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Low Vision Symposium Rostock

WVAO
Low Vision Symposium Rostock

Das diesjährige Symposium führte die WVAO am 15. November 2009 in den hohen Norden, nämlich in die Hansestadt Rostock. Die Teilnahme von rund vierzig Low Vision Spezialisten und vier Ausstellern (IPRO, Obrira, Reinecker, Software Sarrazin) war insgesamt ein Glückstreffer, da damit ein intensiver Expertenaustausch stattfand, der für viel Positives sorgte. Ausgewählt wurde der Tagungsort für die Low Vision Augenoptiker in den nördlichen Regionen – es kamen aber Teilnehmer aus dem ganzen Bundesgebiet.

Sehen, Licht und Beleuchtung
Geboten wurde ein kompakter Überblick über die Themen Licht und Beleuchtung, Lupenbrillen, IPRO Low Vision Software, Handhabungstraining bei Bildschirmlesegeräten, optisch vergrößernde Sehhilfen durch Annäherung, Diabetes und Low Vision, Sehbehinderung durch AMD sowie Praxisfragen und Verordnungsfähigkeit von Fernrohrlupenbrillen.

Den Anfang machte der Altmeister der Low Vision Szene Peter Dreppenstedt. Er plädierte zunächst für den Begriff Sehschwäche anstatt Sehbehinderung, da dies für die Betroffenen angenehmer wäre – was auch nachvollziehbar ist. Low Vision ein unerschöpfliches und für den Augenoptiker interessantes Arbeitsfeld, weil heute schon 30% der über 75-Jährigen nicht mehr aktiv am Leben teilnehmen können (wie z.B. Zeitung lesen).
Neben den Sehhilfen ist richtige blendungsfreie und gleichmäßige Beleuchtung mit hohen Kontrasten an kritischen Orten wie Treppenstufen und Führungsmarkierungen eine ebenso große Herausforderung für alle Beteiligten.
Weiter plädierte er dafür, dass bei der Anamnese und Kundenberatung mehr über Licht, Kontrast und Farbe im Haushalt gesprochen wird. Neben Kantenfiltern sollten viel öfter auch andere den Kontrast verbessernde Reiz- und Blendschutzgläser einbezogen werden.
Lupenbrillen
Prof. Dipl.-Ing. Christoph von Handorff, Beuth Hochschule Berlin, stellte die Frage, ob und warum Lupenbrillen vergrößernde Sehhilfen der ersten Wahl sind. Ganz eindeutig haben Lupenbrille gegenüber Fernrohrsystemen den erheblichen Vorteil des etwas größeren Sehfeldes. Zwei Drittel der Sehbehinderten leiden an Makuladegeneration und können nur ihre Restsehschärfe im peripheren Sehfeld nutzen. Sie brauchen die Randbereiche der Lupengläser, um mit der exzentrischen Fixation agieren zu können. Vorteilhaft sind z.B. die Multilens X-Lenti-Gläser.
Nicht unerwähnt bleiben soll eine ergänzende Bemerkung zur Diskussion, dass die modernen elektronischen Lupen keineswegs eine Lupenbrille ersetzen können, sondern dass erst die Kombination beider zum Erfolg führt.
Low Vision Software
Low Vision erfordert einen hohen administrativen Aufwand. Eine Hilfe bietet hier die von
Dipl.-Ing. Dominik Kerkow vorgestellte Low Vision software von IPRO. Sie hilft bei der rationellen Bewältigung:
– ausführliche Dokumentation
– Anamnese
– Verfolgen mehrerer Vorgänge zu einem Auftrag (z.B. gleichzeitig Fernrohrbrille und Bildschirmlesegerät)
– Verfolgen von Außenständen und Leihgeräten
– Formularmanagement
– Schnittstellen zu optometrischen Geräten und winIPRO Modulen
– Kundenwerbung.
Positiv ist zu vermerken, dass dieses Software auch separat lauffähig ist, z.B. auf einem separaten Rechner, dann aber mit dem Nachteil der doppelten Kunden-Stammdaten-Verwaltung. Im Foyer präsentierte Software Sarrazin ebenfalls eine spezielle Softwarelösung.
Handhabungstraining am Bildschirmlesegerät
Die beiden Absolventinnen des Studienganges Augenoptik/Optometrie der Beuth-Hochschule Berlin Anne Falcon Piva und Anna-Maria Koob „feierten“ ihre Premiere bei der WVAO, und referierten mit Bravour über ihre Diplomarbeit. Vorgestellt wurde ein vom SZB (Schweizerischer Zentralverein für das Blindenwesen) entwickeltes Trainingsprogramm, das Sehbehinderte systematisch Schritt für Schritt an die Bedienung des Bildschirmlesegerätes heranführt und sie schließlich befähigt, unter dem Bildschirm selbständig z.B. einen Bankbeleg auszufüllen. Die Umsetzung des Handhabungstrainings könnte durch spezialisierte Augenoptiker oder deren hierfür geschulte Mitarbeiter erfolgen.
Netzhautbild- Vergrößerung durch Annäherung
Dann kam Wolfgang Schultze – es war wieder einmal faszinierend die begeisternde Unruhe dieses eigentlich im Ruhestand lebenden Low Vision Pioniers mit zu erleben. Und jeder noch so versierte Low Vision Spezialist konnte wieder ein Quäntchen Neues und Wissenswertes oder auch zwischenzeitlich Vergessenes mitnehmen.
Die Vergrößerung des Netzhautbildes durch Annäherung kann man seinem Kunden ganz einfach erklären: Verkürze ich den Leseabstand um die Hälfte, dann verdoppelt sich die Größe des Bildes auf der Netzhaut. Die Lupenbrille macht dieses vergrößerte Bild nur noch schärfer.
Low Vision bei Diabetes und bei AMD
Das Highlight dieses Symposiums war sicherlich Dr. med. Eike Berger von der Universitäts-Augenklinik Rostock. Selbst der Berichterstatter hatte nie zuvor so anschauliche, mitreißende und verständliche Vorträge zu diesen komplexen Themen erlebt.
Immer mehr Bedeutung gewinnt die medikamentöse Therapie, welche die schnell zerstörerische feuchte AMD in ein Narbenstadium umwandelt, das als trockene AMD bezeichnet wird und langsamer voranschreitet bzw. dem Patienten lebenslänglich noch einen geringen Sehrest ermöglicht. Die Zukunft der AMD-Therapie liegt wohl in der lokalen Verabreichung von Medikamenten, die den proliferativen Wachstumsfaktor VEGF hemmen.
Regionale Praxiserfahrungen
Ulrich Maxam berichtete zunächst über die Situation nach der Wiedervereinigung, als alle Hilfsmittel plötzlich zur Verfügung standen, aber niemand recht Verständnis dafür hatte, sie auch anzuwenden. Es war das Verdienst vom Vorsitzenden der Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern Harry Günther aus Schwerin, in dieser Region eine Low Vision Arbeitsgruppe zu bilden, die sich regelmäßig und systematisch fachlich weiterbildet und optimaler Ansprechpartner für Sehbehinderte ist. Im Jahre 2002 wurde 13 Arbeitsgruppenmitgliedern erstmalig in Deutschland ein Zertifikat als Low Vision Fachberater (WVAO) ausgestellt, das von der damaligen Sozialministerin Bunge anerkannt und überreicht wurde. Seitdem hat sich der Zertifizierungsgedanke bundesweit Dank dem Engagement der WVAO durchgesetzt.
Die Arbeit mit Sehbehinderten ist oft zäh, beratungsintensiv und arbeitsreich – aber gleichzeitig eine berufliche Erfüllung, die viel Dankbarkeit hervorruft.
Fazit: Klein aber fein – dieses Symposium hat die Erwartungen mehr als erfüllt, so ein Resümee der Teilnehmer. Den Ausstellern (IPRO, Obrira, Reinecker und Software Sarrazin) und Referenten, aber auch Herrn Maxam (der vor Ort wichtige Weichen stellen konnte) hierfür einen ganz besonderen Dank.
GH
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