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Die Markt- und Imagestudie

Der praktische Fall
Die Markt- und Imagestudie

Über die besondere Situation, in der sich ein Augenoptik- Geschäft in einem Stadtteil einer Großstadt befindet, wurde in der vergangenen Ausgabe des Augenoptikers bereits berichtet. Die Ausgangsposition ist einerseits als einigermaßen „komfortabel“ zu bezeichnen, denn die intensive Kenntnis der örtlichen Einwohnerstruktur bietet dem Augenoptiker eine Fülle von guten Einblicken. Andererseits ist die Situation aber auch schwierig, da der Wunsch vieler Verbraucher besteht, das Angebot der City in seiner bunten Vielfältigkeit zu erleben und zu nutzen. Hängt es zum einen von der Größe eines Stadtteils ab, ob sich dort eine bunte Einzelhandelslandschaft finden lässt, so ist es andererseits von der Aktivität der Kaufleute, Handwerker und sonstigen Gewerbetreibenden des Stadtteils abhängig, ob die Kaufkraft im gesamten Ort verbleibt oder in die City abwandert.

In unserem praktischen Fall konnte festgestellt werden, dass – bezogen auf die Kaufkraft von Brillen – sehr viele in die Innenstadt abwandern und dort auch die Brille kaufen. Von großer Bedeutung für Augenoptik A war es daher herauszufinden, wie die Motivation der Brillenkäufer ist, und welche Entscheidungsmotive für den Brillenkauf von ausschlaggebender Bedeutung sind. Hier wird in jüngster Zeit sehr viel über die zunehmende „Preissensibilität“ der Brillenkäufer diskutiert. War noch vor ca. vier bis fünf Jahren das Argument „Preisgünstigkeit“ ein Argument „unter ferner liefen“, so ist dies heute im besonderen Maße in den Vordergrund gerückt worden. Das Argument „Geiz ist geil“ lässt sich im übertragenen Sinne sicherlich auch auf die Brille anwenden.

Die Preissensibilität ist weiter auf dem Vormarsch
Es vergeht heute kaum ein Gespräch mit Augenoptikern, in dem nicht das Thema diskutiert wird, wie sollen wir uns im Hinblick auf die Preissensibilität in Zukunft verhalten? Sollen wir einfach „unseren Stiefel weitermachen?“ Oder sollen wir unser Angebot komplett an günstigeren Preisen orientieren? Gibt es einen gesunden Mittelweg? Auf diese Fragen gibt es sicherlich keine allgemein gültige und für alle zutreffende Antwort zu einem Patentrezept. Zunächst ist jedoch mal entscheidend zu wissen, wie denn im eigenen Markt die Preissensibilität des Verbrauchers ausgeprägt ist. Hierzu wurde im Rahmen der Markt- und Imagestudie von Augenoptik A konkret gefragt: „Aus welchen Gründen haben Sie Ihre letzte Brille dort gekauft?“ Hinterfragt wurde in dem Zusammenhang die Motivation aller Brillenkäufer, die zuvor ein bestimmtes Augenoptikgeschäft als Einkaufsstätte der letzten Brille genannt hatten. Die Chart 1 zeigt in der Übersicht zunächst einmal die generelle Motivation der Brillenkäufer, warum ein bestimmtes Geschäft aufgesucht wurde. Nicht von ungefähr wird für die Augenoptik im sogenannten „Kundenmonitor“ immer wieder die besondere Stärke der Unternehmen und das positive Leistungsimage hervorgehoben. So zeigt die Chart 1 – wie in den vergangenen Jahren bereits immer wieder dokumentiert – das wichtigste Argument „gute Bedienung und Beratung“. Nahezu ein Drittel aller befragten Personen (31,8 Prozent) nannte dieses Argument als wichtigsten Entscheidungsgrund für ein bestimmtes Augenoptik-Geschäft.
Relativ dicht tritt das Argument „Nähe Wohnort“ auf. Für viele Personen ist es also entscheidend, dass sich das Augenoptik-Geschäft in relativer Nähe zum Wohnort befindet. Hier würde Augenoptik A deutliche Vorteile in der Marktposition erreichen, wenn dieses Argument zum Tragen kommt.
Bereits an dritter Stelle liegt heute das Argument „Preisgünstigkeit“. War es früher beispielsweise nur jeder sechste oder siebte Verbraucher, für den die Preisstellung (= absolut günstiger Preis) von entscheidender Bedeutung bei einem Brillenkauf war, so ist es heute bereits jeder vierte, der dieses Argument als wichtigstes ins Feld führt.
Weitere wichtige Argumente sind noch:
  • guter Kundendienst und Service (14,5 Prozent)
  • Stammkundenbindung (12,8 Prozent)
Alle übrigen Motive sind eher von untergeordneter Bedeutung, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die Brillenkäufer nicht gezielt in den einzelnen Kategorien der Entscheidungsmotive konkret abgefragt wurden, sondern dass es sich hierbei um Spontannennungen der Befragten handelt. Auf diese Art und Weise gelingt es nämlich, die besondere Dominanz bestimmter Argumente in der Aussage auch tatsächlich unbeeinflusst zu gewinnen.
Deprimierend ist es auch festzustellen, dass die Tatsache, dass „das Geschäft gefällt“ fast überhaupt nicht erwähnt wird, wenn es um die Begründung für den Brillenkauf in einem bestimmten Geschäft geht. Sicherlich lässt sich sowohl über den untersuchten Standort im Stadtteil als auch über die Geschäfte in der Innenstadt nicht behaupten, dass sie „unansehnlich“ gestaltet seien. Aber ganz offensichtlich ist es auch nicht so – und das zeigt die Wirklichkeit – dass es Geschäfte gibt, die einen „vom Hocker reißen“. Hier gilt es für Augenoptik A, unbedingt neue Akzente zu setzen, wobei der Schwerpunkt mit Sicherheit nicht auf aufwendigem Ladenbau liegt, sondern eher darauf, mit pfiffigen Ideen neue Signale und Impulse auszusenden.
Gleichermaßen von geringer oder nahezu Null-Resonanz sind „Nähe zum Arzt“ oder „ärztliche Empfehlung“. Ganz offensichtlich gibt es weder am untersuchten Standort noch im Gesamtuntersuchungsbereich gezielte Hinweise durch Augenärzte.
Verschiedene Entscheidungsgründe in den einzelnen Zielgruppen
In welchen Maße sich die einzelnen Zielgruppen in der Motivation und Entscheidung für bestimmte Geschäfte unterscheiden, vermittelt die Tabelle 1.
So lauten die Hauptmotive in den einzelnen Zielgruppen:
Frauen:
  • Nähe Wohnort (28,9 Prozent)
  • Gute Bedienung und Beratung (26,7 Prozent)
  • Preisgünstigkeit (25,6 Prozent)
Männer:
  • Gute Bedienung und Beratung (31,8 Prozent)
  • Nähe Wohnort (27,4 Prozent)
  • Preisgünstigkeit (22,3 Prozent)
16–25 Jährige:
  • persönliche Empfehlung (26,3 Prozent)
  • Gute Bedienung und Beratung (26,3%)
26–40 jährige:
  • Gute Bedienung und Beratung (28,9 Prozent)
  • Nähe Wohnort (22,2 Prozent)
41–60 jährige:
  • Preisgünstigkeit (33,3 Prozent)
  • Gute Bedienung und Beratung (30,3 Prozent)
über 60 jährige:
  • Nähe Wohnort (40,8 Prozent)
  • Gute Bedienung und Beratung (38,8 Prozent)
  • Stammkundenbindung (26,5 Prozent)
Brillenträger:
  • Gute Bedienung und Beratung (34,1 Prozent)
  • Preisgünstigkeit (27,8 Prozent)
  • Nähe Wohnort (27,8 Prozent)
Nicht-Brillenträger:
  • Gute Bedienung und Beratung (26,4 Prozent)
  • Nähe Wohnort (26,4 Prozent)
  • Guter Kundendienst und Service (18,9 Prozent)
Besonders interessant in diesem Zusammenhang ist die Motivation der Nicht-Brillenträger, also der Personen, die sich selbst nicht als Brillenträger bezeichnet, obwohl bereits einmal eine Brille gekauft wurde. In dieser Zielgruppe sind ganz offensichtlich eine Reihe anderer Motive sehr viel bedeutender als der Preis. Wenn man denn – aus welchen Gründen auch immer – sich nicht selbst als Brillenträger sieht, weil man beispielsweise Brillen nur zu bestimmten Gelegenheiten oder Anlässen trägt, ist es augenscheinlich viel wichtiger, dass sich das Geschäft in der Nähe befindet (Nähe Wohnort), oder dass neben der „Guten Bedienung und Beratung“ auch ein „hervorragender Kundendienst und Service“ geboten wird. Außerdem bezeichnet sich diese Zielgruppe noch häufiger als „Stammkunde“ als die ausgesprochenen Brillenträger, die offensichtlich eher noch mehr die Abwechslung lieben.
Maßgebliche Entscheidungskriterien je Augenoptiker
Ein bisschen das „Salz in der Suppe“ der Markt- und Imagestudie sind die Detailergebnisse, die sich auf die einzelnen Anbieter vor Ort bzw. in der Region ermitteln lassen. So war es auch für Augenoptik A von großer Erkenntnis, welche Motive Brillenkäufern bei den einzelnen Augenoptikern im Vordergrund standen. Weiß man nämlich, warum bestimmte Geschäfte aufgesucht werden bzw. aber auch vernachlässigt werden, so kann man dieses gleichermaßen für die eigene Marketing- und Kommunikationsstrategie nutzen wie halt eben auch auf vorhandene Marktsituationen gezielt reagieren.
Die Ergebnisse hierzu vermitteln die Tabellen 2 und 3. Für Augenoptik A entscheiden sich die Brillenkäufer vorrangig aus folgenden Gründen:
  • Nähe Wohnort (58,1 Prozent)
  • Gute Bedienung und Beratung (44,2 Prozent)
  • Stammkundenbindung (30,2 Prozent)
Auch der sprichwörtlich gute Kundendienst und Service von Augenoptik A wird mit einer Nennungsquote von 20,9 Prozent sehr honoriert. Hier bietet das Unternehmen ganz offensichtlich ein Highlight, mit dessen Hilfe einige Kunden vor Ort gehalten und von einem Gang in die Stadt abgehalten werden.
Alle übrigen Argumente spielen in der Kaufmotivation von Augenoptik A nur eine geringe oder überhaupt keine Rolle, was leider auch auf den Bereich „Preisgünstigkeit“ zutrifft. Um an dieser Stelle nicht missverstanden zu werden, geht es nicht darum, dass Augenoptik A hier mit dem Image eines „Discounters“ auftritt, sondern dass vielmehr das Argument „Preisgünstigkeit“ in der Kaufmotivation nahezu überhaupt keine Rolle spielt. Dies müsste aber – bei der so starken Ausprägung des Bereiches Preisgünstigkeit – stattfinden. Wie nämlich in der konkreten Hinterfragung von Augenoptik A ermittelt wurde, werden den potenziellen Brillenkäufern überhaupt keine Preisangebote vermittelt.
Die Geschäftsleitung von Augenoptik A ist der Meinung: „Wir wollen nicht Gefahr laufen, in der Zukunft der billige Jakob zu werden!“ Die Gefahr einer solchen Preispolitik besteht selbstverständlich darin, dass man Interessenten von vornherein „abblockt“, ohne dass man mit ihnen überhaupt in ein Verkaufsgespräch gelangt. Möglicherweise wäre es ja gelungen, preissensible Interessenten auch für einen etwas höheren Preis zu gewinnen, wenn man mit Ihnen hätte sprechen können.
Nicht von ungefähr haben daher die Filialisten (vgl hierzu Tabelle 3) mit Ausnahme des örtlichen Filialisten die „Lufthoheit im Preisbereich“. Mit deutlich über 40 Prozent ist dieses Argument bei den Filialunternehmen deutlich als Hauptargument im Vordergrund.
Der Wunsch nach einem preisgünstigen Optik-Geschäft im Stadtteil
Wie ja in der vergangenen Ausgabe des Augenoptiker zur Ausgangssituation von Augenoptik A berichtet wurde, ist der untersuchte Stadtteil eher zu den einkommensmäßig unterdurchschnittlichen Bereichen zu zählen. Insofern sollte im Rahmen der Befragung die Analyse im Hinblick auf die Preissensibilität „auf den Punkt gebracht werden“. Wurde beispielsweise konkret gefragt: „Vermissen Sie hier im Stadtteil einen preisgünstigen Augenoptiker?“
Die Ergebnisse dazu sind recht eindeutig. So vermittelt die Chart 2, dass mehr als zwei Drittel der Befragten kein solches Geschäft vermissen. Nur 15,1 Prozent (also nur jeder 7.) vermissen ein solches Geschäft vor Ort.
Ergänzt man diese Frage nach dem möglichen Vorhandensein eines derartigen Augenoptik-Geschäftes dahin, ob die Verbraucher bereit wären zu einem preisgünstigen Augenoptiker zu wechseln, erhält man das in der Chart 3 wiedergegebene Ergebnis. Der weitaus größte Teil steht einer Wechselbereitschaft eher negativ (34,1 Prozent) oder gleichgültig (37,4 Prozent) gegenüber. Nur etwa jeder vierte. Brillenkäufer würde zu einem preisgünstigeren Augenoptiker wechseln, wenn einer im Stadtteil vorhanden wäre.
Als Fazit aus diesen Analysedaten lässt sich für Augenoptik A der Schluss ziehen, in Zukunft intensiver und häufiger punktuelle Preisangebote zu machen. Dies kann einmal auf dem Wege des Sonderangebotes sogenannte „betriebstreuer Ware“ geschehen, aber auch als Folge eines günstigen Fassungs- und Glaseinkaufs, wobei man hier die besonders gute Kondition zum Teil an den Endkäufer weiter gibt. Selbstverständlich ist in diesem Zusammenhang auch die Rendite des eigenen Unternehmens im Auge zu behalten.
Hartmut Melzer
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