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Die Markt- und Imagestudie

Der praktische Fall
Die Markt- und Imagestudie

Grundsätzlich gibt es immer mehrere Möglichkeiten, seinen aktuellen Geschäftsbetrieb auszuweiten, also im Rahmen der Marktfeldstrategie das Konzept der „Expansion“ zu verwirklichen. Unter dem Gesichtspunkt der „Konzentration der Kräfte“ sollte bei Überlegungen im Hinblick auf Expansion immer zunächst versucht werden, das bestehende Unternehmen (Einzelbetrieb) so zu optimieren, dass wirklich alle Chancen, die der Standort und das Umfeld bieten, angegangen und genutzt werden.

Aber hier ist sicherlich auch einmal das „Ende der Fahnenstange“ erreicht. Gibt es einen örtlichen und starken Wettbewerb oder ist der überörtliche Wettbewerb so gravierend, dass die Geschäftsentwicklung stagniert, sind sicherlich Überlegungen angebracht, sich nach außen zu orientieren und einen neuen, zusätzlichen Standort ins Auge zu fassen.

Auch hier gibt es selbstverständlich auch wieder die beiden Alternativen, entweder ein komplett neues Geschäft zu errichten oder aber ein bestehendes Geschäft zu übernehmen. Beide Alternativen haben Vor- und Nachteile und es gilt sicher immer sorgfältig abzuwägen, welche Vorteile im speziellen Fall den Ausschlag geben und somit genutzt werden.
In einer solchen Situation befindet sich auch – im Rahmen des neuen „praktischen Falls“ – Augenoptik Z, dem zugetragen wurde, dass ein alteingesessenes Augenoptikgeschäft zum Kauf anstand. Der Inhaber von Augenoptik Z betreibt als Junior in der dritten Generation ein Augenoptikgeschäft in einer Mittelstadt im Osten unserer Republik und hat sein bestehendes, von den Großeltern und Eltern übernommenes Geschäft „richtig gut im Griff“. Die Zahlen des Unternehmens sind sehr positiv, was sicherlich auch auf neue und aktive Vorgehensweisen des Juniors zurück zu führen ist. Über das zu übernehmende Geschäft gibt es zunächst nur spärliche Informationen, so dass an erster Stelle zunächst einmal die Daten des Unternehmens einer kritischen Überprüfung unterzogen werden. So werden die Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten drei bis fünf Jahre angefordert, die auch zur Verfügung gestellt werden. Ergänzt werden diese betriebswirtschaftlichen Daten durch die hauseigenen EDV-Daten des Betriebes, so dass man sich einen Überblick über die aktuelle Situation und die Grundkonstellation des abzugebenden Augenoptikgeschäftes vorab informieren kann.
Eine schwierige Entwicklung
Auf den ersten Blick lassen die Zahlen erkennen, dass das Unternehmen eine schwierige Entwicklung in der jüngsten Vergangenheit zu verzeichnen hatte. Sicherlich ist durch die Folgen der Gesundheitsreform im Jahre 2004 einiges auf der Strecke geblieben, aber auch die Zahlen des Jahres 2003, in der ja die Augenoptik kräftig zugelegt hatte, lassen keinen Grund zum Jubeln erkennen. Von ursprünglich einmal etwas über 400.000 Euro Jahresumsatz ist das Unternehmen auf knapp 200.000 Euro abgesunken und hat somit etwa die Hälfte seines Umsatzes verloren. Insofern könnte man in einem Statement vorweg einmal sagen, dass das Geschäft „seine besten Jahre“ bereits deutlich hinter sich gelassen hat.
Die Besichtigung des Geschäftes zeigte jedoch, dass die Einrichtung aktuell ist und auch eine umfangreiche und technische Ausstattung vorliegt, so dass der geforderte Kaufpreis durchaus einen sachlichen Gegenwert widerspiegelt. Also von den internen Daten könnte man durchaus von einem akzeptablen Kaufpreis sprechen.
Das große Fragezeichen ist der Markt. Welche Chancen bietet der Markt des zu übernehmenden Geschäftes? Gibt es ausreichend Möglichkeiten, an die „alten Zeiten“ wieder anzuknüpfen und ein gutes Umsatzniveau zu erreichen? Sind die Wettbewerber in der Zwischenzeit so stark geworden, dass man „kein Bein mehr auf die Erde bekommt“? Hierzu sollte zunächst einmal die kritische Standortbegehung Aufschluss geben, wie die Gesamtkonstellation bewertet wird.
Das Geschäft befindet sich im Stadtteil einer Großstadt und verfügt im Kern über mehr als 20.000 Einwohner. In vielen Städten und Großstädten im Osten sind die Einwohnerzahlen in der letzten Jahren rückläufig gewesen. Dies trifft auch auf den Standort des zu übernehmenden Augenoptikgeschäftes zu. Hier mussten Verluste von etwa 25 Prozent in den letzten Jahren hingenommen werden.
Der Stadtteil liegt etwa fünf bis sechs Kilometer vom Kern der City der Großstadt entfernt und verfügt über eine gewisse Grundversorgung mit geringen Anteilen auch im mittel- bis langfristigen Bedarf.
Hier gilt es also zunächst zu untersuchen, wie das Kaufverhalten der Bevölkerung auf das allgemeine Einkaufen einzuschätzen ist, so dass im Rahmen der durchgeführten Markt- und Imagestudie zunächst einmal gefragt wurde, wo denn hauptsächlich eingekauft wird, und dies differenziert im kurzfristigen Bedarfsbereich und im mittel- bis langfristigen Bedarfsbereich.
Auskunft hierüber geben die Tabellen 1 und 2 sowie auch die Charts.
Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang noch, dass es sich bei dem zu übernehmenden Geschäft um zwei Geschäftsbetriebe handelt, die in unterschiedlichen Stadtteilen untergebracht sind. Das Hauptgeschäft befindet sich – wie bereits geschildert – in direkter Nähe zur City, während das Filialgeschäft sich in einem ca. acht Kilometer entfernten anderen Stadtteil derselben Großstadt befindet.
Insofern ist interessant, wenn man sich die differenzierten Ergebnisse der einzelnen Teilräume anschaut. So wird beispielsweise im Teilraum 1 (Hauptgeschäft) deutlich, dass etwa zwei Drittel des täglichen Bedarfs tatsächlich auch dort in diesem Stadtteil eingekauft wird. Noch höher ist der Anteil der täglichen Bedarfsdeckung im Teilraum 2. Die Verbraucher kaufen hier zu 80 Prozent ihre Lebensmittel und sonstige Güter des täglichen Bedarfs tatsächlich vor Ort ein.
Diese hohe Konzentration wird insbesondere bei den über 60-jährigen deutlich. Diese kaufen im Lebensmittel- und sonstigen kurzfristigen Bedarfsbereich nahezu kaum außerhalb ein.
Auch die umliegenden Einkaufscenter werden nicht so sehr wegen der Lebensmittel angesteuert, was im übrigen auch auf die Innenstadt der Großstadt zutrifft, die nur zu 6,1 Prozent zum Kauf von Lebensmitteln aufgesucht wird.
Der Trend nach außerhalb
Tabelle 2 und Chart 2 signalisieren ganz deutlich, dass der untersuchte Stadtteil wirklich vorrangig zum Kauf von Lebensmitteln und Gütern des kurzfristigen Bedarfsbereichs favorisiert wird. Sobald mittel- oder längerfristiger Bedarf (z. B. Textilien, Schuhe, Hausrat etc.) zu kaufen sind, wandert die Kaufkraft nach außen ab. So werden beispielsweise am Standort 1 lediglich 26,7 Prozent des mittel- und langfristigen Bedarfes gedeckt. Am Standort 2 ist es mit 29,0 Prozent auch nicht sehr viel mehr.
Da die Augenoptik selbstverständlich auch zu den sonstigen Bedarfsgütern zu rechnen ist, wird an dieser Stelle bereits deutlich, dass von Seiten der Verbraucher der ortsansässigen Versorgung keine große Kompetenz zugesprochen wird. Vielmehr spiegelt sich in den Daten eine Entwicklung wider, die besonders intensiv in den neuen Bundesländern Platz greift. Der Stellenwert der Einkaufscenter ist außerordentlich hoch. Hier sind die im Umkreis des Standortes 1 befindlichen Einkaufcenter nahezu gleich stark vertreten und mit Anteilen von jeweils um 29 Prozent wird also bald ein Drittel der Versorgung im mittelfristigen Bedarfsbereich in den Einkaufscentern gedeckt. Mit 27,3 Prozent spielt dann die Innenstadt selbst also nicht mehr die alles entscheidende und dominierende Rolle.
Betrachtet man die Ergebnisse noch differenziert an den Teilräumen 1 und 2, so wird hier die Nähe des entsprechenden Centers deutlich. Am Standort 1 liegt das Einkaufscenter X regional näher, so dass dieses etwa so häufig frequentiert wird wie die Innenstadt. Im Teilraum 2 ist es das Einkaufscenter Y, welches sogar mehr als die Hälfte der Kaufkraft aus diesem Stadtteil abzieht!
Welchen Stellenwert haben Brille und Augenoptik?
Eine Information darüber, wie die Versorgung der Bevölkerung mit Korrektionsbrillen ist, ergibt sich stets aus der Frage, ob bereits einmal eine Korrektionsbrille gekauft worden ist. Hierbei wird häufig die Erfahrung gemacht, dass in städtischen Gebieten der Brillenkäufer-Anteil deutlich höher ausfällt als in ländlichen Regionen. Dies ist jedoch in der vorliegenden Markt- und Imagestudie deutlich anders. Bezogen auf den Gesamtmarkt kann lediglich von einer Brillenkäuferquote von 66,7 Prozent ausgegangen werden, so das der BGW-Erfahrungswert von knapp 68 Prozent sogar noch unterschritten wird.
Bei differenzierter Betrachtung der einzelnen Standorte zeigt sich am Standort 2 mit 74,5 Prozent ein deutlich überproportionaler Brillenkäuferanteil. Am Sitz des Hauptgeschäftes, (Standort 1), liegt der Brillenkäuferanteil mit 64,6 Prozent jedoch sehr niedrig.
Dies zeigt sich auch in den einzelnen Altersgruppen. Findet man nämlich ansonsten bei den über 60-jährigen eine fast nahezu vollständige Versorgung mit Brillen von an die 100 Prozent vor, so ist in der vorliegenden Untersuchung lediglich ein Anteil von 80,8 Prozent zu bemerken.
Für Augenoptik A bedeutet dies nun wiederum andererseits, dass bei entsprechenden Bemühungen um den Markt durchaus noch höhere Käuferanteile erreicht werden können, so dass sich auf jeden Fall bei Realisierung des Projektes (also Übernahme des Geschäftes) die Durchführung von umfangreichen Sehtests empfiehlt. So lassen sich dann über den Grundnutzen „Verbesserung des guten Sehens“ auch durchaus noch Verbraucher bewegen und diese auf das Geschäft aufmerksam machen.
Andererseits zeigen die Zahlen auch ganz deutlich, dass hier in der Vergangenheit sicherlich nicht mehr die erforderlichen Aktivitäten entfaltet worden sind. Außerdem wird ebenfalls deutlich, dass die Tatsache, dass im Stadtteil kein weiterer Wettbewerber ansässig ist, auch durchaus weniger Markt realisiert wird. Hier hätte – wie in den vorigen Ausgaben des Augenoptikers geschildert – eine Verstärkung der Wettbewerbssituation vor Ort auch zu einer höheren Versorgung insgesamt geführt.
Wie sehen die Marktanteile aus?
Einen Überblick über die Marktanteile vermittelt die Tabelle 4. Hier zeigt sich am Standort 1 für das Hauptgeschäft des zu übernehmenden Unternehmens ein Anteil von 13,4 Prozent und am Standort 2 – also dem Sitz der Filiale – ein nahezu gleich hoher Marktanteil von 13,3 Prozent.
Somit wandern über 80 Prozent der Kaufkraft für Brillen an andere Einkaufsstätten ab. Wie die Aufstellung zeigt, „atomisiert“ sich der Markt auf viele einzelne Anbieter, die sowohl in der Innenstadt der Großstadt als auch in den umliegenden Stadtteilen der Großstadt ansässig sind.
Fasst man die Prozentzahlen der Filialisten einmal zusammen, so werden hier insgesamt mengenmäßig etwa 40 Prozent der Brillen gekauft.
Als Resumé für Augenoptik A lässt sich aus diesen Daten her-auslesen, dass sowohl von der Marktseite als auch von der Versorgungsseite her es durchaus interessant sein kann, das Geschäft zu übernehmen. Hier muss selbstverständlich im Hinblick auf den Kaufpreis sehr sorgfältig gerechnet werden, denn das bestehende Unternehmen verfügt bei weitem nicht über die Marktstellung, die eigentlich auf Grund der Einwohnerzahl zu erwarten wäre.
Ein weiterer wichtiger Punkt zur Beurteilung der aktuellen Situation und möglichen Chancen besteht auch im Ausgabeverhalten und der zukünftigen Orientierung der Verbraucher im Stadtteil, über das in der nächsten Ausgabe berichtet werden soll.
Hartmut Melzer
BGW Marketing- & Management-Service, Essen
Gesamtbefragte = 66,7 % (BGW-Durchschnitt – 67,5%)
Männer = 66,3 % (BGW-Durchschnitt – 65,5%)
Frauen = 67,1 % (BGW-Durchschnitt – 69,3%)
  • 16 bis 25jährige = 33,7 % (BGW-Durchschnitt – 42,3%)
  • 26 bis 40jährige = 57,6 % (BGW-Durchschnitt – 55,6%)
  • 41 bis 60jährige = 82,4 % (BGW-Durchschnitt – 77,6%)
über 60jährige = 86,8 % (BGW-Durchschnitt – 94,1%)
Teilraum 1 = 64,6 %
Teilraum 2 = 74,5 %
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