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Blind Date mit dem Wind…

Abenteuerurlaub
Blind Date mit dem Wind…

Blind Date mit dem Wind…
Foto: R. Reinhardt
…diese Einladung sprechen unsere Organisatoren des BFS e.V. Bundesverbandes jedes Jahr im Sommer erneut aus – an blinde und sehbehinderte Kinder und Jugendliche, die Zeit und Lust haben, eine Woche gemeinsam am Tegeler See in Berlin „Abenteuerurlaub“ zu erleben und dort das Segeln zu erlernen.

Das bundesweite Projekt der Segelfreizeit für diese Gruppe von Sinnesbehinderten besteht immerhin schon seit 15 Jahren. Seit 1992 führen wir es vom Bundesverband als Kooperationsprojekt mit unserem Landesverband (LV) Berlin-Brandenburg e.V. durch; gefördert u.a. aus Mitteln des Kinder- und Jugendplans des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Schon doppelt so lange, nämlich stolze 30 Jahre, veranstaltet der LV Berlin-Brandenburg e.V. bereits „Segeln für blinde und sehbehinderte Kinder und Jugendliche“ als Freizeitangebot am Tegeler See in Berlin. Er ist auch Initiator des Projektes.
Das Ziel ist es…
…blinden und sehbehinderten Kindern und Jugendlichen das Angebot zu machen, einen herrlichen, nicht mehr nur einer Elite vorbehaltene Sportart kennen zu lernen und unter Aufsicht erfahrener Segellehrer in Kleingruppen auszuüben. Gerade solche Kinder haben aufgrund ihrer Behinderung nicht die Möglichkeit, einen Segelschein zu erwerben. Üben sie eine Sportart im „normalen“ Verein aus, stehen sie zusätzlich in ständigem Konkurrenzkampf zu sehenden Vereinskameraden und –kameradinnen, was sie schnell frustrieren und aufgeben lässt. Durch das gemeinsame Handeln an und auf dem Wasser und dem Zusammenwachsen zu einer „Crew“ erlernen sie in dieser Maßnahme zudem gruppensoziale Verhaltensweisen, ihr Selbstbewusstsein wird gefördert und ihre Kompetenz, den Alltag als Behinderter zu meistern, gestärkt.
Zur Geschichte des Berliner Segelprojekts
1977 wurde erstmals zwischen dem damaligen Vorstand des LV Berlin-Brandenburg e.V. und dem Schulleiter der seinerzeit einzigen Schule für Sehbehinderte in Berlin (West) die Idee diskutiert, den Schülerinnen und Schülern der Hermann-Herzog-Schule ein solch attraktives Freizeitangebot zu machen. Damals standen „schulrechtliche Probleme“ und „Sicherheitsbedenken“ noch im Vordergrund; das Engagement der Initiatoren und mutige Entscheidungen konnten jedoch überzeugen.
Am 20.August 1977 konnte die Einweihung des damals wie heute in seiner Form in Deutschland einmaligen Segelprojektes mit drei Optimisten- und zwei Topper-Segeljollen sowie einem Schlauchboot mit Außenbordmotor gefeiert werden. Gesponsert wurde das Projekt durch Schulbasare und Spenden.
Mit Hilfe des Bezirksamtes konnte „die Flotte“ kostenfrei im Schülerbootshaus am Tegeler See stationiert werden, eine wichtige Basis zur Projektrealisierung, denn aus Eigenmitteln wäre es nicht durchführbar gewesen.
In den letzten 30 Jahren ist die Flotte zu einem stattlichen Bootspark angewachsen mit heute fünfzehn Segel- und vier Motorbooten. Die Anschaffung des Bootsmaterials und des Zubehörs überstieg klar die finanziellen Möglichkeiten des Vereins. Hierfür wurden Stiftungsmittel bewilligt, insbesondere Mittel aus der Paul und Charlotte Kniese Stiftung, die seit 1992 die Mittel für sechs Boote zur Verfügung gestellt hatte. Von den heute insgesamt siebzehn zum Projekt gehörenden Booten wurden zwölf werftneu gekauft. Lediglich die drei Optimistenjollen der ersten Stunde und zwei heute nicht mehr gebaute Jollen sind älteren Baujahrs.
Die behördliche Zwischenlösung von 1977 hat sich über die Jahre zu einer zuverlässigen, engen und unbürokratischen Zusammenarbeit entwickelt. Stetig steigende Teilnehmerzahlen durch den Fall der Mauer 1989/90 und die Beteiligung der Ostberliner Sehbehindertenschule und der Blindenschule sowie das Angebot von bundesweiten Segelfreizeiten ab 1992 erfolgten im Einvernehmen mit der für den Ruderbetrieb Verantwortlichen und für das Haus zuständigen politisch Verantwortlichen.
Erst seit 1998 wird aufgrund der knappen Berliner Kassenlage ein maßvolles Nutzungsentgeld erhoben. Die Kosten für notwendige Reparaturen und die Instandhaltung des Bootshauses übernimmt der BFS Landesverband – wenn möglich – aus Eigenmitteln und bedankt sich auf diesem Wege für die „Gastfreundschaft“ des Bezirksamtes.
Das Angebot…
…in Berlin richtet sich an alle sehbehinderten Kinder und Jugendliche Berlins und Brandenburgs, egal ob sie an einer Sehbehindertenschule oder an einer Regelschule unterrichtet werden. Sie müssen Interesse mitbringen, den Segelsport in einem 14 tägig, jeweils an einem Samstagvormittag stattfindenden Kurs in einer Gruppe von ca. 15 bis 20 Gleichaltrigen zu erlernen, bei Wind und Wetter Neues an und auf dem Wasser zu erleben und selbst einmal „Kapitän“ zu sein.
Bundesweit
Einmal im Jahr können sehbehinderte und blinde Kinder und Jugendliche für ca. eine Woche (ohne Eltern) eine Segelwoche in Berlin erleben. Im idyllischen Bootshaus am Tegeler See wird gewohnt, sich selbst verpflegt und natürlich viel gesegelt. Ein Rahmenprogramm rundet den Aufenthalt ab. Erfahrene Betreuer und Segellehrer betreuen die Gruppe während der ganzen Zeit.
Informationen
Wer sich für dieses Projekt in Berlin oder die bundesweit angebotene Freizeit interessiert, kann sich an folgende Adressen wenden:
BFS LV Berlin-Brandenburg e.V.
Stephan Kuperion, Tel: 0 30 / 40 63 63 59, mail: info@bfs-berlin.de, oder bei Robert Heuser, Tel.: 02 41 / 8 33 21, mail: info@bfs-berlin.de Über das Segelprojekt wurde auch eine DVD erstellt.
Erfahrungen aus erster Hand
Supertolles Segeln mit korrekter Gruppe – Erfahrungsbericht einer Teilnehmerin (J.Peters)
Mit strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel begannen wir „Nordrhein-Westfalener“ die Segelwoche gegen Mittag mit der Anreise von Rheda-Wiedenbrück aus. Während die Berliner am Tegeler See schon fleißig waren, fuhren wir ca. fünf Stunden über Herford und Hannover bis wir unser Ziel erreichten. Bei der Ankunft gab es zuerst ein großes Hallo bei der Begrüßung und nach der Zimmerverteilung und dem Essen fand die traditionelle Vorstellungsrunde statt. Hierbei stellten wir fest, dass wir unter den Teilnehmenden acht total unerfahrene SeglerInnen hatten. Die BetreuerInnen hatten also die ganze Woche über eine Menge mit uns zu tun.
Nach der ersten ziemlich unruhigen Nacht verbrachten wir den Vormittag mit der Erklärung der Boote und wie man diese auf- und abbaut. Auch Knoten wurden eifrig geübt, so dass jeder Teilnehmende nach einer halben Stunde mindestens zwei Knoten beherrschte und die Klampe belegen konnte. Nach dem Mittagessen stand schließlich die erste Fahrt mit den Booten an. Leider hatten wir kaum Wind, was allerdings auch ganz gut war, da so die Neuen die Handgriffe einfach erlernen konnten.
Auch am Montag hatten wir nur wenig Wind. Aus diesem Grund entschieden die SegellehrerInnen, mit dem Kutter und den Badeinseln raus in die Bucht zu fahren und uns dort baden zu lassen. Das war ein riesiger Spaß. Der Nachmittag wurde zum Segeln genutzt und am Abend kam endlich ein wenig Wind auf. Weil niemand wusste, wie das Wetter in der restlichen Woche werden würde, wurde jetzt schon das Nachtsegeln veranstaltet. Es war ein schönes Erlebnis, nachts auf dem Zweimaster mit dem schönen Namen „Ran“ über den See zu fahren, auch wenn wir es bei der alljährlichen Schweigeübung gerade mal auf knapp drei Minuten brachten.
Am Dienstag stand unser erster Ausflug auf dem Programm: die Besichtigung Berlins. Dazu fuhren wir alle mit der U-Bahn in die Innenstadt, wo wir Kanzleramt, Reichstag und Brandenburger Tor besichtigten. Danach gingen wir zum Shoppen zum Potsdamer Platz.
Am nächsten Vormittag waren wir trotz schwachem Wind Segeln und alle waren mit viel Spaß bei der Sache. Am Nachmittag wurden Wasserspiele veranstaltet. Das Ganze war sehr lustig, vor allem, weil Ann-Cathrin, Lici und ich nicht wirklich viel zu machen brauchten, außer unsere Mannschaft schreiend zu unterstützen, da wir wegen einer Erkältung nicht ins Wasser durften. Die folgende Nacht fiel kurz aus, denn wir mussten morgens sehr früh aufstehen. Wir fuhren zuerst zum neuen Hauptbahnhof in Berlin und von dort mit dem IC nach Wolfsburg. Dort besuchten wir das Pheno, ein Technikmuseum, in dem man alles selber ausprobieren kann. Nach einer relativ kurzen Führung konnten wir uns alles alleine in Kleingruppen angucken. Das Museum war auch für Sehbehinderte und sogar Blinde sehr gut geeignet, da es viele Experimente zum Hören und Anfassen gab. So konnte jeder etwas machen und keinem wurde langweilig.
Den Freitag und den Samstag nutzten wir wieder zum Segeln und Baden. Zur Freude und Überraschung aller gab es sogar richtig Wind. Man konnte also richtig Schräglage machen und es kam auch zu Kenterungen. Am Samstagnachmittag hieß es dann Koffer packen und Boote putzen. Nachdem das mit ein wenig Murren von unserer Seite erledigt war, wurde noch einmal ein Spiel (Stadt-Land-Fluss, bei dem der Verlierer im Wasser landete) veranstaltet. Zum Abschluss durfte jeder in der Runde sagen, wie ihm die Woche gefallen hat und ob er wieder kommen möchte. Das Resümee war bei allen, bis auf ein paar sehr kleine Ausnahmen, positiv. Nach dieser Runde wurden noch die Fotos der Woche auf der Großbildschirmleinwand angeschaut und die letzte Nacht im Bootshaus brach an.
Am Samstag folgte dann der große Abschied. Obwohl wir alle noch sehr müde waren, fuhren wir mit den Bussen schon um halb zehn vom Bootshaus ab, nachdem einige Tränen geflossen und zahlreiche Versprechen auf ein Wiedersehen gegeben worden waren.
Bis dahin wünsche ich euch eine schöne Zeit und bedanke mich für die supertolle Segelwoche. Ihr ward eine echt korrekte Gruppe!
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