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Beachtliches Potenzial (1)

LowVision-Augenoptiker
Beachtliches Potenzial (1)

Zukunftsmarkt LowVision. Hinter dieser Marktnische verbirgt sich ein beachtliches Image- und Umsatzpotenzial für den traditionellen Augenoptiker, sie kann sogar über seine Zukunft entscheiden. Der von Andreas Schaufler verfasste Bericht zeigt die Chancen dieses Geschäfts- feldes auf und gibt Tipps zum Thema „Werbung und Marketing für den LowVision-Augenoptiker“.

Gleich zu Beginn einige Marktzahlen: Betrachten wir die Statistik (Bild 1), die bereits in den 80er Jahren von der Firma Keeler erstellt wurde, so lässt sich daraus klar ablesen, dass wir einen geringen Anteil an jungen LowVision-Patienten haben, der erste Anstieg liegt bei 14 Jahren. In diesem Alter hat man das Bedürfnis, sehr kleinen Druck zu lesen.

Das zweite absolute Maximum liegt bei 75 Jahren. Der schraffierte Bereich ist eine Prognose, denn die Lebenserwartung der Menschen in der westlichen Welt ist ja kontinuierlich steigend. Somit wird auch der LowVision-Kunde älter und es werden mehr, deutlich mehr Betroffene.
Diese Statistik deckt sich auch mit den uns bekannten Zahlen der Sehbehinderten-Ambulanz in München, deren Patientenanteil „75 Jahre und älter“ sogar mehr als die Hälfte ausmacht. Die Aufgabe des heutigen Augenarztes und des Augenoptikers wird es daher sein, die Bedürfnisse der Sehbehinderten professionell zu befriedigen. Wenden wir uns den etwas Jüngeren zu. Eine Umfrage bei den 60-Jährigen hat außerdem ergeben:
  • 25 Prozent haben keine Probleme mit dem Hören oder Sehen.
  • 50 Prozent haben mit einem der beiden Sinneskanäle – Hören bzw. Sehen – Probleme
  • 25 Prozent haben sowohl beim Hören als auch beim Sehen Probleme.
Eine weitere Untersuchung in Altersheimen hat gezeigt, dass lediglich 34 Prozent der Bewohner über ein normales Sehvermögen verfügen, 21 Prozent sind stark bis hochgradig sehbehindert und 45 Prozent können Zeitungsdruck gerade noch knapp oder nicht mehr lesen.
Und genau diese Zielgruppe der 60plus, die in der Werbebranche salopp die BEST AGER genannt werden, wird in den nächsten Jahren nicht nur in der Augenoptik über „Sein oder Sichtsein“ entscheiden.
Aus den Tabellen des Statistischen Bundesamtes können wir erkennen, dass der Anteil der älteren Bundesbürger – der Begriff alt ist ja bekanntlich relativ, denn alles, was 15 Jahre älter ist als man selbst, gilt bereits als alt – dieser Anteil wächst stetig. Waren 1999 noch 13,1 Prozent über 65 Jahre alt, werden es 2020 bereits 17,2 Prozent sein.
Demnach wird sich im Jahr 2040 der Anteil der 65-Jährigen im Vergleich zu den 20-Jährigen verdoppeln.
Statt der Jugend das Feld zu überlassen, drehen die Oldies mächtig auf: Das Interessensspektrum der 50 bis 64-Jährigen ist – laut Allensbacher Werbeträger-Analysen (AWA) – eher breiter als das der Jüngeren, und ebenso viele Ältere wie Jüngere bezeichnen sich als „sehr aktiv“.
Auch die Kontaktfreudigkeit hat nicht gelitten. „Lerne leicht neue Leute kennen“ und „werde oft von Anderen eingeladen“ beteuern ebenso viele Alte wie Junge. Von wegen müde Knochen: Es wird geturnt, gewandert und die Loipe strapaziert, „bis die Heide wackelt“.
Laut Lebenssituationsstudie der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) verbinden 80 Prozent der über 50-Jährigen mit dem Alter „Dinge tun zu können, die mir Spaß machen“ und 66 Prozent geben an, „endlich über meine Zeit frei zu verfügen“ und „mehr Zeit für Andere zu haben“. Die häufigsten Freizeitbeschäftigungen sind jedoch: Fernsehen, Zeitungslesen und Radiohören.
Und dennoch ändert sich einiges im Alter, so z.B. das Informationsverhalten nach dem Renteneintritt. Früher wurden Ratschläge über Arbeitskollegen eingeholt. Jetzt fällt diese Informationsquelle weg.
An ihre Stelle sind Familienangehörige getreten, Massenmedien wie Rundfunk und Fernsehen – und vor allem Prospekte, Handzettel, Werbebroschüren, sie werden ausgiebig studiert.
Es gibt aber noch mehr Gründe, warum auf diese Informationsquellen zurückgegriffen wird.
Das Alter bringt Veränderungen der körperlichen und kognitiven Fähigkeiten mit sich.
Ab 24 Jahren altert der Mensch, mit 45 treten dann die ersten größeren Veränderungen auf, so z.B. eine Verringerung der Lernleistung. Sie basiert auf der Abnahme der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit und des Reaktionsvermögens.
Wenn der Mensch ab 45 allerdings das Tempo einer Reizdarbietung selbst bestimmen kann, lassen sich dieselben Lernerfolge wie bei Jüngeren verzeichnen.
Demzufolge kann das „Lernen“ werblicher Inhalte tendenziell durch solche Medien erfolgen, die dem älteren Menschen die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung selbst überlassen.
Der größte Vorteil der Printmedien liegt in der höheren Lernleistung der dargebotenen Information, da der Nutzer die Geschwindigkeit selbst bestimmen kann. Näher auf das Thema „Werbung und Kommunikation“ möchte ich zu einem späteren Zeitpunkt eingehen.
„Die Alten haben eh kein Geld“. Das ist die weitläufige Meinung. Das Gegenteil ist jedoch die Tatsache.
Die über 50-jährigen haben mit 326,- Euro im Monat deutlich mehr Geld zur freien Verfügung als die 14 bis 49-Jährigen mit 259,- Euro.
Eine weitere Studie der TU Chemnitz belegt, dass die 20–29-Jährigen jeden Monat nur rund zehn Milliarden DM ausgeben, die über 50-Jährigen dagegen 25 Milliarden.
Die Bereitschaft, Geld auszugeben, hat zugenommen und die Gruppe der Kunden ab 55 verfügt über rund 70 Prozent des deutschen Geldvermögens.
Die frühere Haltung „Unsere Kinder sollen es besser haben“, verbunden mit dem Rückzug aus dem aktiven Leben, gibt es so nicht mehr.
Immer mehr Best-Ager gestalten ihren dritten Lebensabschnitt aktiv und weltoffen. Sie wollen das nachholen, was sie während der Kinder- und Jugendzeit im Krieg versäumt haben. Schon die jetzige Generation ist eher als noch die Generation davor bereit, sich etwas zu gönnen, und diese Tendenz wird weiter steigen.
Der Genuss im Alter als Ausgleich für eine Zeit der Entbehrung in der Jugend, einer Zeit des Krieges, der Unsicherheit und wirtschaftlichen Misere.
Wie gerade gezeigt, Ältere haben Geld, und sie geben es auch aus.
Vielleicht anders als die jüngeren Menschen. Ihre Einkäufe sind wohl überlegt. Aber sie achten auch weniger auf den Preis als jüngere Kunden, wenn Qualität, Service und die Beratung stimmen. Ganz anders als junge Konsumenten achten die Älteren in erster Linie nicht auf das Design, sondern auf die Funktion eines Produkts.
Eine Investition soll sinnvoll sein, seinen Zweck erfüllen und sich – langfristig gesehen – bezahlt machen. Ästhetik spielt zwar auch eine Rolle, aber eben erst an zweiter Stelle.
65 Prozent der befragten Senioren gaben bei einer Nielsen-Studie an: Qualität ist uns wichtig.
Die nachfolgende Generation wird mit noch besserer Bildung und höherem Einkommen aufwarten können, ihre Ansprüche werden dadurch aber auch steigen. Ältere Menschen haben schließlich mehr Erfahrung als jüngere, natürlich spiegelt sich das auch beim Einkaufen wider. Betrachten wir an dieser Stelle die Reisebranche, denn an Reiselust sind Ältere ohnehin nicht zu übertreffen:
Senioren stellen eine Reihe an Ansprüchen, die es zu berücksichtigen gilt. Sie wollen Neues – aber keine ungeahnten Überraschungen.
Mit an erster Stelle steht auch Komfort. Angefangen beim Gepäcktransport über bequeme, geräumige Zimmer bis hin zu organisierten Veranstaltungen. Freundliches und speziell geschultes Personal honorieren sie. Wichtig ist ihnen auch Sicherheit. Die angesprochenen Punkte lassen sich problemlos auch auf die Augenoptik und den LowVision-Bereich übertragen, z.B. auf den LowVision-Raum.
Die Kunden möchten keine inszenierten Erlebniswelten sondern einen ruhigen, abgeschlossenen Raum in entsprechender Größe und angemessenem Ambiente mit geschultem, verständnisvollem und freundlichem Personal. Wobei wir schon bei einigen Tipps im Umgang mit Senioren bzw. Sehbehinderten wären.
Die Grundregel für gutes Marketing ist nichts anderes, als was in jeder guten Beziehung Grundvoraussetzung sein sollte: den Anderen ernst nehmen.
Warum klappt das bei fast allen Zielgruppen so wunderbar, nur bei den Älteren nicht?
Eine Umfrage der Meyer Hentschel Management Consulting ergab folgendes Ergebnis:
Was Senioren nicht gefällt:
  • 46 Prozent übten Kritik an ihrem Lebensmittelgeschäft
  • 29 Prozent wollten ein besseres Kundenleitsystem
  • 29 Prozent würden Seniorenkassen begrüßen
  • 24 Prozent hätten gern niedrigere Regale
  • 21 Prozent wünschten sich freundlicheres Personal
  • 19 Prozent hätten gern bequemere Einkaufswagen
Außerdem reichten die Kritikpunkte von schlechter Lesbarkeit der Preisauszeichnung über mangelnden Service bis hin zu ergonomischeren und einfacheren Produkten – was bestimmt auch von jüngeren Konsumenten begrüßt werden würde.
Ernst nehmen umfasst also eine ganze Palette an Forderungen. Auch was die Werbung anbelangt, fühlen sich Senioren nicht ernst genommen.
Es wird beklagt, dass Werber oft keine Ahnung hätten, worum es reifen Menschen geht.
Eine Nielsen-Studie belegt, dass ältere Menschen besonders sensibel auf die Darstellung von Altersgenossen reagieren. Was sie wollen, ist unterhaltsame, informative und glaubwürdige Werbung, die mit ihrer Lebenswelt zu tun hat und sie ernst nimmt.
Obwohl die Zahl der älteren Menschen zunimmt, werden sie doch von Gesellschaft und Wirtschaft stiefmütterlich behandelt und fristen ein Schattendasein. Holen Sie daher die Älteren aus der „Unsichtbarkeit“. Horchen Sie auf ihre Bedürfnisse und Wünsche.
Ältere Menschen wollen sich in der Werbung wiederfinden. Sie wollen ältere Menschen sehen und nicht nur jüngere. Das bestätigen Umfragen. Und sie wollen sich so sehen, wie sie tatsächlich sind. Sie wollen nicht nur vor Kraft strotzende Jugendliche erleben. Denn nur wer sich angesprochen fühlt, reagiert auch. Und das ist der Fall, wenn man sich selbst oder den angesprochenen Personenkreis wiederfindet.
Untersuchungen mit einer Augenkamera haben bewiesen, dass Personen oder Körperteile von Personen wie Kopf, Augen, Hände, Gesicht usw. den höchsten Aufmerksamkeitsgrad bewirken. Sie werden vor allen anderen Bildern und dem Text betrachtet.
Senioren möchten sich also in der Werbung wiederfinden. Heißt das, dass ein 60-Jähriger einen 60-Jährigen sehen möchte?
Nein, denn nicht das chronologische Alter zählt, sondern das subjektiv erlebte. Denn es gilt, jeder ist so alt, wie er sich fühlt! – die meisten Senioren fühlen sich 13–15 Jahre jünger, als sie sind.
Nicht das tatsächliche Alter ist also ausschlaggebend, wenn sich Best-Ager in der Werbung wiederfinden wollen, sondern das gefühlsmäßige.
Und das liegt nun mal deutlich darunter. Wer demnach auf die 60-Jährigen abzielt, sollte eine Person abbilden, die um die 45 Jahre alt ist.
Tun Sie jedoch alles, um Ihre Kunden das Alter vergessen zu lassen. Ältere wissen, dass sie einige altersbedingte Beschwerden haben. Produkte und Hilfsmittel sollen Lösungen bringen und nicht die Angst noch deutlicher hervortreten lassen.
Besonders die Sprache nimmt es da oft nicht so genau und begeht die schlimmsten Fauxpas.
Ältere haben Bedürfnisse. Sie wollen reisen, sich amüsieren, gut essen, ihren Hobbys nachgehen. Natürlich wollen sie auch gesund und selbständig sein, und dazu gehört auch gutes Sehen. Das ist schließlich die Vor-aussetzung dafür, das Leben zu genießen.
Achten Sie daher auf eine sensible Ansprache sowohl im Kundengespräch, das besonders bei Sehbehinderten mit viel Fingerspitzengefühl geführt werden muss, als auch bei Ihrer Werbung.
Ein kleiner Tipp für das Verkaufsgespräch mit älteren Menschen. Achten Sie auf eine langsame, deutliche und laute akzentuierte Aussprache mit Wiederholungen.
Zerlegen Sie komplexe Sachverhalte in kleine Informationspakete und argumentieren Sie möglichst nicht abstrakt sondern knüpfen Sie an die Erfahrungswelt Ihrer älteren Kunden an. Beginnen Sie nicht sofort mit dem Beratungsgespräch oder einer Refraktion. Gönnen Sie den Senioren die Zeit der Eingewöhnung (Adaptation und Beruhigung).
Wie eingangs schon einmal erwähnt, haben ältere Menschen mehr Erfahrung als jüngere. Das betrifft sowohl Werbung, Produkte als auch das Leben ganz allgemein.
Sprechen Sie ältere Menschen auf ihre Erfahrung an, zeigen Sie ältere Menschen zusammen mit jüngeren Generationen.
Lassen Sie sie als Berater auftreten, eine Rolle, in der sich ältere Menschen besonders gern sehen. Experten haben eindeutig ein positives Image. Ältere geben ihre Erfahrung an jüngere Generationen weiter. Doch muss die Beraterrolle deutlich gemacht werden. Deshalb ist es wichtig, dass auf dem Bild nicht nur ältere, sondern auch jüngere Menschen dargestellt werden. Am besten eben gleich mehrere Generationen.
Ältere informieren sich aber auch gerne. Sie wollen genau wissen, was sie kaufen. Das liegt mutmaßlich an den schlechten Erfahrungen, die sie bereits gesammelt haben.
Wie ältere Menschen ihre Entscheidung treffen, welche Informationsquellen sie nutzen, lesen Sie in der Juli-Ausgabe des Magazins „DER AUGENOPTIKER“.
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