.
Ergebniszusammen-stellung
Die Chart 5 vermittelt in der Zusammenfassung und der Berechnung des Durchschnittswertes einen durchschnittlichen Firmenwert in Höhe von 535,478 Euro.
Da der gesamte Unternehmenswert sich aus Firmenwert und realem Substanzwert zusammensetzt, muss man zu diesem Wert noch den realen Substanzwert hinzurechnen. Die separate Berechnung dieses Wertes hatte ein Volumen von 180.000 Euro, so dass der gesamte Unternehmenswert bei 715.478 Euro auskommt.
Die Verhandlung mit dem Käufer führte dann für Augenoptik A zu dem Ergebnis, dass insgesamt ein Wert von 685.000 Euro als Kaufpreis erzielt werden konnte. Die Abschläge, die sich im Rahmen der Vertragsverhandlungen ergeben hatten, führten zu der Reduzierung. Als Fazit bleibt hierauf festzuhalten, dass sowohl Augenoptik A als auch der Erwerber des Geschäftes zufrieden waren. Denn mit diesem Eintrittspreis in den Markt war für den zukünftigen Inhaber auch die Chance verbunden, eine vernünftige und noch ausbaufähige Rendite zu erwirtschaften.
Hartmut Melzer
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