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Beratungsdiebstahl? Nein danke!

Kundenbegeisterung
Beratungsdiebstahl? Nein danke!

Beratungsdiebstahl? Nein danke!
Beratungssituationen, wie hier im Mustershop „OPTIMIERT“ zur opti '11, kennt der Augenoptiker aus der täglichen Praxis. Beratungsdiebstahl lässt sich am besten mit Kundenbegeisterung bekämpfen.
Die Hemmschwelle der Kunden sinkt. Gerade im Bereich Sonnenbrillen namhafter Marken werden Augenoptiker immer öfter unfreiwillig zum Handlanger von Internet-Anbietern oder Filialisten. Genau diese profitieren von den ausführlichen Beratungsgesprächen im Fachhandel und verkaufen dann zu einem günstigeren Preis.

Vielen Optikern dürfte diese Szene bekannt vorkommen: Ein Kunde betritt das Geschäft, weil er eine Sonnenbrille erwerben will. Er lässt sich ausführlich beraten, testet verschiedene Modelle, informiert sich über Hersteller, Marken und Preise.

Nachdem der Kunde alle Informationen hat und es zum (Ver-)Kauf kommen könnte, kann er sich plötzlich doch noch nicht entscheiden. Nur kurz darauf kauft er genau die Sonnenbrille, für die er sich nach einer fast einstündigen Beratung im Fachgeschäft entschieden hat, im Internet, weil sie dort billiger zu haben ist. Dieses Phänomen macht Augenoptikern schwer zu schaffen und hat einen Namen: Beratungsdiebstahl!
Beratung bezahlen lassen?
Der Name Beratungsdiebstahl ist irreführend: Der Kunde „klaut“ Ihnen zwar Zeit und Wissen, aber für beide gibt es keinen festgesetzten Preis. Anders bei einem Hamburger Einzelhändler: Dieser verlangt inzwischen knapp 50 Euro für eine halbe Stunde Beratung, weil er sein Fachwissen nicht länger Online-Händlern zugute kommen lassen will. Wer dann bei ihm kauft, bekommt die Beratungsgebühr auf den Kaufpreis gutgeschrieben. Diese Kampfansage aus Wut oder Verzweiflung ist aus Sicht des Unternehmers durchaus verständlich. Aber sie schreckt natürlich so manchen Kunden ab. Auch die Verbraucherzentralen setzen sich seit langem für eine getrennte Bepreisung von Beratung und Ware ein – und scheitern allesamt. Der Marktdruck ist zu hoch.
Trend und Gegentrend
Interessant ist jedoch die Überlegung, wie diesem Trend, der branchenübergreifend bereits zum Sterben vieler Einzelhändler und Handwerker geführt hat, entgegengewirkt werden kann. Zwar informiert sich nach einer Studie des E-Commerce-Center Handel an der Universität Köln ein Drittel der Online-Käufer vorher im stationären Einzelhandel über das Produkt. Doch wo ein Trend ist, gibt es immer auch einen Gegentrend: Und danach wächst auch der Anteil derer, die sich vor dem Kauf über ein Produkt im Internet informieren und dann im Einzelhandel kaufen. Dafür gibt es drei gute Gründe, die für Augenoptiker vor Ort eine Chance bieten:
  • 1. Die Online-Verweigerer wollen die Ware in den eigenen Händen halten und prüfen können. Im Idealfall lässt sich die Sonnenbrille so auch gleich anpassen und ist zum sofortigen Einsatz parat.
  • 2. Kunden, die bei Einzelhändlern kaufen, wünschen sich eine gute Beratung. Diese ist beim Augenoptiker gegeben.
  • 3. Kunden erwarten, dass ihr Optiker auch bei Anpassungsschwierigkeiten oder Reklamationen für sie da ist und wissen um die Vorteile, die ein Ansprechpartner vor Ort bietet (bzw. die Probleme, die Internetverkäufer oft bei Reklamationen machen).
Diese drei Punkte zeigen, dass sich viele Kunden durchaus die Sicherheit eines persönlich bekannten Ansprechpartners wünschen. Und Sie sind auch bereit, dafür mehr Geld auszugeben – vorausgesetzt, sie sind davon überzeugt, dass sie gute Qualität und eine begeisterte/begeisternde Beratung zu einem insgesamt fairen Preis bekommen. Alle drei Punkte beinhalten noch einen Aspekt, den Online-Händler nicht wirklich bieten können: Es menschelt, die Geschäfte werden Auge in Auge gemacht. Wenn ein Augenoptiker es also schafft, seine Kunden zu begeistern, behält er nicht nur seinen Kundenstamm, er kann ihn auch ganz leicht erweitern. Begeisterte Kunden sind die besten Werbeträger!
Pfiffige Ideen für Augenoptiker
Augenoptiker sind heute mit anspruchsvollen und ständig feilschenden Kunden manchmal ebenso überfordert, wie diese bei der Vielzahl sich ähnelnder Produkte und Angebote. Kein Wunder, dass hier manchmal nicht nur Bedürfnisse aufeinanderprallen. Früher bei Tante Emma war das alles noch ganz anders… bei ihr zählten gute alte Werte, wie Zuverlässigkeit und Aufrichtigkeit und die Kunden fühlten sich im wahrsten Sinne des Wortes „wertvoll“. Auch wenn es schon lange her ist, können Augenoptiker von ihr in Sachen Kundenbegeisterung – auch in der heutigen Situation – noch viel lernen. Hier das Wichtigste im Überblick:
  • Verständliche Bezeichnungen und Erklärungen: Käufer wollen sich nicht mit technischen Fachbegriffen herumschlagen, sondern die Produkte und ihre Funktionen verstehen können. Augenoptiker sollten also in der Lage sein, dem Kunden schwierige Sachverhalte allgemeinverständlich zu erklären.
  • Konstante Ansprechpartner: Menscherlebnis geht vor Materialerlebnis. Es ist Käufern wichtig, feste Ansprechpartner zu haben, auf die sie sich verlassen können und die sie persönlich kennen. Begeisternde Augenoptiker behalten z. B. die persönliche „Brillen-/Kontaktlinsen-Historie“ ihres Kunden im Auge – viele Erklärungen erübrigen sich dann.
  • Attraktive, bisher vernachlässigte Zielgruppen erschließen: Oft ignorierte oder eher stiefmütterlich behandelte Zielgruppen, wie Kinder oder die so genannten Best Ager, freuen sich besonders über Angebote, die speziell auf sie zugeschnitten sind.
  • Kapieren, nicht kopieren: Es bringt nichts, allseits verbreitete Serviceleistungen, wie z. B. Kundenkarten, einfach nur zu übernehmen, weil dies bei Kunden keine Begeisterung und keine Loyalität hervorruft. Serviceleistungen müssen individuell zum Profil des Augenoptikers und zum Profil der Kunden passen.
  • Marketing allein bringt nichts: Menscherlebnis geht vor Marketingerlebnis. Verspricht die Werbung besondere Leistungen, die dann im Optikergeschäft nicht gelebt werden, so ist das Enttäuschungspotenzial groß. Begeisterung kann beim Kunden nicht durch Werbung, sondern nur im direkten Kontakt geweckt werden.
Und – so erstaunlich das zum Thema Beratungsdiebstahl auch klingen mag…
Mehr kompetente Kaufberatung statt weniger: Die Beratung im Handel und Handwerk ist in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen, obwohl gerade sie die größte Chance zur Abgrenzung nicht nur vom Discount oder von Online-Händlern, sondern gerade auch vom Mitbewerber nebenan, birgt. Informationsveranstaltungen, z. B. in Form von Miniseminaren, ziehen Kunden förmlich magisch ins Optikergeschäft und die Begeisterung ist groß, wenn diese Veranstaltungen perfekt inszeniert sind. Bei soviel Mehrwert überlegt es sich der Kunde zweimal, bevor er eine Sonnenbrille im Internet vielleicht ein paar Euro günstiger erwirbt.
Anders als alle anderen
Der Inhaber eines Fachhandelsgeschäftes fragte sich, was Passanten von seinem Schaufenster erwarteten. Er versetzte sich in die Lage seiner Kunden und dachte nach, was er selbst erwartete, wenn er vor einem fremden Geschäft stand.
Dabei kam er zu folgendem Ergebnis: „Ich möchte wissen, ob die Menschen, die mich dort bedienen, sympathisch sind und ob ich mich einfach nur mal ungestört umsehen kann.“
Daraufhin änderte er seine Schaufenstergestaltung radikal ab: Unter der Überschrift „Wer bedient mich in diesem Geschäft?“ positionierte er ansprechende Porträtfotos von sich und seinem Verkaufsteam, wobei jeder mit Vor- und Nachnamen und einer kurzen, humorvollen Beschreibung seiner Fähigkeiten vorgestellt wurde.
Unter der Überschrift „Was finde ich in diesem Geschäft?“ brachte er zwei Poster mit der Abbildung der Produkte und einer Schilderung an, warum es sich lohnt, dort einzukaufen. Auf dem dritten Plakat warb er mit seinen Garantie- und Serviceleistungen. Zuletzt stellte er ein Plakat auf, das eine Antwort auf die Frage gab: „Darf ich mich hier einfach mal umsehen?“ Darauf war zu lesen: „Aber selbstverständlich! Sie sind uns jederzeit herzlich willkommen. Treten Sie einfach ein!“
Seit der Neugestaltung des Schaufensters sind doppelt so viele Passanten wie früher im Geschäft. Diesen wird selbstverständlich die Türe geöffnet und sie werden persönlich begrüßt. Es ist wohl nicht erstaunlich, dass bei solch einem großen Interesse auch der Umsatz um 33 Prozent gestiegen ist.
Fakt ist: Beratungsdiebstahl wird es immer geben und eine Lösung, ihn zu verhindern, existiert nicht. Viele haben den Kampf gegen den Beratungsdiebstahl aufgegeben, indem sie nicht mehr beraten. Das aber kann keine zukunftsorientierte Lösung sein. Fakt ist deshalb auch: Die Lösung liegt in der Kundenbegeisterung und ist in den Schaufenstern und Optikergeschäften in Form von kleinen, phantasievollen Überraschungen zu sehen und im persönlichen Umgang mit den Kunden vor allem zu spüren.
Ralf R. Strupat
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