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Den „Guten Namen“ nutzen

Markenführung in Familienunternehmen
Den „Guten Namen“ nutzen

Tatsächlich begünstigt der familiäre Besitz erfolgreiche Markenführung, denn die langjährige, personengebundene Eigentümerkontrolle fördert eine dauerhafte Unternehmensstrategie. Allerdings müssen sich diese Vorzüge mit Verhaltensweisen der Familienmitglieder verbinden, die der Organisation nicht schaden. Der Familieneinfluss ist keineswegs automatisch ein Garant für erfolgreiche Firmenführung. Er ist vielmehr zugleich Chance wie Risiko im Tagesgeschäft sowie insbesondere bei der Übergabe des Unternehmens an die nächste Generation. Doch bevor dies näher erläutert wird, sei dargestellt, wie ein Markensystem überhaupt funktioniert.

Die Marke ist ein Energiesystem
In der Regel wird Marke heute als der Umgang mit den Zeichen eines Unternehmens verstanden, also mit dem Logo, der CI oder der Werbung. Die Marke ist jedoch ein komplexes System und arbeitet nach dem Prinzip eines Energiesystems, wobei die Kundschaft den Energiespeicher der Marke darstellt. Denn erst in der Erfahrung der Kundschaft und nicht etwa im Unternehmen ist die Markenenergie gespeichert.

Dies erkennt man auch daran, dass erfolgreiche Marken, die in einen neuen Markt eintreten, dort ohne Markenenergie starten, obwohl sie möglicherweise alle markentypischen Elemente (Einrichtungen, Produkte, Markennamen und -zeichen, Werbemittel etc.) aus dem Heimmarkt übertragen. Erst wenn diese auch hier wieder über längere Zeit wirksam gemacht wurden, kann sich die Wettbewerbskraft der Marke aufbauen.
Die andere Seite des Energiesystems stellt das Unternehmen dar, sei es Hersteller oder Händler oder beides. Diese Komponenten bilden die Energiequelle. Sie sind die Leistungsträger und verantworten die stimmige Organisation des Geschäftsmodells, seiner Inhalte und spezifischen Leistungen.
Die systemische Verbindung von Leistungsgeneratoren und an-hänglicher Zahlungsgemeinschaft ist die Grundlage für die Wirtschaftlichkeit eines Markensystems. Dabei ist der entscheidende Transformationsprozess gut zu erkennen: Auf Seiten des Unternehmens kosten alle Aktivitäten Geld. Die historischen Leistungen des Unternehmens werden allerdings durch die Speicherfunktion der Kundschaft akkumuliert und in Markenenergie umgesetzt. So werden aus den Kosten in der Leistungsgeschichte des Unternehmens Investitionen in die eigene Kundschaft und damit in die Wettbewerbskraft.
Markenenergie: Das „Positive Vorurteil“
Starke Marken bestehen deshalb nicht etwa nur aus vagen Vor-stellungen, sondern aus einer Vielzahl konkret erfassbarer Einzelleistungen, die in der Kundschaft in Jahrzehnten eine differenzierte Marken-Gestalt herausgebildet haben. Darin sind beispielsweise die typischen Produkteigenschaften, die Verwen-dungsweisen, die markenspezifische Gestaltung, die Preisstellung und Qualität der Marke, ihre Stellung im Wettbewerb, im Handel, ihre Werbung, ihre Innovationen und anderes mehr enthalten. Die langjährige, möglicherweise Generationen hindurch stimmige Reproduktion dieser Komponenten ist ein ökonomisch relevanter Vorteil und begünstigt Sicherung und Wachstum treuer Kundschaft.
Die Erfahrungen mit dieser Marken-Gestalt verdichten sich in der Kundschaft zu einem „Positiven Vorurteil“ – eine ungeheure Energie, die unter dem spezifischen Markennamen wirksam wird. Im Allgemeinen sind Vorurteile nur unter negativen Vorzeichen bekannt. Negative Vorurteile verfügen dabei über ein sehr großes Energiepotential. Wer jemals versucht hat, jemandem ein negatives Vorurteil auszureden, weiß das. Positive Vorurteile funktionieren strukturell ganz ähnlich. Sie verfügen über genauso starke Kraftpotentiale. Der einzige Unterschied zu ihrem Pendant mit negativem Vorzeichen: Sie reagieren sensibler auf Irritationen.
Für die Marke heißt dies: Negative Abweichungen von der bekannten Marken-Gestalt können die Kundschaft irritieren und müssen folglich strikt vermieden werden. Das Markenmanagement ist gut beraten, das Positive Vorurteil der Kundschaft über die Marke durch eine selbstähnliche Markenführung rückzukoppeln. Die wirtschaftliche Glanzleistung der Marke besteht dann darin, über ihren Namen die aktuellen Leistungen eines Unternehmens mit den geschichtlichen zu verbinden. Damit wird das „Positive Vorurteil“ bei jeder neuen Leistung wirksam, weil es den Kunden vordisponiert. Diese Rückkopplung verstärkt die Markenenergie – kostenlos.
Angesichts dieses Sachverhaltes wird deutlich, wie die Rückkopplung des Marken-Systems funktioniert:
  • Der innere Rückkopplungskreis (Historie/neue Leistung): Jede neue Leistung steht in selbstähnlichem Verhältnis zum Positiven Vorurteil und lädt den Markenakku weiter auf. Das Positive Vorurteil wird weiter gestärkt. Die Akzeptanz für neue Leistungen wird wiederum erhöht.
  • Der äußere Rückkopplungskreis (neue Leistung/Gegenwert): Aufgrund des Positiven Vorurteils steht die Kundschaft jedem neuen Angebot der Marke aufgeschlossen gegenüber und ist bereit, den adäquaten Gegenwert für die neuen Leistungen zu zahlen. Das Unternehmen generiert die erforderliche Investitionskraft, um seine Überlegenheit im Wettbewerb weiter auszubauen. Die Marke arbeitet nun mit höchster Effizienz und Wettbewerbskraft.
Die Marke in Familienhand
Eine im Grundsatz ideale Voraussetzung für eine derartige, dauerhafte Homogenität dieser Prozesse und damit für eine nachhaltig erfolgreiche Markenführung sind familiäre Besitzverhältnisse. Denn die langjährige, personengebundene Eigentümerkontrolle ermöglicht eine beständig normative Unternehmens-führung. Nach unseren Erfahrungen kommen dabei insbesondere zwei markenstärkende Faktoren ins Spiel:
  • Erstens führt der Eigentümer, die familiengebundene Unternehmerpersönlichkeit, den Wirtschaftskörper deutlicher als „seinen Leib“ und hat meist ein schärferes Verständnis für Abgrenzungen der eigenen Marke gegen den Wettbewerb denn jahresvertraglich gebundene Manager; was im Rahmen von Wachstumsstrategien bei Prozessverbesserungen, Geschäftsfelderweiterungen oder Zukäufen wichtig ist.
  • Zweitens verfügt das Unternehmen dank der Familie über ein prägnanteres Gedächtnis als das von wechselhaft geführten Firmen. Das ist für die Selbstkonsistenz des Markensystems von Vorteil. Selbst wenn junge Erben den „Sprung in die Moderne“ versuchen, schützt die Verpflichtung des aufgebauten Guten Namens vor selbstzerstörerischen Rissen.
Im Sinne der Markenführung ist es deshalb sehr zielführend, diesen positiven Einfluss der Familie auf das Verhalten des Unternehmens so gut wie möglich sicherzustellen.
Dies gelingt, indem die familienspezifischen Elemente des Markensystems, die dauerhaft reproduziert werden und somit ursächlich für die Außenwirkung als Familienunternehmen sind, dem Management als Hard-Facts zur bewussten Gestaltung nachdrücklich zugeführt werden. Beispiele für solche ursächlichen, im Unternehmen zu produzierende Fakten seien nachfolgend ausschnitthaft genannt.
Die Inhaber-Familie nimmt spürbaren Einfluss auf die Entscheidungen im Unternehmen, z.B. durch:
  • Es existiert eine funktionierende Kontrolle des Managements durch die Inhaber-Familie (z. B. inhaltlich-normative, d. h. markenstärkende Vorgaben für das Management, im Aufsichtsrat, für die Corporate Governance-Strukturen und zur internen Durchsetzung der Leistungsbesonderheiten).
  • Kompetente Familienmitglieder befinden sich in führenden Positionen des Unternehmens (klare Regelungen über die Integration von Familienmitgliedern im Unternehmen, eindeutige Kompetenzprofile, Strukturen zur Vorbereitung und Entwicklung von Familienmitgliedern für Führungspositionen etc.).
Es ist sichergestellt, dass sich das Unternehmen nachhaltig in Familienbesitz befindet, z.B. durch:
  • Die Eigentumsverhältnisse sind langfristig geregelt (aktives Familienmanagement, vorausschauende Nachfolgeplanung, Konfliktmanagement zwischen Familienmitgliedern mit tendenziell deutlich gemeinschaftlichen Zielsetzungen etc.).
  • Es bestehen klare Restriktionen in Bezug auf eine Eigen-kapital-Finanzierung am Kapitalmarkt; der Grenzwille erhält die Markenspezifik.
Es wird dafür Sorge getragen, dass die Mitarbeiter verantwortungsbewusst und treuhänderisch im Sinne der Familien-Marke handeln, z. B. durch:
  • Familienspezifische Markenwerte werden intensiv und kontinuierlich an die Mitarbeiter vermittelt (Leitlinien, Zitate der Gründer, Rituale, Dokumentation der Unternehmens- und Familiengeschichte in Büchern, Bildern, Filmen, Darstellung herausragender Produkterfindungen etc.).
  • Führungspositionen werden mit langjährigen Mitarbeitern besetzt, die sich durch gutes Markenverständnis auszeichnen und die tagesgeschäftlichen Entscheidungen inhaltlich vorleben.
  • Im Rahmen der Mitarbeiterplanung und -entwicklung wird die Übereinstimmung der Mitarbeiter zu den markenspezifischen Werten berücksichtigt (bei Einstellung, Beurteilung und Beförderung etc.).
Die Familie als Teil der Marke
Diese im Unternehmen realisierten Ursachen haben „im Draußen“ markenkräftigende Wirkungen. Der authentische Auftritt verstärkt die historisch aufgebauten positiven Vorurteile und die Glaubwürdigkeit bleibt weiterhin mit dem etablierten guten Namen verbunden. Die strukturellen Rahmenbedingungen bringen so ihre wirtschaftlichen Vorteile zur Wirkung – unabhängig von der Größe des Unternehmens oder seiner Stellung in der Wertschöpfungskette.
Allerdings ist hier größte Achtsamkeit geboten. Denn aus dem Blickwinkel der Kundschaft und des umlagernden Publikums heraus werden Familienunternehmen mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt. Abweichungen zwischen dem historisch aufgebauten positiven Vorurteil und den faktischen Gegebenheiten, zwischen den gesendeten Botschaften und den gelebten Handlungsweisen der Akteure werden zwangsläufig enttarnt. Die Verletzungsgefahr des Markenkörpers ist an diesen Stellen besonders hoch und die dadurch ausgelöste Schwächung der Anhänglichkeit ebenfalls. Die Zahlungsgemeinschaft Kundschaft ist rasch irritiert.
Um den enormen Wettbewerbsvorteil der Marke maximal zu nutzen, müssen sich die Familienverantwortlichen deshalb einem gemeinschaftlichen Werkbewusstsein verpflichten, das vor allem den in kapitalgeführten Unternehmen anzutreffenden häufigen Führungs- und Programmwechsel ausschließt. Insbesondere auf folgende Punkte sei deshalb noch einmal besonders hingewiesen:
  • Eine Fremdbestimmung der Geschäftspolitik von „Außen“ sollte nicht zugelassen werden; vor allem nicht von Familienmitgliedern, die sich mit den spezifischen Geschäftsverläufen im Unternehmen und den inhaltlichen Ausrichtungen nur unzureichend auskennen.
  • Streitigkeiten um Besitzverhältnisse dürfen in Familienunternehmen eigentlich niemals öffentlich ausgetragen werden.
Deshalb mögen Regelungen getroffen werden, die das Verhalten der Familienmitglieder in der Öffentlichkeit verpflichtend festlegen. Dabei darf auch der Bereich des Privatlebens nicht gänzlich ausgeschlossen sein. Denn die Öffentliche Meinung ist heute eine wirtschaftlich relevante Instanz ersten Ranges, die vor keiner Haustür halt macht.
Die Nachfolge – Wie eine Marke erfolgreich vererbt wird
Unter diesen Bedingungen ist die Vererbung einer Unternehmung ebenfalls auf sichere Grundlagen zu stellen. Sie ist Thema, in vielen mittelständischen Betrieben. Auch dabei liefert, neben Mitarbeitern oder Dritten, die Familie einen durchaus günstigen Hintergrund für die Markenkraft erhaltende Übertragung. Denn so wichtig Anwälte, Steuerberater und Banken in diesem Prozess sind, entscheidend für die Wirtschaftskraft ist die erschütterungsfreie Fortsetzung der Markengestalt. Alles Juristische muss diesem Ziel untergeordnet werden: die Kontinuität in der tagesgeschäftlichen Markenführung. Denn mit neuen Verantwortlichen kommen schnell auch andere Ideen sowie möglicherweise sogar markenfremde Interessen in das Unternehmen und stellen das Bewährte ungerechtfertigter Weise in Frage. Darüber hinaus fehlt den Nachfolgern manchmal schlicht das erforderliche spezifische Know-how, in jedem Moment die richtige Entscheidung im Sinne der Marke zu treffen, das die erfolgreichen Firmengründer oft noch „im Bauch“ hatten.
Die Übergabe der Marke an einen Nachfolger gelingt in dem Maße erfolgreich, in dem das Erfolgsmuster der Marke bekannt ist. Was bei einer familiären Vererbung im Mittelstand möglicherweise weiterhin als „Bauchgefühl“ erfolgreich funktioniert, sollte bei komplexeren Unternehmensstrukturen auch familiärer Art in Hard-Facts überführt werden. Das dafür entwickelte markentechnische Instrumentarium bietet sichere Hilfe, mit der ein Nachfolger den Wirtschaftskörper Marke heute genau so sachlich und objektiv führen kann wie eine Fabrikproduktion oder ein fachhändlerisches Ladengeschäft.
Eben deshalb ist das Wort Markentechnik ernst gemeint. Dieser Führungstechnik gelingt es, die für die Kundschaftsvererbung entscheidenden Prozessdetails von den Ursachen im Unternehmen, vom einzelnen Arbeitsplatz her zu lenken. Die Kenntnis des Erfolgsmusters macht die Komplexität steuerbar und sichert die Vererbung der Markenenergie. Für die weiterhin langfristige Bindung der Kundschaft und damit für die Wettbewerbs- und Durchsetzungskraft der Marke liefert der familiäre Führungshintergrund günstige Rahmenbedingungen. Denn schließlich sollte das Ziel des Erben nur sein, das Unternehmen wiederum vererbungsfähig zu übergeben.
In der Oikonomie lebt doch immer noch der Oikos
Das Interesse an Familienunternehmen verweist auf die Wurzeln der menschlichen Entwicklung überhaupt. An ihm wird deutlich, wie innerhalb der neuzeitlich weltweiten Industrie-Wirtschaft doch immer noch die ursprüngliche Haus-Wirtschaft lebendig ist. Denn tatsächlich begann ja jedes Wirtschaften im Oikos, wie die Griechen ihr Haus nannten; auch wenn es sich dann zum Dorf und zur frühen Stadt-Wirtschaft ausdifferenzierte – Familien und Klans blieben weiterhin höchst effektive Leistungsgemeinschaften mit ausgeprägtem Gespür für Verantwortung im Gemeinwesen. Das Mäzenatentum mittelständischer Familienbetriebe ist dafür auch heute Beweis.
Das Bevölkerungswachstum ließ den Kaufmann entstehen, der sich als freier Mensch zu bewegen und vertraglich zu handeln begann. Aber wie man sieht, hat sich in der hochkomplexen weltwirtschaftlichen Oikonomie die Blutsbindung beim Wirtschaften keineswegs aufgelöst. Mit ihr sind, im glücklichen Fall, Haltungs- und Handlungskomponenten ehrbarer Kaufmannsschaft verbunden, die, abseits jeder Romantik, für den Wirtschaftskörper Marke insgesamt zu mobilisieren sind. Denn die Marke ist die wirtschaftliche Brennzelle für unser Gemeinwesen. Wie die Familie für dessen Fortbestand überhaupt.
Prof. Dr. Alexander Deichsel,
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät der Universität Hamburg, Institut für Markentechnik, Genf
Diplom Ökonom Bastian Schneider, Consultant am Institut für Markentechnik, Genf
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