Startseite » News » Betrieb »

Die Markt- und Imagestudie

Der praktische Fall
Die Markt- und Imagestudie

Begeisterung ist heute gefragt!
In einer Zeit, in der alle Welt mit individuellen Problemen kämpft und auch die allgemeine wirtschaftliche Situation zum „Grübeln“ veranlasst, ist es besonders wichtig, mit der „ Begeisterung“ konfrontiert zu werden.

Wie die Berichterstattung über den aktuellen, praktischen Fall gezeigt hat, waren durchaus Ansätze für Begeisterung im Hinblick auf den Brillenkauf im untersuchten Unternehmen Augenoptik A zu erkennen.
So wurde insbesondere von älteren Personen (über 60-Jährige) mitgeteilt, dass sie der Kauf der letzten Brille bei Augenoptik A „total begeistert“ hätte. Es sei in diesem Zusammenhang auch daran erinnert, dass am Standort 2 – also am Standort der Filiale von Augenoptik A – die Begeisterung mit 41,9 Prozent besonders „hohe Wellen schlägt!“
Es muss jedoch erkannt werden, dass auch für diese Begeisterung in der Bewertung ein so genannter Schwellenwert existiert, der bei 30 Prozent liegt; also ca. ein Drittel der befragten Brillenkäufer sollte schon mitteilen, dass der Brillenkauf für sie ein besonderes Erlebnis gewesen ist. Dies war leider im vorliegenden Fall nicht so. Bezüglich des Kaufpreises waren daher in jedem Fall Abstriche vorzunehmen.
Brillenverordnungen heute
In früheren Jahren war es immer außerordentlich interessant herauszufinden, wer denn die Brille, die gekauft wurde, verordnet hatte, bzw. wer die Glasstärken gemessen hatte. In der Gegenüberstellung von Augenarzt und Augenoptiker konnten dann sehr interessante Rückschlüsse gezogen werden.
So war es nämlich möglich, die Eigenrefraktionen aller Augenoptiker mit den ärztlichen Verordnungen zu vergleichen und festzustellen, wie die eigene Refraktions-Strategie im Markte angekommen ist bzw. welche Dominanz der jeweilige verordnende Augenarzt hatte. Denn es wurde intensiv von Augenoptikern versucht, die Eigenrefraktion als große Stärke des Unternehmens im Bewusstsein des aktuellen und potentiellen Brillenkäufers zu verankern, was an den verschiedenen Standorten mit mehr oder weniger großem Erfolg auch tatsächlich gelungen ist.
Und wie sieht die Situation heute aus? In einem Gespräch mit einem aktiven Augenoptiker bekam der Autor dieser Serie die Frage gestellt: „ Wenn ich heute Refraktionswerte auf einem Notizzettel vorgelegt bekomme, der aus der hiesigen Augenarzt-Praxis stammt, ist das dann eine Verordnung? Oder handelt es sich hierbei um einen „wohlwollenden Hinweis“ des Augenarztes im Hinblick auf die Werte des potentiellen Brillenkäufers?“
Im Zuge der Gesundheitsreform kann in vielen Fällen festgestellt werden, dass die Brillenverordnungen durch die Augenärzte auf breiter Front zurückgehen.
Betrachten wir hierzu den praktischen Fall von Augenoptik A, so waren zum Zeitpunkt der Durchführung der Untersuchung noch Verordnungen durch Augenärzte in nennenswertem Umfang festzustellen. So zeigt die Tabelle 1, dass etwa ein Viertel der Brillen durch Augenärzte vor Ort verordnet worden sind. Ein besonders erschreckendes Ergebnis vermittelt die Tabelle 1 im Bereich „weiß nicht“. Etwas mehr als die Hälfte aller befragten Brillenkäufer konnte sich nämlich nicht mehr daran erinnern, wer überhaupt die Brille verordnet hatte. Offensicht muss es schon sehr lange zurück gelegen haben, dass die Brille überhaupt verordnet wurde bzw. die Glasstärke gemessen wurde. Hier ist es ganz augenscheinlich nicht gelungen, die besondere Leistung des Augenoptikers tatsächlich im Bewusstsein des aktuellen und des potentiellen Brillenkäufers festzuschreiben. Denn man muss in diesem Zusammenhang ganz bewusst erkennen, dass hier nur Brillenkäufer gefragt wurden. Besonders „vergesslich“ waren ganz offensichtlichMänner (51,2 Prozent „weiß nicht“) und jüngere befragte Personen. Auch Befragte am Standort des Hauptgeschäftes (Standort 1) zeigten sich häufiger unwissend (53,1 Prozent „weiß nicht“)
Wie die Tabelle 1 vermittelt, taucht das Hauptgeschäft von Augenoptik A in der Brillenverordnung nahezu kaum auf. Mit einer Nennungsquote von 0,9 Prozent aller verordneten Brillen findet das Geschäft von Augenoptik A keine Erwähnung und weist somit auch keinen großen Stellenwert auf. In den Überlegungen zum Kauf bedeutet das für Augenoptik Z, dass hier völlig neu angefangen und aufgebaut werden muss
Besser liegt die Filiale von Augenoptik A im Rennen, die immerhin 4,2 Prozent aller Brillen verordnet bzw. die Glasstärken gemessen hatte. Relativ am besten schneiden in diesem Zusammenhang noch die Filialisten in der Untersuchung ab, wobei der Filialist 3 mit einer Quote von 5,7 Prozent den höchsten Wert aufweist. Aber auch der Filialist 2 hat mit 4,5 Prozent immer noch mehr Refraktionen als Augenoptik A am Standort 2 .
Die Eigenrefraktionsquote als interessanter Vergleichswert
Setzt man nun die Verordnungen bzw. die Glasstärkenmessung mit den jeweiligen Marktanteilen in Relation, so lässt sich hieraus die Eigenrefraktionsquote jedes einzelnen Unternehmens ermitteln.
Es zeigt sich, dass Spitzenreiter in diesem Metier tatsächlich Augenoptik A am Standort 2 (Filiale) ist. Viele der dort gekauften Brillen wurden auch tatsächlich durch das eigene Unternehmen verordnet bzw. in der Glasstärke gemessen. Dies ist selbstverständlich ein hervorragendes Ergebnis und zeigt, welche besonderen Leistungen gute Ergebnisse zeitigen.
Ganz im Gegensatz dazu steht das Hauptgeschäft, das eine Eigenrefraktionsquote von unter 10 Prozent aufweist!
Wie bereits erwähnt schneiden hier die Filialisten deutlich besser ab, obwohl die Eigenrefraktionsquoten von ca. 20 Prozent ( Filialist 3) bis 35 Prozent (Filialist 1) im branchenüblichen Rahmen liegen.
Für die eigene Strategie ist es selbstverständlich wichtig, alle Anstrengungen zu unternehmen, um in Verbindung mit der Messung der Glasstärke ein gutes und intensives Gespräch mit dem Kunden zu führen, um ihm sein „optimales“ Glas zu verkaufen und zu fertigen.
Wo wird die verordnete Brille gekauft?
Einen Überblick darüber, wo die verordnete Brille bzw. die gemessenen Glasstärken zu einem Brillenkauf führen, vermittelt die Tabelle 2. Diese ist so zu verstehen, dass in der oberen waagerechten Zeile jeweils die verordnende Stelle dargestellt ist, und in der senkrechten Betrachtung dann aufgeführt ist, wo die Brille letztlich gekauft worden ist. In diesem Zusammenhang spricht man auch von der sogenannten „Zuflussquote“.
Die meisten Brillen werden von der Augenarztpraxis Dr. N verordnet. Der größte Teil dieser Brillen wird in den Geschäften von Augenoptik D (34,8 Prozent) und Augenoptik A am Standort 2 (30,4 Prozent) gekauft. So erhalten diese beiden Geschäfte nahezu zwei Drittel dieser Verordnungen, während die übrigen Augenoptikgeschäfte nur in geringem Umfang bedacht wurden.
Auch hieraus wird deutlich, dass eine aktive Vorgehensweise in der Eigenrefraktion angesagt ist. Es muss darauf ankommen, die Messung der aktuellen Glasstärke permanent zu bewerben und dies durch laufende Aktionen (Sehtest, Führerschein-Sehtest etc.) zu dokumentieren.
Erzielte Brillenpreise
Für Augenoptik Z war es im Zusammenhang mit den Überlegungen zum Kauf des Geschäftes Augenoptik A von zentraler Bedeutung, welche Brillenpreise am Standort insgesamt „üblich und marktgängig“ sind, und welche Preise von Augenoptik A tatsächlich im Markt realisiert worden sind. Hierzu standen zum einen Daten der hauseigenen EDV zur Verfügung, die selbstverständlich eine klare Aussage über das eigene Preisgefüge erlauben. Wichtig ist es jedoch andererseits, einen Zusammenhang mit den Marktdaten herzustellen, um zu wissen, wie der gesamte Markt „funktioniert.“
Dazu gibt im Überblick die Tabelle 3 Auskunft. Der Leser dieser Serie wird wissen, dass die Zahlen aus der Frage der Interviewer resultieren: „Was hat Ihre letzte Brille gekostet?“ Weil der Kauf der letzten Brille durchaus einige Jahre zurückliegen kann, ist ein „Kassenanteil“ an der Brille auch heute noch durchaus ein Thema. Mittlerweile ist – wie allseits bekannt – die Brille aus der Kassenleistung herausgenommen worden, so dass im Durchschnitt ein Anteil von ca. 60,00 Euro den genannten Daten zugrundegelegt wird, wenn die Befragten äußern, dass die Krankenkasse einen Anteil am Brillenpreis erstattet hatte.
Versuche im Hinblick darauf her-auszufinden, wann die letzte Brille denn gekauft wurde, sind jedoch regelmäßig fehlgeschlagen. Hier neigen nämlich die Brillenkäufer zu viel zu kurzen Zeiträumen. Wie viele Augenoptiker immer wieder bestätigen, ist die Einschätzung des Anschaffungsdatums immer zu kurz geraten. Brillen, die vermeintlich vor drei bis vier Jahren gekauft worden sind, sind in Wirklichkeit sechs bis sieben Jahre alt.
Einen Überblick über die gekauften Preislagen der kompletten Brille vermittelt die Tabelle 3. In der Zusammenfassung und Gewichtung ergibt sich dann ein so genannter Durchschnittspreis. Dieser Durchschnittspreis beträgt in der aktuellen Untersuchung 248,19 Euro (vgl. Tab 3 letzte Zeile). Wie in vielen EDV Statistiken und Unternehmer-Übersichten beinhaltet dieser Wert die gesetzliche Mehrwertsteuer.
Es zeigt sich, dass der Durchschnittswert mit 248,19 Euro dem derzeit aktuellen Bundes-Durchschnittswert entspricht. Dies war im Hinblick auf ein östliches Bundesland durchaus überraschend. Erfahrungen zeigen nämlich, dass Augenoptiker in den neuen Bundesländern tendenziell eher niedrigere Brillenpreise erzielen als die Kollegen im Westen.
Preis-Schwerpunkte zeigen sich in den Bereichen zwischen 101,00 Euro und 250,00 Euro, wo mehr als ein Drittel aller Brillen angesiedelt sind. Wie man sieht, ist die Mitte doch nicht ganz so „tot“, wie immer behauptet wird.
In diesem Zusammenhang wird auf eine aktuelle interessante Studie hingewiesen. Die in der Stern Bibliothek im Dezember 2005 erschienene Studie „Die Mitte lebt – Neue Konsummuster“ beweist an einigen praktischen Beispielen, dass der mittlere Bereich durchaus sehr lebendig ist und auch Zuwächse in der Marken- und Marktbedeutung zeigt. Entscheidend kommt es vielmehr darauf an, die „Mitte“ mit zusätzlichem Nutzen zu versehen.
Einige Unterschiede in den einzelnen Zielgruppen unseres praktischen Falls von Augenoptik A werden deutlich.
– Frauen geben mit 272,57 Euro deutlich mehr für ihre Brille aus als Männer ( 221,59 Euro)
– Sehr preisorientiert sind auch 41–60 Jährige, die mit 233,41 Euro weniger anlegen als der Durchschnitt
– Am untersuchten Standort 1 ist auch der Durchschnittspreis höher; er liegt hier bei 253,44 Euro.
Wenn sich Augenoptik Z dazu entscheidet, das Geschäft von Augenoptik A zu übernehmen, so vermittelt die differenzierte Darstellung der einzelnen Preiskategorien der Brille in Tabelle 3 ein sehr gutes Bild darüber, wie sich der gesamte Markt unter Preisgesichtspunkten aufteilt. So können durch gezieltes Vorgehen Marktlücken geschlossen werden, was wiederum dazu führt, dass zusätzliche Marktanteile gewonnen werden. Einen guten Hinweis hierzu liefern auch die Ergebnisse der Tabelle 4, die die jeweiligen Marktanteile in den entsprechenden Preisklassen widerspiegelt. Die Tabelle ist hierbei so zu lesen, dass in der Kopfleiste der Tabelle jeweils die entsprechenden Preislagen der kompletten Brille wiedergegeben, und in der Senkrechten die jeweiligen Marktanteile der einzelnen Anbieter aufgeführt sind. So ist beispielsweise das untersuchte Unternehmen (Augenoptik A) am Standort 1 mit einem gesamten Marktanteil (Spalte 1) von 14,5 Prozent in der Preisklasse bis 50,00 Euro (Spalte 2)überhaupt nicht vertreten. Diese Preisklasse – die zugegebenermaßen nur einen kleinen Anteil an den gesamt verkauften Brillen darstellt – wird vom Filialisten 3 dominiert, der bei einem durchschnittlichen Gesamtmarkt Anteil von 25,5 Prozent über alle Brillen-Preislagen hinweg in dieser Kategorie deutlich mit 44,4 Prozent die Nase vorn hat. Dies trifft auch auf die nächst höhere Preisklasse zu, die von 51,00 bis 100,00 Euro reicht. Hier hat der Filialist 3 sogar einen Marktanteil von beinahe 50 Prozent.
Betrachten wir die Ergebnisse von Augenoptik A an beiden Standorten, so werden erst ab der Preis-Kategorie 101,00 Euro am Standort 1 und erst ab 301,00 Euro am Standort 2 überproportionale Marktanteile erreicht.
Hier gilt es selbstverständlich für Augenoptik Z Maßnahmen zu ergreifen, wenn das Geschäft tatsächlich übernommen wird.
Einen Überblick über die Preisstrategien der einzelnen Anbieter vermittelt auch die Tabelle 5. So zeigt sich im Zusammenwirken von Marktanteil und Preisgefüge ein Durchschnittspreis, der auch die Sortimentsstrategie der einzelnen Augenoptiker widerspiegelt .Mit 235,61 Euro als Durchschnittspreis liegt Augenoptik A am Standort 1 geringfügig unter dem gesamten Durchschnittswert der Region; lässt also eine Marktstrategie als „Generalist“ erkennen, wohingegen die Filiale von Augenoptik A am Standort 2 mit einem Durchschnittswert von 300,00 Euro bereits ein etwas gehobenes Anspruchsniveau erkennen lässt. Eher „konsumige“ Anbieter sind die Augenoptiker D und E, während die Filialisten 1 und 2 überdurchschnittliche Brillenpreise in der untersuchten Stadt erreichen. Deutlich überproportionale Brillenpreise erzielen die Wettbewerber F und H; sieht man einmal von der geringen Fallzahl des Wettbewerbers F ab, so kann der Anbieter H durchaus als anspruchsvoller Augenoptiker mit Prädikat „Exclusiv“ bezeichnet werden. Die Besichtigung dieses Geschäftes unterstrich diese Bewertung in eindrucksvoller Weise.
Fasst man einmal hierzu die Ergebnisse der Untersuchung zusammen, so lassen sich im Hinblick auf den Kauf des Unternehmens bezüglich des Kaufpreises durchaus Abschlagswerte erkennen. Auf der anderen Seite sind aber auch marktmäßige Potenziale vorhanden, die bei gezielter Preisstellung ganz bestimmt in gute Rentabilitäten umzumünzen sind.
Hartmut Melzer, BGW Marketing- & Management, Essen
Aktuelles Heft


ao-info-Service

Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der ao-info-Service? Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:













Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum ao-info-Service freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des ao-info-Service.
AGB
datenschutz-online@konradin.de