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Die Markt- und Imagestudie

Der praktische Fall
Die Markt- und Imagestudie

Der neue praktische Fall beschäftigt sich mit einem Augenoptikgeschäft, das im Stadtteil einer Großstadt seit etwa zwölf Jahren ansässig ist. Die Großstadt verfügt über mehrere 100.000 Einwohner und besitzt dementsprechend eine Reihe so genannter „Unterzentren“, die mehr oder weniger stark mit Geschäften besetzt sind.

Unser Augenoptikgeschäft A befindet sich leider in einem Stadtteil, der zwar einwohnermäßig mit etwa 15.000 Einwohner gut besetzt ist, jedoch insgesamt über eine relativ einfache gesamte Versorgung verfügt. So sind beispielsweise Branchen aus dem mittel- bis langfristigen Versorgungsbereich nahezu überhaupt nicht mehr vertreten. Die gesamte Einzelhandelslandschaft ist relativ ausgedünnt, besteht vorrangig aus Angeboten des täglichen Bedarfs. Diese Entwicklung – über die in der jüngsten Vergangenheit sehr viele Standorte leidvoll zu berichten wissen – brachte Augenoptik A zu der Überlegung, ggf. den Standort zu wechseln, um an anderer Stelle mit günstigeren Voraussetzungen ein besseres Geschäft zu betreiben.

In der bisher zwölfjährigen Geschichte des Betriebes hat es – entsprechend der Konsumkonjunktur und der Branchenentwicklung – ein Auf und Ab gegeben. So wurde beispielsweise vor sieben Jahren die Entscheidung getroffen, neben Brillen und Sonnenbrillen außerdem ein kleines Uhren-Schmuck-Sortiment mit aufzunehmen. Diese Entscheidung hat seinerzeit dazu geführt, dass das Geschäft einen gewissen Impuls nach vorne verspürte, der sich jedoch auf einem relativ niedrigen Niveau stabilisierte. So wurde vom Gesamtumsatz lediglich ein kleiner Teil in diesem Sortimentsbereich erreicht. Wie in vielen Uhren-Schmuckgeschäften überstieg die Lagerhaltung bald ein vierjähriges Umsatzvolumen. Mit anderen Worten: Das vorhandene Warenlager schlug sich lediglich alle vier Jahre einmal um, so dass hier von einer vernünftigen Rendite auch keine Rede mehr sein konnte.
Im Augenoptikbereich wurden dann zaghafte Versuche unternommen, den Kontaktlinsenbereich auf- und auszubauen, was jedoch ein „mühsames Unterfangen“ darstellte. Auch hier kam man über einen geringen Anteil am Umsatz nicht hinaus.
Einzelkämpfer haben es schwer
Erschwerend für Augenoptik A kam bei der gesamten Standortsituation hinzu, dass er der einzige Augenoptik-Anbieter im Stadtteilgeschäft der Großstadt war. Entgegen der landläufigen Meinung, dass man als so genannter „Monopolist“ immer eine bessere Ausgangssituation besitzt, gehört es für ein einzelnes Angebot fast immer dazu, dass der Verbraucher diesem Geschäft unterstellt, seine Einzelposition auszunutzen. Hinzu kommt, dass der potenzielle Kunde kein Angebot zum direkten Vergleich hat, und somit von vornhinein geneigt ist, einen anderen Einkaufsplatz aufzusuchen, wo er aus einem vielfältigen Angebot sich das Beste her-aussuchen kann. Insofern ist an vielen Standorten die Überlegung durchaus sinnvoll, ein zweites zusätzliches Geschäft – selbstverständlich mit völlig andere Grundkonzeption – zu errichten, um so dem Verbraucher eine Alternative zu bieten und ihn am Standort zu halten.
Für das untersuchte Geschäft Augenoptik A war nun interessant zu erfahren, welche Zukunfts-Chancenpotenziale der eigene Standort bietet oder ob es sinnvoll ist, den Standort zu wechseln.
Die Ausgangssituation im Markt
Wie der Leser dieser Serie aus vielen Untersuchungen weiß, sind zur Erforschung der Standortsituationen eines Geschäftes drei Punkte ganz wesentlich:
  • Bekanntheitsgrad und Marktposition des eigenen Unternehmens im Vergleich der maßgeblichen Wettbewerber
  • Einschätzung des zukünftigen Verhaltens aktueller und potenzieller Brillenkäufer
  • Einschätzung und Akzeptanz der Kenner des Unternehmens und der Kunden zu bestimmten Leistungen des Betriebes
Die Markt- und Imagestudie liefert hierzu ganz wichtige aktuelle Daten, die Ansatzpunkte für die eigene Strategie und das Ausschöpfen des zu erwartenden Chancenpotenzials bieten.
So zeigt die nachstehende Chart im Hinblick auf den Bekanntheitsgrad von Augenoptikbetrieben, die im Standort relevant sind, dass es durchaus gelingt, flächendeckend auftretenden Großanbietern (Filialisten 2, 3 und 4) durchaus Paroli zu bieten. Der ungestützte Bekanntheitsgrad von Augenoptik A (s. Chart 1) liegt mit 35,7 Prozent nur unwesentlich unter dem in Massenmedien sehr stark auftretenden Filialisten 2. Die ebenfalls in der Werbung recht intensiv in Erscheinung tretenden Filialisten 3 und 4 werden sogar überrundet. Nun muss man selbstverständlich akzeptieren, dass ein „vor-Ort-Anbieter“ alleine durch seine Präsenz immer gewisse Vorteile besitzt.
Den Profilierungsgrad der Augenoptiker entsprechend der Rangfolge des ungestützten Bekanntheitsgrades zeigt die nachfolgende Übersicht 1.
Ein überraschendes Ergebnis für Augenoptik A war die Tatsache, dass der viel höher eingeschätzte Filialist 1 im Bewusstsein des Verbrauchers nur eine relativ untergeordnete Rolle spielt. Selbst wenn man berücksichtigt, dass sich das nächste Geschäft dieses Anbieters in der Stadtmitte befindet, ist – entsprechend der umfangreichen Werbung des Filialisten 1 – die Ausprägung des Bekanntheitsgrades erstaunlich niedrig.
Defizite in bestimmten Zielgruppen
Besonders interessant für Augenoptik A ist die detaillierte Auswertung der Ergebnisse in den einzelnen Zielgruppen. So wird in allen BGW-Markt- und Imagestudien immer wieder differenziert erfragt und analysiert nach den Gruppen:
Männer und Frauen
  • in den verschiedenen Altersgruppen
  • ob es sich um bereits aktuelle Brillenträger oder solche Personen handelt, die sich nicht als Brillenträger bezeichnen, oder auch bislang noch keine Brille gekauft hatten
  • Personen an verschiedenen Standorten
Hierzu vermittelt die Tabelle 1 sehr differenzierte Ergebnisse. So ist bezogen auf Augenoptik A ein besonderer Schwerpunkt bei den Frauen festzustellen, die deutlich häufiger Augenoptik A als bekanntes Augenoptikgeschäft nennen als die Männer. Wie nicht anders zu erwarten war, nimmt mit zunehmendem Alter der befragten Personen auch der Nennungsanteil für Augenoptik A zu. Hier ist jedoch, wie später noch darzustellen sein wird, ein erhebliches Potenzial ungenutzt. Es gibt durchaus Beispiele, dass gerade in den jüngeren Altersgruppen besonders hohe Profilierungsgrade erreichbar sind, wenn entsprechende Maßnahmen ergriffen werden.
Ein Ergebnis, das bei den BGW-Standort- und Markt- und Imagestudien immer wieder festzustellen ist, ist das deutliche Defizit der traditionellen Augenoptikgeschäfte bei der Gruppe der „Nicht-Brillenträger“. Hier haben ganz deutlich die Filialisten „die Nase vorn“. Ganz offensichtlich gelingt es diesen Betrieben, durch breitflächigere Werbung im TV- und Printbereich größere Aufmerksamkeit bei Jugendlichen zu erreichen.
Interessant für Augenoptik A war die Tatsache, dass am Standort „Wochenmarkt“ der Bekanntheitsgrad des Unternehmens deutlich steigt. Hier ist zu vermuten, dass Personen, die den Stadtteil als so genanntes „Oberzentrum“ betrachten, also aus benachbarten kleineren Stadtteilen ohne irgendeine Handelsversorgung kommen, Augenoptik A besser kennen als das Standortpublikum selbst.
Hoher Brillenkäuferanteil
Für die Ertragsseite eines Augenoptikunternehmens ist ausschlaggebend, wie viele Personen im Standortgebiet des Geschäftes bereits einmal eine Korrektionsbrille gekauft haben und nicht so sehr der Anteil derjenigen, der sich auch tatsächlich als Brillenträger sieht. Immer wieder stellt sich nämlich heraus, dass Personen zwar eine Korrektionsbrille gekauft haben, sich aber auf entsprechende Nachfrage nicht als Brillenträger bezeichnen. Augenoptiker neigen dazu, solche Personen nicht von vornherein als Hauptzielgruppe anzusehen, was im Hinblick auf die Ausschöpfung eines interessanten Potenzials durchaus von Nachteil ist.
In der vorliegenden Untersuchung im Stadtteil der Großstadt liegt der Anteil der Personen, die die Frage nach einem Kauf einer Korrektionsbrille mit „Ja“ beantwortet hatte, bei 71 Prozent. Damit liegt das Ergebnis deutlich höher als der Durchschnittswert vergleichbarer Untersuchungen in Deutschland. An dieser Stelle sei noch einmal auf die bekannte Tatsache hingewiesen, die sich in zahlreichen BGW-Untersuchungen immer wieder bestätigt, dass städtische Regionen einen erheblich höheren Brillenkäuferanteil ausweisen als ländliche Gebiete. Um die Ergebnisse der vorgenommenen Untersuchung in Beziehung zu den Erfahrungs- und Durchschnittswerten zu stellen, siehe nachfolgende Übersicht 2. In allen ausgewerteten Teilgruppen liegen die Untersuchungswerte deutlich über Schnitt. Betrachtet man den Gesamtdurchschnitt von 71,0 Prozent (vgl. Chart 2) zum BGW-Durchschnitt (67,5 Prozent) so lässt sich hier mit einer Differenz von 3,5 Prozentpunkten bereits ein kleiner „eigener Markt“ erkennen. Auffallend ist auch, dass sich relativ viele Befragte als Nicht-Brillenträger bezeichnen, obwohl sie bereits einmal eine Korrektionsbrille gekauft hatten. Von allen befragten Brillenkäufern sind nach eigener Aussage hierzu immerhin 29 Prozent zu zählen. Dies zeigt ganz offensichtlich, dass viele Konsumenten im Stadtteil für die Verbesserung ihres Sehkomforts eine Korrektionsbrille kaufen, diese aber nur partiell tragen und somit sich selbst nicht den Brillenträgern zuordnen.
Der hohe Anteil der bisherigen Brillenkäufer signalisiert aber auch, dass über den Grundnutzen „gutes Sehen“ kein Potenzial mehr zu erschließen ist. Die Versorgung ist bereits so hoch, dass andere Argumente zum Brillenkauf ins Feld geführt werden müssen, die vorrangig in Richtung „zusätzliche komfortable Ausstattung“ gehen.
Hier wurde für Augenoptik A bereits eine konkrete Maßnahme vorgeschlagen, die sich in Form eines „Sehprofils“ mit Hilfe des „Sehkompasses“ installieren lässt. Dieses Instrument zielt darauf ab, von vornherein auf die Notwendigkeit einer vielfältigen Brillenausstattung für den Brillenkäufer einzugehen. Auf die vielfältigen Situationen, in denen der Brillenkäufer seine Sehsituation optimieren kann, wird mit Hilfe des Sehprofils hingewiesen. Alleine die Tatsache, dass im europäischen Ausland häufig die Auflage besteht, im Auto eine „Ersatzbrille“ zur Sicherheit beim Autofahren mitzuführen, sollte Veranlassung geben, hierauf im eigenen Unternehmen immer wieder hinzuweisen.
Der Marktanteil entscheidet
Wie sich die Marktanteile von Augenoptiker A im Stadtteil der Großstadt darstellen, vermittelt die Chart 3. Als erfreulich ist zunächst festzustellen, dass Augenoptik A mit 24,0 Prozent den höchsten Marktanteil aller Augenoptikbetriebe ausweist. So ist im Vergleich zum „Profilierungsgrad“ gegenüber dem Filialisten 2 festzustellen, dass der Vorsprung im ungestützten Bekanntheitsgrad nicht ausgereicht hat, dies auch in einen Vorteil beim Marktanteil umzumünzen. Hier ist der Filialist 3 zu nennen, der über einen niedrigeren Bekanntheitsgrad verfügte, aber dafür im Marktanteil aufgeholt hat.
Trotzdem ist für Augenoptik A selbstverständlich enttäuschend, dass, obwohl man der einzige Anbieter ist, lediglich 24 Prozent des Standortpublikums die Brille dort gekauft hatten. Hier kommt der eingangs erwähnte Effekt zum Tragen, dass ein Anbieter allein es nicht schafft, den Markt voll auszuschöpfen. Nach Einschätzung aller individuellen Standortfaktoren müsste es aber für Augenoptik A möglich sein, den Marktanteil auf etwa 35 bis 40 Prozent anzuheben. Nach BGW-eigenen Erfahrungswerten gelingt es, in einer solchen Standortsituation und dem Vorhandensein von Alternativen bis zu 60 Prozent des erreichbaren Marktpotenzials auszuschöpfen und am Ort zu binden. Dies selbstverständlich nur, wenn alle Standortfaktoren intensiv bearbeitet werden und insbesondere die gesamte Verkaufsmannschaft vor Ort „an einem Strang zieht“. Die zweite konkrete Maßnahme für Augenoptik A, der sich bereits in der öffentlichen Interessens- und Werbegemeinschaft sehr engagiert, hier noch einmal zusätzlich „Dampf zu machen“. Denn letztlich geht es darum, den Standort insgesamt attraktiver zu machen, um so die gesamte Kaufkraft vor Ort zu binden. Ein sicherlich nicht leichtes Unterfangen, zu dem es aber keine Alternative gibt. Hartmut Melzer
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